Fortbildung aktuell – Das Journal Nr. 2/2022
DÖRTE SCHRÖDER-DUMKE
TABELLE 1: Triggerfaktoren, die die Ro- sazea begünstigen.
Teleangiektasien, hohe Irritierbarkeit der Haut sowie Stechen, Brennen oder evtl. Juckreiz und Rötungen auf, die dauer- haft bestehen bleiben, spricht man vom Subtyp Rosazea teleangiectatica/erythy- matosa. Bei weiterem Fortbestehen und einer Verstärkung der Symptome sowie dem Auftreten von Papeln und Pusteln spricht man von Rosazea papulopustulo- sa. Der Subtyp Rosazea phymatosa ist ge- kennzeichnet durch eine Hyperplasie der Talgdrüsen und des Bindegewebes. Diese Knoten (Phyme) können an verschiedenen Stellen im Gesicht auftreten, so neben der Nase (Rhinophym), auch an der Stirn (Met- ophym), am Ohr (Otophym) oder am Kinn (Gnatophym). Dieser Rosazea-Typ wird als Rosazea phytomosa bezeichnet. Wie schon erwähnt, kann auch die Augenregi- on mitbeteiligt sein, die okuläre Rosazea, auch hier können Phyme amAugenlid ent- stehen (Blepharophym). Okuläre Rosazea kann völlig isoliert auf- treten. Sie betrifft fast bis zu fünfzig Pro- zent aller Rosazea-Betroffenen. Gleichzei- tig kann die Augenbeteiligung aber auch das erste Symptom für eine beginnende Rosazeaerkrankung darstellen. Die Erkran- kung ist deshalb oft schwer zu erkennen. In der Apotheke sollte man hellhörig wer- den, wenn Patienten über dauerhaftes Jucken am Auge, aber auch Brennen und Fremdkörpergefühl klagen. Differentialdi- agnosen, wie Allergie, atopisches Ekzem, Keratitis oder Blepharitis, müssen ausge- schlossen werden, was oft schwierig ist. Die Patienten vertragen in der Regel keine fetthaltigen Augencremes und beklagen ein Brennen nach dem Auftragen. Gleich- zeitig können die Augenlider anschwellen und auch mit Erythemen versehen sein. Sie sollten immer an einen Arzt verwie- sen werden. Die Diagnose ist schwierig und oft auch langwierig, der Leidensdruck immens groß. Eine optimale Behandlung stellt in diesem Fall die Kooperation zwi- schen Augen- und Hautarzt dar. Okuläre Rosazea
der Toll-like-2-Rezeptoren hat zu Folge, dass das Peptid Calthelicidin das aktive Pe- pitid LL37 als Proteinfragment abspaltet, welches ebenfalls an der Freisetzung von Entzündungsmediatoren, wie Tumornek- rosefaktor Alpha (TNF) und Interleukin 27 (IL-27), sowie der vermehrten Gefäßneu- bildung (Angiogenese) beteiligt ist. Eine weitere Ursache scheint eine Microbiota Dysregulation im Gastrointestinaltrakt zu sein. Patienten mit SIBO-Syndrom (Dünn- darmfehlbesiedlung mit Keimen) schei- nen bei Behandlung auch eine Besserung ihrer Rosazeaerkrankung zu haben. Sonnenlicht und Wärme fördern die Vasodilatation und unterstützten die Ent- zündungskaskade. Inzwischen kennt man eine Menge Triggerfaktoren (s. Tab. 1), die das Geschehen verschlimmern können. Neben der gestörten Immunbalance sind diese Provokationsfaktoren ein großer Teil des Krankheitsgeschehens. Die Diagnose der Rosazea wird in der Re- gel klinisch gestellt und Patienten mit Ver- dacht auf Rosazea sollten in der Apotheke möglichst immer an einen Dermatologen verwiesen werden. Bei einer Augenbeteili- gung ist es ratsam, einen Augenarzt hin- zuzuziehen. Differentialdiagnostisch ist Rosazea vor allem von der Acne vulgaris und der perioralen Dermatitis abzugren- zen. Acne vulgaris tritt oft bereits mit der Pubertät auf, außerdem lassen sich neben Papeln und Pusteln Komedonen erken- nen, die am Gesicht, Hals und Rücken auf- treten können. Erweiterte Gefäße fehlen. Bei perioraler Dermatitis sind Papeln und Pusteln oft kleiner als bei Rosazea und sind vor allem um den Mund lokalisiert. Teleangiektasien fehlen ebenfalls. Wie schon oben beschrieben, wird die Diagnose Rosazea nach dem Phänotyp eingeteilt. Es gibt immer noch die Unter- scheidung in vier verschiedene Subtypen. Merkmale zur Unterscheidung der ver- schiedenen Subtypen sind die jeweilige Er- scheinungsform und entsprechende Sym- ptome. Hier kann es immer zu fließenden Übergängen und Überlappungen kom- men. Ausschließlich flüchtige Erytheme werden als Vorstufe oder StadiumNull ge- sehen. Treten Symptome, wie Erytheme, Formen der Rosazea Schweregrade der Rosazea
Triggerfaktoren Heller Hauttyp Sonnenlicht Wärme Wind Okklusion Kälte starke äußerliche Temperaturunterschiede Wetterumschwünge stark gewürzte Speisen
Bedeutung kommt der Genetik und den Umwelteinflüssen (Triggerfaktoren) zu. Diese Triggerfaktoren und andere noch nicht identifizierte Mediatoren, aktivieren Keratinozyten, Endothelzellen, Mastzel- len, Makrophagen und neutrophile Gra- nulozyten, welche wiederum viele Ent- zündungsmediatoren freisetzen. Weitere Entzündungsmediatoren und Endothelia Growth Factor (VEGF) werden durch die T- und B-Lymphozyten freigesetzt. Die vermehrte Expression des VEGF´s und des VEGF-Rezeptors auf der Haut hat eine ver- mehrte Bildung von Blutgefäßen und die Förderung des Entzündungsgeschehens zur Folge. B-Lymphozyten und Mastzellen sollen bei der Phymebildung auch eine große Bedeutung zukommen. Auch wird diskutiert, dass ein starker Befall mit der natürlich auf der Haut vorkommenden Haarbalgmilbe Demodex follicularis oder anderen Bakterien einenmöglichen Faktor für die Erkrankung darstellen kann. Es wird angenommen, dass durch Proteasen der Demodex-Milbe der Toll-like-Rezeptor-2 (TLR-2) und durch bakterielle Proteasen der PAR-2 Rezeptor in den Keratinozyten aktiviert wird. Bei Rosazea-Patienten sind diese beiden Rezeptortypen übermäßig auf der Haut vorhanden. Die Aktivierung Koffein Nicotin Alkohol kosmetische Inhaltsstoffe (Duftstoffe, Mineralöle) hormonelle Einflüsse Stress Extremsport Medikamente (z. B. Sildenafil, topische Glucocor- ticoide) Tragen medizinischer Masken
Sonderformen
Zu den oben genannten Formen gibt es auch verschiedene Sonderformen der Ro- sazea. Hervorzuheben ist hier die Steroid- rosazea, die vor allemnach dem inadäqua- ten Gebrauch topischer Glucocorticoide
AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal / 5
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