Fortbildung aktuell – Das Journal Nr. 2/2022
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[Da s Jou r na l ]
02 · 2022
Über Rosazea in der Apotheke, die Bedeutung von Gesundheitskompetenz und Dosierungsprobleme bei Adipositas
Seite 4 Rosazea Seite 10 Gesundheitskompetenz
Seite 15 Arzneimittel bei Adipösen
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EDITORIAL
Editorial
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
vor Ihnen liegt die diesjährige erste Ausgabe unseres Fortbildungsjour- nals, die mit insgesamt drei Beiträgen erneut ein sehr breites Themen- spektrum abdeckt. Damit bieten wir Ihnen gerade in Zeiten der immer noch andauernden Corona-Pandemie und dadurch weiterhin abgesag- ten Präsenzveranstaltungen die Möglichkeit, sich fortzubilden und durch erfolgreich absolvierte Lernerfolgskontrollen Fortbildungspunkte zu sammeln. Dörte Schröder-Dumke beschäftigt sich in IhremAufsatzmit Rosazea, die in der Apotheke zu viel Beratungsbedarf, leider aber nicht immer zu einfachen Lösungen führt. Schließlich verläuft die Gesichtsdermatose oft chronisch und schubförmig, ist oft sehr belastend und stellt die Betroffe- nen vielfach vor große Herausforderungen. Die Autorin geht auf Formen und Schweregrade der Rosazea ein und zeigt die Therapieoptionen auf. Dr. Julia Podlogar stellt das wichtige Thema Gesundheitskompetenz in den Fokus: Denn gerade in unserer modernen Wissensgesellschaft werden wir regelrecht überflutet mit Informationen, die kaum zu über- blicken sind und die es einzuordnen gilt – auch für die Patientinnen und Patienten in der Apotheke, wo Gesundheitskompetenz gebündelt wird und vermittelt werden kann. Denn eine höhere Gesundheitskompetenz, die den Patienten befähigt, gut informierte Gesundheitsentscheidungen zu treffen, nützt nicht nur ihm selbst: Sie entlastet, so Podlogar, auch das Gesundheitssystem und die darin Beschäftigten, indem sie Erfolge in Therapie und Prävention wahrscheinlicher macht und so insgesamt zu einer gesünderen Bevölkerung beiträgt. Mit einem Problem, das täglich vielfach in jeder Apotheke auftritt, beschäftigt sich Dr. Dagmar Horn, nämlich mit der korrekten Dosierung von Arzneimitteln bei adipösen Patientinnen und Patienten. Durch Ver- wendung einer Standard-Dosierung statt einer gewichtsadaptierten Dosierung besteht damit das Risiko für Konzentrationen unterhalb des therapeutischen Bereichs und entsprechend ein erhöhtes Risiko für ein unzureichendes klinisches Ansprechen bis zum Versagen der Therapie. Um dies zu verhindern liefert Dagmar Horn wichtige Hinweise für die Praxis. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen, Lernen und Punkten!
Gabriele Regina Overwiening Präsidentin der Apotheker- kammer Westfalen-Lippe
Frank Dieckerhoff Vizepräsident der Apotheker- kammer Westfalen-Lippe
Impressum
„Fortbildung aktuell“ der Apothekerkammer West- falen-Lippe erscheint zweimal jährlich als „Fortbil- dung aktuell – Themen & Termine“ und zweimal pro Jahr als „Fortbildung aktuell – Das Journal“ Herausgeber: Apothekerkammer Westfalen-Lippe Bismarckallee 25 · 48151 Münster Tel.: 0251 520050 · Fax: 0251 52005-69 E-Mail: info@akwl.de · Internet: www.akwl.de
Redaktion/Grafiken: Dr. Sylvia Prinz
Layout: Sebastian Sokolowski
Autoren dieser Ausgabe: Dörte Schröder-Dumke, Dr. Julia Podlogar, Dr. Dagmar Horn
Titelfoto: ©Fotolia/_Kube_
Mit freundlichen, kollegialen Grüßen
Der Bezugspreis für „Fortbildung aktuell – The- men & Termine“ und „Fortbildung aktuell – Das Journal“ ist für die Mitglieder der Apothekerkammer Westfalen-Lippe im Kammerbeitrag enthalten.
Gabriele Regina Overwiening
Frank Dieckerhoff
Auflage: 7.400 Exemplare
Nachdruck – auch in Auszügen – nur mit schriftli- cher Genehmigung des Herausgebers. Gedruckt auf Papier aus 100 Prozent recycelten Fasern. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier.
AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal / 3
ROSAZEA
Rosazea Viel Beratungsbedarf in der Apotheke und leider nicht immer einfache Lösungen
Rosazea, auch als Kupferfinne oder Couperose bezeichnet, ist eine häufi- ge Gesichtsdermatose, die sich durch unangenehme Rötungen, Spannun- gen und entzündliche Prozesse aus- zeichnet. Sie verläuft oft chronisch und schubförmig, ist oft sehr belas- tend und stellt die Betroffenen viel- fach vor große Herausforderungen. Die Belastungen können nicht nur die Lebensqualität einschränken, es neh- men mit der Erkrankung auch Angst- störungen, Depressionen und Stigma- tisierung zu. Das pharmazeutische Personal kann hier vor allemmit all- gemeinen Tipps zum und mit Bera- tungshinweisen zur richtigen Pflege und zur Anwendung der eingesetzten Medikamente, unterstützen. Man schätzt, dass in Deutschland ca. vier Millionen Menschen von der Erkrankung betroffen sind, wobei von einer nicht un- erheblichen Dunkelziffer ausgegangen wird. Der Erkrankungshöhepunkt ist oft das vierte bzw. fünfte Lebensjahrzehnt. Frauen und Männer sind ungefähr gleich häufig betroffen, (einige Daten zeigen ei- nen Überhang der Frauen), wobei Frauen eher um das 35. Lebensjahr erkranken und Männer erst um die Fünfzig. Hellhäutige Menschen mit empfindlicher Haut und rotblonden Haaren (keltischer Typ) sind generell stärker gefährdet an Rosazea zu erkranken. Viele Patienten und manchmal
Dörte Schröder-Dumke (Wedel) ist Apothekerin in der öf- fentlichen Apotheke, Referentin für verschiedene Apothe- kerkammern und hat neun Jahre lang den Qualitätszirkel der Apothekerkammer Hamburg Arzneimittel in Schwan- gerschaft und Stillzeit moderiert.
Dörte Schröder-Dumke
desto stärker bleiben die Symptome be- stehen. Das Erythem verschwindet nicht wieder, Brennen und Stechen verstärken sich. Inzwischen teilt man die Rosazea nach ROSacea CONsensus Panel nach ih- rem Phänotyp ein. Es wird zwischen Ma- jor- und Minorsymptomen unterschie- den. Ausschlaggebend für die Diagnose Rosazea sind dauerhafte Erytheme und Phyme. Das Vorkommen von Flushing/ transientes Erythem, Papeln, Pusteln und Teleangiektasien (Gefäßerweiterungen) sind Majorsymptome. Minorsymptome stellen Brennen, Stechen, Trockenheitsge- fühl und Ödeme dar. Die Schwere der Er- krankung wird durch Dauer, Frequenz und Intensität beschrieben. Großflächige ent- zündliche Knoten und Talgdrüsen- bzw. Bindegewebshyperplasien können das Beschwerdebild deutlich verstärken und stellen die schwerste Form dar. Besonders sichtbar ist dies an der Nase (Rhinophym), wobei diese dann wie eine „rote Knollen- nase“ erscheint und damit die Betroffe- nen ausgrenzen und Vorurteilen belegen kann. Verdickungen werden durchaus auch am Kinn beobachtet. Diese schwer- wiegenden Hauterscheinungen treten bei Männern wesentlich häufiger auf. Breiten sich die Erscheinungen auf die Augen bzw. Augenlider aus, spricht man von der Oku- lären Rosazea, die oft sehr belastend und schwer zu diagnostizieren ist.
auch Fachleute ordnen die Symptome nicht unbedingt demKrankheitsbild zu, so dass nicht alle Betroffenen einen Hautarzt aufsuchen. Dadurch ist auch die Dunkel- ziffer zu erklären. Im Gesicht werden vor allem zentrofazial die seborrhoischen Are- ale in Mitleidenschaft gezogen (s. Abb. 1), es kann aber auch die Augenregion tref- fen, was die Diagnose noch erschwert. Zu Beginn der Erkrankung leiden die Patien- ten an Rötungen sowie flüchtigen Span- nungsgefühlen der Haut und haben vor allem das Gefühl der überempfindlichen Haut. Später bilden sich entzündliche Ery- theme und Wucherungen (Phyme). Rosazea ist eine akneähnliche, entzünd- liche Dermatose des Gesichts, die sich meist durch wiederkehrende Rötungen, Gefäßerweiterungen, Verdickungen und Papulopusteln äußert. Komedonen fehlen grundsätzlich bei einer Rosazea. Dies ist der Unterschied zur Acne vulgaris! Oft äußert sich der Krankheitsverlauf so,dassdieBetroffenenandenmitTalgdrü- sen besetzten Arealen, wie Wangen, Hals, Kinn und Stirn, zunächst einfache sym- metrische (Leit-)Symptome entwickeln. Zu diesen Symptomen zählen die schon genannten Rötungen. Diese treten oft nur flüchtig und kurzfristig auf (Flush) und werden durch Triggerfaktoren (s. Tab. 1) ausgelöst. Ihnen wird oft noch keine Be- deutung beigemessen. Sie können aber schon belastend sein (Vorstadium der Rosazea). Je länger der Zustand andauert, Definition und Formen
ABBILDUNG 1: Patientin mit Rosazea. Foto: Fotolia/Milan Lipowski
Äthiologie
Generell wird Rosazea als ein multifakto- rielles Geschehen angesehen. Eine große
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DÖRTE SCHRÖDER-DUMKE
TABELLE 1: Triggerfaktoren, die die Ro- sazea begünstigen.
Teleangiektasien, hohe Irritierbarkeit der Haut sowie Stechen, Brennen oder evtl. Juckreiz und Rötungen auf, die dauer- haft bestehen bleiben, spricht man vom Subtyp Rosazea teleangiectatica/erythy- matosa. Bei weiterem Fortbestehen und einer Verstärkung der Symptome sowie dem Auftreten von Papeln und Pusteln spricht man von Rosazea papulopustulo- sa. Der Subtyp Rosazea phymatosa ist ge- kennzeichnet durch eine Hyperplasie der Talgdrüsen und des Bindegewebes. Diese Knoten (Phyme) können an verschiedenen Stellen im Gesicht auftreten, so neben der Nase (Rhinophym), auch an der Stirn (Met- ophym), am Ohr (Otophym) oder am Kinn (Gnatophym). Dieser Rosazea-Typ wird als Rosazea phytomosa bezeichnet. Wie schon erwähnt, kann auch die Augenregi- on mitbeteiligt sein, die okuläre Rosazea, auch hier können Phyme amAugenlid ent- stehen (Blepharophym). Okuläre Rosazea kann völlig isoliert auf- treten. Sie betrifft fast bis zu fünfzig Pro- zent aller Rosazea-Betroffenen. Gleichzei- tig kann die Augenbeteiligung aber auch das erste Symptom für eine beginnende Rosazeaerkrankung darstellen. Die Erkran- kung ist deshalb oft schwer zu erkennen. In der Apotheke sollte man hellhörig wer- den, wenn Patienten über dauerhaftes Jucken am Auge, aber auch Brennen und Fremdkörpergefühl klagen. Differentialdi- agnosen, wie Allergie, atopisches Ekzem, Keratitis oder Blepharitis, müssen ausge- schlossen werden, was oft schwierig ist. Die Patienten vertragen in der Regel keine fetthaltigen Augencremes und beklagen ein Brennen nach dem Auftragen. Gleich- zeitig können die Augenlider anschwellen und auch mit Erythemen versehen sein. Sie sollten immer an einen Arzt verwie- sen werden. Die Diagnose ist schwierig und oft auch langwierig, der Leidensdruck immens groß. Eine optimale Behandlung stellt in diesem Fall die Kooperation zwi- schen Augen- und Hautarzt dar. Okuläre Rosazea
der Toll-like-2-Rezeptoren hat zu Folge, dass das Peptid Calthelicidin das aktive Pe- pitid LL37 als Proteinfragment abspaltet, welches ebenfalls an der Freisetzung von Entzündungsmediatoren, wie Tumornek- rosefaktor Alpha (TNF) und Interleukin 27 (IL-27), sowie der vermehrten Gefäßneu- bildung (Angiogenese) beteiligt ist. Eine weitere Ursache scheint eine Microbiota Dysregulation im Gastrointestinaltrakt zu sein. Patienten mit SIBO-Syndrom (Dünn- darmfehlbesiedlung mit Keimen) schei- nen bei Behandlung auch eine Besserung ihrer Rosazeaerkrankung zu haben. Sonnenlicht und Wärme fördern die Vasodilatation und unterstützten die Ent- zündungskaskade. Inzwischen kennt man eine Menge Triggerfaktoren (s. Tab. 1), die das Geschehen verschlimmern können. Neben der gestörten Immunbalance sind diese Provokationsfaktoren ein großer Teil des Krankheitsgeschehens. Die Diagnose der Rosazea wird in der Re- gel klinisch gestellt und Patienten mit Ver- dacht auf Rosazea sollten in der Apotheke möglichst immer an einen Dermatologen verwiesen werden. Bei einer Augenbeteili- gung ist es ratsam, einen Augenarzt hin- zuzuziehen. Differentialdiagnostisch ist Rosazea vor allem von der Acne vulgaris und der perioralen Dermatitis abzugren- zen. Acne vulgaris tritt oft bereits mit der Pubertät auf, außerdem lassen sich neben Papeln und Pusteln Komedonen erken- nen, die am Gesicht, Hals und Rücken auf- treten können. Erweiterte Gefäße fehlen. Bei perioraler Dermatitis sind Papeln und Pusteln oft kleiner als bei Rosazea und sind vor allem um den Mund lokalisiert. Teleangiektasien fehlen ebenfalls. Wie schon oben beschrieben, wird die Diagnose Rosazea nach dem Phänotyp eingeteilt. Es gibt immer noch die Unter- scheidung in vier verschiedene Subtypen. Merkmale zur Unterscheidung der ver- schiedenen Subtypen sind die jeweilige Er- scheinungsform und entsprechende Sym- ptome. Hier kann es immer zu fließenden Übergängen und Überlappungen kom- men. Ausschließlich flüchtige Erytheme werden als Vorstufe oder StadiumNull ge- sehen. Treten Symptome, wie Erytheme, Formen der Rosazea Schweregrade der Rosazea
Triggerfaktoren Heller Hauttyp Sonnenlicht Wärme Wind Okklusion Kälte starke äußerliche Temperaturunterschiede Wetterumschwünge stark gewürzte Speisen
Bedeutung kommt der Genetik und den Umwelteinflüssen (Triggerfaktoren) zu. Diese Triggerfaktoren und andere noch nicht identifizierte Mediatoren, aktivieren Keratinozyten, Endothelzellen, Mastzel- len, Makrophagen und neutrophile Gra- nulozyten, welche wiederum viele Ent- zündungsmediatoren freisetzen. Weitere Entzündungsmediatoren und Endothelia Growth Factor (VEGF) werden durch die T- und B-Lymphozyten freigesetzt. Die vermehrte Expression des VEGF´s und des VEGF-Rezeptors auf der Haut hat eine ver- mehrte Bildung von Blutgefäßen und die Förderung des Entzündungsgeschehens zur Folge. B-Lymphozyten und Mastzellen sollen bei der Phymebildung auch eine große Bedeutung zukommen. Auch wird diskutiert, dass ein starker Befall mit der natürlich auf der Haut vorkommenden Haarbalgmilbe Demodex follicularis oder anderen Bakterien einenmöglichen Faktor für die Erkrankung darstellen kann. Es wird angenommen, dass durch Proteasen der Demodex-Milbe der Toll-like-Rezeptor-2 (TLR-2) und durch bakterielle Proteasen der PAR-2 Rezeptor in den Keratinozyten aktiviert wird. Bei Rosazea-Patienten sind diese beiden Rezeptortypen übermäßig auf der Haut vorhanden. Die Aktivierung Koffein Nicotin Alkohol kosmetische Inhaltsstoffe (Duftstoffe, Mineralöle) hormonelle Einflüsse Stress Extremsport Medikamente (z. B. Sildenafil, topische Glucocor- ticoide) Tragen medizinischer Masken
Sonderformen
Zu den oben genannten Formen gibt es auch verschiedene Sonderformen der Ro- sazea. Hervorzuheben ist hier die Steroid- rosazea, die vor allemnach dem inadäqua- ten Gebrauch topischer Glucocorticoide
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ROSAZEA
Metronidazol.
Nadifloxacin 1%, Fusidinsäure oder auch u. U. Prednicarbat.
entsteht und sich durch Teleangiektasien- und Erythembildung auszeichnet. Erste Maßnahme zur Therapie ist hier das Ab- setzen des Glucocorticoids, im Off Label Use wird auch Pimecrolimus verwendet. Treten Pusteln und Knoten sowie eine starke Seborrhö plötzlich und sehr ausge- prägt auf, kann es sich um eine Rosazea fulminans handeln. Hier sind besonders junge Frauen mit einer familiären Dispo- sition betroffen. Ein Behandlungskonzept wäre hier sogar das Prednisolon, welches sonst bei Rosazea nicht eingesetzt wer- den darf. Später kann für vier bis sechs Monate mit Isotretinoin weiter behandelt werden. Eine weitere Sonderform stellt die granulomatöse Rosazea dar, bei der rötlich-braune Papeln, vor allem an den Augenober- und unterlidern auftreten. Diese lässt sich ebenfalls im Off-Label- Use mit Isotretinoin therapieren. Für viele onkologische Patienten von großer Bedeutung und Belastung sind die ro- sazeaartigen und akneiformen Eruptio- nen, die unter der Anwendung von EGFR- Inhibitoren, wie z. B. Cetuximab, Erlotinib oder Panitumumab, meist sieben bis zehn Tage nach Anwendungsbeginn auftreten. Ihre Behandlung richtet sich nach dem Schweregrad der Erscheinungen. Generell sollte eine möglichst milde Hautreinigung mit Syndets, evtl. Duschölen und an- schließender milder Hautpflege erfolgen. Weitere Therapieoptionen sind metroni- dazolhaltige Lotionen, bei Pustelbildung TABELLE 2: Topische Therapieoptionen Erscheinungsbild Rosaceca Arzneistoff
Systemische Therapie
Therapieoptionen
Goldstandard der systemischen Therapie ist das Doxycyclin. In einer teilretardierten Darreichungsform von 40 mg Doxycyclin pro Kapsel (Oraycea®) ist es speziell für diese Indikation (als einziges Tetracyclin) zugelassen. In dieser Darreichung bleibt, der für den antiinflammatorischen Ef- fekt notwendige Plasmaspiegel, über 24 Stunden bestehen, jedoch wirkt das Doxycyclin nicht antibakteriell. Die Dosis wird in zwei Teilen freigesetzt, zunächst 30 mg, dann später die restlichen 10 mg. Voraussetzung für eine gute Resorpti- on ist die nüchterne Einnahme mit einer ausreichenden Menge Wasser. Wie bei Te- tracyclinen sonst auch, muss die Einnah- me in aufrechter Haltung erfolgen, um ösophagealen Reizungen vorzubeugen. Oraycea® ist ab dem zwölften Lebensjahr zugelassen und darf nicht bei leberer- krankten Personen und bei Schwangeren eingesetzt werden. Hinsichtlich Interakti- onen ist besonders an Kombinationen mit resorptionshemmenden Arzneistoffen, wie z. B. Antazida oder Eisenpräparaten zu denken. Eine gleichzeitige Anwendung mit Isotretinoin wird aufgrund eines mög- lichen intrakraniellen Liquordruckanstiegs nicht empfohlen. Ein Behandlungszyklus dauert in der Regel vier Monate, nach vier- wöchiger Pause kann erneut begonnen
Grundlage aller Therapieoption sind im- mer allgemeine Maßnahmen wie Ver- meidung von Triggerfaktoren und aus- reichender Sonnenschutz. Auch sollten Patienten vor Beginn einer medikamen- tösen Behandlung immer über die Art der Anwendung (Häufigkeit, Auftragen nach Reinigung, aber vor Sonnenschutz und dekorativer Kosmetik), Anwendungsdauer (oft mehrere Monate), die Überempfind- lichkeit der Haut, die verschiedenen Phä- notypen und deren möglichen Übergang ineinander, informiert werden. Bei der Therapieempfehlung wird zu- nächst immer der topischen Behand- lungsmöglichkeit der Vorzug gegeben (s. Tab. 2). Ausgewählt nach den vorliegen- den phänotypischen Merkmalen, dem Leidensdruck und dem Hauttyp des Pa- tienten. Hier stehen Präparate gegen die Erythembildung und gegen die Entzün- dung zur Verfügung. Ist das Entzündungs- geschehen so stark und therapieresistent, dass es mit topisch eingesetzten Arznei- stoffen nicht mehr kontrolliert werden kann, kombiniert man mit der systemi- schen Therapie. Hier ist die Kombination niedrig dosiertes Doxycyclin und Ivermec- tin zu bevorzugen, aber auch niedrig do- siertes Doxycyclin mit Azelainsäure oder
Beispiel
Anwendung und Wirkung
Unerwünschte Arzneimittelwirkung Flush-Symptomatik, Erythem, Brennen, Juckreiz
Persistierende, zentrofaziale Erytheme
Brimonidin
Mirvaso®
Rötungen werden reduziert, nicht antientzündlich wirksam; 1x täglich nicht mehr als 1 g Brimonidin
Papel- und Pustelbildung
Metronidazol 0,75 % NRF 11.91 z. B. Rosiced®, Metrogalen®
antientzündlich; 2x täglich; nicht länger als 3 Monate; nicht gegen Erytheme und Tele angiektasien wirksam
Brennen, Juckreiz, Stechen an der Hautstelle; Kontaktallergie
Papel- und Pustelbildung
Erythromycin in Kombination mit Metronidazol; Erythromycin 2. Wahl
NRF 11.138
antientzündlich; 2x täglich; nicht länger als 3 Monate
Brennen, Juckreiz, Stechen an der Hautstelle; Kontaktallergie
Papel- und Pustelbildung
Ivermectin
z. B. Soolantra®; 10 mg
antientzündlich; wirksam gegen Demodex-Milbe; 1x täglich; nicht länger als 4 Monate 2x täglich; Effekt nach 4 Wochen erkennbar; Anwendungsdauer 8 Wochen; Gel trocknet die Haut aus
Brennen, Juckreiz, Trockenheitsgefühl
Papeln und Pusteln
Azelainsäure 15 % z. B. Skinoren® Gel
Brennen und Stechen an der Applikationsstelle; Anwendbar in Schwanger- schaft und Stillzeit
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DÖRTE SCHRÖDER-DUMKE
TABELLE 3: Therapieschema Tetracycline
werden. Im Off-Label-Use werden auch bei sehr stark entzündlichen Geschehen Tet- racyclin, Doxycyclin und Minocyclin für ei- nen Behandlungszyklus von vier Wochen eingesetzt (s. Tab. 3). Alternativen für Tetracycline, eben- falls aber nur imOff-Label-Use eingesetzt, sind die Makrolide Clarithromycin, und Azithromycin. Clarithromycin wird über zwei Monate, zunächst im ersten Monat zweimal täglich 250 mg, dann im zweiten einmal täglich 250 mg eingenommen. Bei Azithromycin ist ein Dosierungsschema mit absteigender Dosierung über drei Monate erprobt (Monat eins: 3x 500 mg/ Woche; Monat zwei: 3x 250 mg/Woche, Monat drei: 2x 250 mg/Woche). Eine weitere Möglichkeit des Off-Label- Use ist Isotretinoin (Aknenormin®) in niedriger Dosis von 0,1 bis 0,3 mg/kg KG über drei Monate. Der Wirkungseintritt ist jedoch später als bei Tetracyclinen. Zusätzlich ist bei Frauen im gebärfähigen Alter eine sichere Kontrazeption zu ge- währleisten. Bei allen Patienten muss eine regelmäßige Kontrolle der Blutfettwerte, sowie Nieren- und Leberwerte erfolgen. Nachteilig ist für viele Rosazea-Patienten das Austrocknen der Haut. Unterstützend kann bei ausgeprägter Flush-Symptomatik ein Betablocker im Off-Label-Use eingesetzt werden. Hier gibt es (wenig) Daten zu dem nicht-se- lektiven Betablocker Carvedilol (Querto®). Carvedilol wird zunächst täglich mit 6,25 mg in der ersten Woche niedrig dosiert, dann folgt eine Steigerung um 6,25 mg pro Woche bis zu 31,25 mg täglich. Wie bei allen Betablockern möglich, können Nebenwirkungen, wie Müdigkeit, Hypo- tonie, Bradykardie, Mundtrockenheit und gastrointestinale Störungen, auftreten. Die Behandlung sollte möglichst von ei- nem Kardiologen überwacht werden. Isotretinoin Betablocker in der Therapie bei Flush-Symptomatik
Tetracyclin Dosierung (mg)
Anmerkungen
Tetracyclin
250 – 1000 mg/Tag
gastrointestinale Nebenwirkungen; Photosensivität
Doxycyclin
100 – 200 mg/Tag
Dermabrasion, Dermashaving (Abtragung mit Skalpell), elektrochirurgischer Abtra- gung oder Abtragung mittels YAG-Laser eingesetzt. Anschließend soll das Gewebe reepithelisieren. Bei oberflächigen Haut- veränderungen kann gut das Verfahren der Kryochirurgie angewendet werden. Ein Nachteil elektrochirurgischer Ver- fahren ist die Gefahr von Hitzenekrosen, beim Dermashaving kann das behandelte Hautgebiet stark bluten. Wie schon mehrfach erwähnt, haben Ro- sazea Patienten oft einen hohen Leidens- druck. Die Erkrankung ist für jeden sicht- bar und in bestimmten Situationen (z. B. Genussmittelkonsum, Stress) verändert sich dieser Zustand auch noch stärker. Gleichzeitig ist die Haut überempfindlich, reagiert schnell irritiert und das Erkran- kungsgeschehen flammt immer wieder auf. Hinzu kommt für viele Patienten der Frust, dass die Erkrankung oft sehr spät oder auch gar nicht richtig erkannt wird. Viele haben auch schon viele Dinge pro- biert, möglicherweise auch Entzündungen mit Hydrocortison in der Selbstmedika- tion behandelt, was alles nur verschlim- mert hat. Das Apothekenteam muss in der Beratung die Beschwerdefreiheit und die Verbesserung des Hautbildes und da- mit der Lebensqualität der Patienten im Fokus haben. Sicher ersetzt die Apotheke nicht den Hautarzt, aber schon hier kön- nen Patienten identifiziert werden. In der Apotheke ist es sehr wichtig, diese Patien- ten zu erkennen und ihnen vor allem un- terstützende Beratung bei den verwende- ten Arzneistoffen, bei der Pflege und zum Lebensstil zu geben. Beratung von Rosazea Patienten in der Apotheke bessere Bioverfügbarkeit, weniger gastrointestinale Neben- wirkungen; Photosensivität bessere Bioverfügbarkeit, weniger gastrointestinale Neben- wirkungen; Photosensivität
Minocyclin
100 – 200 mg/Tag
kommt es zu Entzündung der Augeno- berfläche. Auch hier bilden allgemeine Maßnahmen eine gute Grundlage für die Behandlung. Basis ist eine sorgfältige Lidrandhygiene, um die oft verstopften Ausführungsgänge von Talg zu befrei- en. Hierfür wird zunächst eine möglichst heiße Kompresse für zehn Minuten auf die geschlossenen Augenlider gelegt. An- schließend massiert man die Lider Rich- tung Lidkante und zum Schluss entfernt man Reste mit einem Wattestäbchen von der Lidkante. Die Lidrandhygiene muss am Anfang zweimal täglich erfolgen. Die Behandlung des trockenen Auges kann mit Tränenersatz, warmen Kompressen und Lidrandmassage erfolgen. Bei Ent- zündungen der Augenoberfläche werden Ciclosporin- oder Azithromycin-Augen- tropfen eingesetzt. Systemisch können im Off-Label-Use Doxycyclin (Oraycea®) oder auch Azithromycin eingesetzt werden. Über die Anwendungsdauer gibt es keinen Konsens. Sie hängt vom Beschwerdebild ab und kann mehrere Monate dauern. Lo- kal am Augenlid haben sich Metronidazol und Ivermectin bewährt. Bei störenden Gefäßerweiterungen kön- nen Laserbehandlungen durch erfahren- de Dermatologen hilfreich sein und diese reduzieren. Eingesetzt werden hier KTP- Laser, YAG- bzw. Farbstofflaser. Wichtig ist, dass die Therapie frühzeitig erfolgt. Insgesamt gilt diese Therapieform als unkompliziert. Wesentlich schwieriger ist die Behandlung von Rhinophymen mit Knollen und Knötchenbildung. Hier muss das talgdrüsenreiche und knotige Gewebe durch einen erfahrenden Derma- tochirurgen im Rahmen einer Operation unter Vollnarkose abgetragen werden. Als operative Verfahren werden Kryochirur- gie (lokale Anwendung mit starker Kälte), Nichtmedikamentöse Therapiemethoden
Okuläre Rosazea
Okuläre Rosazea stellt Betroffene, wie schonerwähnt, vorgroßeHerausforderun- gen. Durch Störung der Meibom-Drüsen
AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal / 7
ROSAZEA
TABELLE 4: Ersatz der Trigger durch Alternativen.
Zu ungeeigneten Komponenten in Pflegeprodukten zählen: • Duftstoffe • Konservierungsstoffe • Ätherische Öle • Mineralöle • viele Emulgatoren, wie z. B. Natriumlaurylsulfat, Natriumdodecylbenzolsulfonat • lipidhaltige Zubereitungen Bei aller Pflege ist der Sonnenschutz eine wichtige Voraussetzung. Das Sonnenlicht verstärkt das Erkrankungsgeschehen und zusätzlich erhöhen alle bei Rosazea ein- gesetzten Therapeutika die Photosensi- bilität der Haut. Sonnenschutz muss in jedem Fall zu jeder Jahreszeit erfolgen. Empfohlen wird ein Lichtschutzfaktor von mindestens 30, beim Aufenthalt am Meer und im Freien idealerweise ein Licht- schutzfaktor von 50. Viele kosmetische Pflegeprodukte haben bereits einen Son- nenschutzfilter (oft Faktor 15) integriert. Gele trocken die Haut meist zu stark aus, Cremes haben oft einen okklusiven Effekt, insofern sind Fluids sehr gut geeignet. Pro- dukte mit ausschließlich physikalischen Filtern trocknen die Haut ebenfalls oft zu stark aus. Gegen eine Kombination von chemischen und physikalischen Filtern im Sonnenschutz ist nichts einzuwenden. Werden topische Arzneimittel gegen die Erkrankung angewendet, sollte das Son- nenschutzprodukt zehn Minuten später aufgetragenwerden. Das Gleiche gilt auch für kosmetische Pflegeprodukte. Vielen Patienten verschafft es Erleich- terung und eine Verbesserung der Lebens- qualität, wenn sie Rötungen mit dekora- tiver Kosmetik überdecken. Aus diesem Grund spricht auch nichts dagegen. Es eig- nen sich vor allem Grüntöne, da diese als ergänzende Farbe Rötungen kaschieren. Auch bei dekorativer Kosmetik gelten die gleichen Anforderungen wie für die Haut- pflege (keine Mineralöle etc.). Problema- tisch sind Camouflage-Produkte, weil die Hautreinigung aufwendiger ist und länger dauert und zu erneuten Irritationen füh- ren kann. Sonnenschutz
Pflege und Reinigung
Richtige Hautreinigung und Pflege der Haut sind Kernpunkte der Beratung. Hilf- reich können im Beratungsgespräch Fra- gen zu bisherigen Erfahrungen mit Rei- nigungsmitteln und zu Symptomen wie Trockenheit und Spannen der Haut sein. Schon die Reinigung sollte einfach, mit wenigen Mitteln, gestaltet werden. Meh- rere Reinigungsschritte mit Reinigungs- milch/Waschgel und Tonikum irritieren die Haut von Rosazea-Patienten oft sehr. Idealerweise erfolgt die Reinigung der Haut mit einem schwach sauren (pH 5,5) Tensid (Amidobetain, Alkylpolyglycosid, Sulfosuccinat) oder mizellenhaltigen Rei- nigungszubereitungen einmal täglich, wo- bei die Formulierungen sanft mit lauwar- memWasser möglichst abgetupft werden sollten. Starkes Abreiben und Abtrocknen der Haut ist immer zu vermeiden. Auch ist es ratsam auf zu heißes bzw. zu kaltes Wasser zu verzichten. Lauwarmes Wasser wird oft gut vertragen. Ebenso können al- koholhaltige Zubereitungen, Peelings und durchblutungsfördernde Masken die Ery- thembildung weiterhin begünstigen und verstärken. Bei Männern gilt es, auf Ra- sierwasser und Nassrasur verzichten, weil die Irritation der Haut zunimmt, empfoh- len werden können Rasierbalsame. Eine passende Hautpflege für Rosazea- Patienten muss mild, lipidarm, möglichst frei von Duft- und Konservierungsstoffen sein. Idealerweise ist ein höherer Sonnen- schutz mit integriert. Es eignen sich leich- te O/W Cremes, lamellare Cremes (ohne Emulgator), Hydrodispersionsgele. Für viele Patienten bleibt oft allerdings nur „das Ausprobieren“. Mineralöle und W/O- Zubereitungen sollten vermieden werden, da sie einen Okklusionseffekt haben und durch Wärmestau das Beschwerdebild verschlechtern können. Dies ist auch bei der Verwendung von Kältecremes zu be- achten. Kältecremes müssen sofort nach dem Aufenthalt im Kalten von der Haut entfernt werden. Für die Betroffenen ist es immer von Vorteil, Pflegeprodukte mit möglichst wenig Zusatzstoffen zu verwenden. Anti- Aging-Produkte sind zu meiden, weil diese oft reizende und durchblutungsfördernde Stoffe wie Vitamine, Fruchtsäuren oder Antioxidantien enthalten können.
Trigger
Alternative
Ingwer
Kurkuma
gesalzene Erdnüsse
Mandeln, Haselnüsse, Walnüsse Leinöl, Weizenkeimöl, Olivenöl
tierische Fette, Mayonnaise, Sonnenblumenöl
Parmesan
junger Gouda
Radieschen
Mairübchen
Räucherschinken schwarzer Pfeffer
gekochter Schinken
weißer Pfeffer
Ernährung und weitere Hinweise
Neben der Beratung zu entsprechenden Pflegeprodukten kann der Hinweis auf Selbsthilfegruppen oder zum Führen ei- nes Rosazea-Tagebuchs für die Betroffe- nen hilfreich sein. Die Deutsche Rosazea Hilfe (Deutsche Rosazea Hilfe e.V.; www. rosazeahilfe.de) bietet Informations- material, auch für das pharmazeutische Personal. Ein Rosazea-Tagebuch, in dem Lebensumstände (Stress, körperliche Ak- tivität), Ernährung, Therapiekonzepte und Hautzustand (Rötungen) der Betroffenen abgefragt werden, kann sehr gute Dienste leisten. Eine klassische Rosazea-Diät gibt es nicht, wohl können Hinweise zur Ernäh- rung für Patienten sehr hilfreich sein. Zu- nächst gilt es, Triggerfaktoren zu meiden. Bestimmte Nahrungsmittel begünstigen das Krankheitsgeschehen sehr. Dazu zäh- len z. B. fette Wurstwaren, Süßigkeiten, gesalzene Speisen, Scharfstoffe, roter Wein, Käse und sojahaltige Lebensmittel. Einige bekannte Trigger können durch Alternativen (s. Tab. 4) ersetzt werden. Gleichzeitig ist zu beachten, dass Mahl- zeiten nicht zu heiß und zu kalt genossen werden sollen. Temperaturunterschiede führen schnell zu unerwünschten Rötungen und Verschlechterungen. Beim Saunabe- such ist es ratsam, zunächst moderat zu beginnen und der Aufenthalt in der Mit- tagshitze muss auch vermieden werden. Sporttreiben ohne starke Überanstren- gungen ist natürlich erlaubt und es ist ratsam, hierbei ebenfalls für eine gute Durchlüftung von Kleidung und Räumen, zu sorgen.
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DÖRTE SCHRÖDER-DUMKE
REFERENZEN & LITERATUR 1 www.awmf.de, S2k Leitlinie „Rosazea“ (Stand 28.01.2021). 2 M. Goebeler, H. Hamm: Basiswissen Dermatolo- gie, 2017, S. 107-108. 3 Th. Dirschka, C. Oster-Schmidt, L. Schmitz: Klini- kleitfaden Dermatologie, 4. Auflage, S. 598-601. 4 D. Abeck: Häufige Hautkrankheiten in der Allge- meinmedizin, 3. Auflage, S. 137-141. 5 www.gd-online.de, Stellungnahme der GD, In- terdisziplinäres Management der Rosazea, 2014. 6 J. Havens Cary, H.I. Maibach: Rosacea, 2020, S. 18; S. 67-71. 7 P. Gerber, B. Buhren, M. Steinhoff et al.: Rosa- cea: the Cytokine and Chemokine Network, J. Investig. Dermatol. Symp. Proc. 2011. 8 Buddenkotte, M. Steinhoff: Recent advances in understanding and managing rosacea Version. 9 M. Schaller, H. Schöfer, B. Homey et.al: JDDG 2016 Nov., p. 29-37. 10 Raab, Kindl: Pflegekosmetik, 5. Auflage, S. 345- 347. 11 J. Kresken, U. Kindl., W. Wiggert-Alberti et. al.: Dermocosmetics for use in rosacea skin, Phar- macol. Physiol., 2018; 31, p. 147-154. 12 Sterry: Kurzlehrbuch Dermatologie, 2018. 13 Ring, F.: Rosacea – das hilft wirklich, S. 6-7; 13- 14. 14 ROSCO Project 2019, updated treatment algo- rithm. 15 www.rosacezeahilfe.de. 16 www.rosaceca-info.de. 17 NRF 18 Fachinformationen verschiedener Hersteller.
KURZZUSAMMENFASSUNG Rosazea-Patienten sind eine sensible Kundengruppe in der Apotheke, weil ihre Haut- symptome sie quälen und sie dies oft als Stigma empfinden. Rosazea kann sich zu- nächst nur mit Hautspannen, Brennen der Haut und Rötungen äußern, die zunächst wieder verschwinden, dann aber bleiben. Oft verstärken sich die Symptome und können sich schließlich sogar bis zu Wucherungen an Nase oder Kinn ausweiten. Eine abschließende Erklärung aller Faktoren für das Entzündungsgeschehen an der Haut sind noch ungeklärt. Es gibt eine genetische Prävalenz, eine große Rolle spielt, aber auch Triggerfaktoren, wie Wärme, scharfe Gerichte und vor allem Sonne. Aus diesem Grunde ist neben einer sanften Pflege, möglichst ohne Duft- und Konservie- rungsstoffe, ein hoher Sonnenschutz (möglichst Schutzfaktor 50) obligatorisch für die Patienten. Zusätzlich können auch Informationsmaterialien und Selbsthilfe- gruppen hilfreich für die Patienten sein. Pharmakologisch versucht man vor allem mit topischen Arzneistoffen, wie Iver- mectin und Metronidazol, das Entzündungsgeschehen einzudämmen. Gelingt dies nicht, ist eine Kombination mit oralem Doxycyclin vorteilhaft, welches in einer 40 mg-Dosierung, retardiert, für Rosazea auf dem Markt ist. Weitere Therapieopti- onen sind Makrolide, die dann auch systemisch eingenommen werden müssen. Die Rötungen können zunächst mit Brimonidin bekämpft werden, in Einzelfällen kann auch Carvedilol als unselektiver Betablocker dabei unterstützen.
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GESUNDHEITSKOMPETENZ
Gesundheitskompetenz Die Grundlage für gut informierte Gesundheitsentscheidungen
In unserer modernen Wissensgesell- schaft sind wir alltäglich mit einer Fülle von Informationen und Fakten konfrontiert, die zu überblicken und einzuordnen zunehmend schwerfällt. Dies betrifft in besonderemMaße In- formationen zu gesundheitsbezoge- nen Themen, wie gesundheitsför- derndes Verhalten und Prävention, Krankheitssymptome oder Behand- lungsmöglichkeiten. Diese Informati- onen zu finden, zu verstehen, zu be- werten und auf die eigene Lebenssi- tuation anwenden zu können, stellt nicht erst seit der Corona-Pandemie eine große Herausforderung dar. In diesem Zusammenhang rückt der Be- griff „Gesundheitskompetenz“ zu- nehmend in den Fokus. Gesundheitskompetenz ist eine freie Übersetzung des englischen Begriffs „Health Literacy“, der präziser mit „ge- sundheitsbezogener Literalität“ über- setzt werden könnte. Ursprünglich ver- stand man darunter grundlegende Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeiten, die es ermöglichen, Behandlungsanweisungen oder Hinweise zur Medikamentenein- nahme zu verstehen und zu befolgen. Im Zuge der sich ändernden Patientenrolle hin zu einer aktiven, informierten Teilha- be an der Entscheidungsfindung änderte sich jedoch auch diese Definition. Eine Person mit hoher Gesundheitskompetenz ist demnach in der Lage, gesundheitsrele- vante Informationen zu finden, zu verste- hen, zu bewerten und daraus begründete gesundheitsbezogene Entscheidungen im Sinne einer partizipativen Entscheidungs- findung für sich selbst abzuleiten. Das European Health Literacy Consortium de- finiert Gesundheitskompetenz wie folgt: „Gesundheitskompetenz basiert auf all- gemeiner Literalität und umfasst das Wis- sen, die Motivation und die Fähigkeiten von Menschen, relevante Gesundheits- informationen in unterschiedlicher Form zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden, um im Alltag in den Berei- chen der Krankheitsbewältigung, Krank- heitsprävention und Gesundheitsförde- rung Urteile fällen und Entscheidungen
Dr. Julia Podlogar (Münster) ist Fachapothekerin für Arz- neimittelinformation und Klinische Pharmazie. Sie leitet die Abteilung Arzneimittelinformation und Medikations- management der Apothekerkammer Westfalen-Lippe.
Dr. Julia Podlogar
treffen zu können, die ihre Lebensqualität während des gesamten Lebensverlaufs er- halten oder verbessern“. 1 In Bezug auf die Arzneimitteltherapie bzw. die Beratung in der Apotheke muss der Patient z. B. die Medikamentennamen und Beipackzettel lesen können sowie die Dosierung verstehen oder die Anzahl der Tropfen oder Tabletten berechnen kön- nen. Neben diesen grundlegenden Fähig- keiten muss er aber auch die Erklärungen verstehen, Rückfragen stellen und even- tuelle Probleme kommunizieren können. Außerdem muss er möglicherweise auf- tretende unerwünschte Wirkungen an sich selbst beobachten und sich darum kümmern können. Zu bedenken ist, dass einer Studie der Universität Hamburg zufolge in Deutsch- land 12,5 % der deutsch sprechenden Er- wachsenen zwischen 18 und 64 Jahren funktionelle Analphabeten sind, d. h. sie können zwar einzelne Wörter und Sätze lesen, nicht jedoch zusammenhängende Texte. 2 Dies führt zum einem „health deci- sion-making paradox“: 3 Während die Fülle gesundheitsrelevanter Informationen
lesen und schreiben gelernt zu haben. Im Beratungsgespräch in der Apotheke kön- nen in solchen Fällen z. B. Piktogramme hilfreich sein – allerdings muss der funkti- onelle Analphabetismus dafür überhaupt bekannt sein. Die Gesundheitskompetenz ist grund- sätzlich auch abhängig von den äußeren Umständen: Sie wird nicht nur durch die Kompetenzen und Fähigkeiten jedes ein- zelnen Menschen bestimmt, sondern hängt auch von den Anforderungen und der Komplexität der Systeme, Organi- sationen und Lebensbedingungen ab (s. Abb. 1). 4 Dies muss vor allem deshalb Be- achtung finden, um Personen nicht auf Grund ihrer geringen Gesundheitskom- petenz zu stigmatisieren, sondern letz- tere durch entsprechende organisatori- sche Maßnahmen nach Möglichkeit zu kompensieren.
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Folgen schlechter Gesundheitskompetenz
Abbildung 1. Das Zusammenspiel von persönlicher und systemischer/ organisationaler Gesundheitskompetenz (4) selbst für gut gebildete Personen kaum zu überblicken ist, verlassen jed s Jahr Ju e dliche di Schule, o ne ausreichend ABBILDUNG 1: Das Zusammenspiel von persönlicher und organisationaler Gesundheitskompetenz. 4 Das Verständnis der an ihn vermittelten Informationen ist Grundvoraussetzung für eine partizipative Entscheidungsfin- dung und dadurch begünstigte Adhärenz des Patienten. Vor allem bei Arzneimitteln
Fertigkeiten und Fähigkeiten des Einzelnen
Anforderungen und Komplexität des Systems
GESUNDHEITS- KOMPETENZ
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DR. JUL IA PODLOGAR
vs. 12,1 % in den zwölf Monaten vor der Befragung). Der Anteil derjenigen Perso- nen, die es (sehr) schwierig finden, den Beipackzettel ihrer Arzneimittel zu ver- stehen, liegt in der Gesamtbevölkerung bei 54,4 %; noch höher liegt dieser Wert bei Personen mit niedrigem Bildungsni- veau (74,6 %) oder niedrigem Sozialsta- tus (64,4 %) sowie bei über 65-Jährigen (66,4 %). Neben der Auswertung der allgemei- nenGesundheitskompetenzwurden inder der HLS-GER 2-Studiemehrere Teilbereiche von zunehmender Bedeutung untersucht: die digitale, die navigationale und die kommunikative Gesundheitskompetenz. Wie in allen anderen Lebensbereichen gewinnt die Digitalisierung auch im Ge- sundheitswesen zunehmend an Bedeu- tung. Damit einhergehend ist sowohl die Fülle als auch die Unübersichtlichkeit an gesundheitsbezogenen Informationen, die über das Internet niederschwellig zur Verfügung stehen, enorm gestiegen. Dies wurde und wird insbesondere während der Covid-19-Pandemie deutlich: Fast täglich werden neue Studien, Stellung- nahmen oder sonstige Informationen veröffentlicht, deren Einordnung selbst Fachleuten schwerfällt. Darunter sind in zunehmendem Maße falsche und ma- nipulative Informationen, die zum Teil durchaus den Anschein von Seriosität er- wecken, in Wahrheit aber von finanziellen Interessen geleitet sind oder Verschwö- rungsmythen und Fake News beinhalten. Derartige Falschinformationen stellen ein eigenes, nicht zu unterschätzendes Gesundheitsrisiko dar, weshalb die WHO in diesem Zusammenhang von einer „In- fodemie“ spricht: Darunter versteht man die Durchmischung falscher und korrekter Informationen, wodurch die Menschen an der Auffindung verlässlicher Entschei- dungshilfen gehindert werden, und somit möglicherweise gesundheitsgefährdende Fehlentscheidungen treffen. 7 Nach den Daten des HLS-GER 2 verfügen über 75 % der Bevölkerung über eine inadäquate oder problematische digitale Gesund- heitskompetenz. Das größte Problem in diesem Bereich stellt erwartungsgemäß nicht das Finden, sondern die Bewertung der Informationen dar: Für über 82 % der Bevölkerung ist es (sehr) schwierig Digitale Gesundheitskompetenz
zu beurteilen, wie vertrauenswürdig die gefundenen Informationen sind und ob hinter den Informationen kommerzielle Interessen stehen. 6
gegen chronische Erkrankungen ist die Adhärenz gerade in der Dauertherapie häufig schlecht. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Neben fehlendem Leidensdruck, komplexen Therapieschemata oder Angst vor Nebenwirkungen spielt auch man- gelndes Therapieverständnis eine Rolle. Hier kann das Apothekenteam durch gute Kommunikationsstrategien entscheidend dazu beitragen, Verständnis und Adhä- renz zu erhöhen und so die Arzneimittel- therapie wirksamer, aber auch sicherer zu machen, da auch die Wahrscheinlichkeit von Medikationsfehlern bei unzureichen- der Gesundheitskompetenz erhöht ist. 5 Eine geringe Gesundheitskompetenz ist mit zahlreichen weiteren negativen Auswirkungen assoziiert, z. B. in Bezug auf körperliche Bewegung, Ernährung und Gewicht. Während jeder Sechste mit ex- zellenter Gesundheitskompetenz jeden Tag körperlich aktiv ist, ist dies bei Men- schen mit eingeschränkter Gesundheits- kompetenz nur bei 4 % der Fall. Letztere ernähren sich oft schlechter und sind häu- figer übergewichtig, was das Auftreten verschiedener chronischer Erkrankungen, wie Diabetes mellitus Typ 2 oder Hyper- tonie, wahrscheinlicher macht. Außerdem weisen sie mehr Fehltage am Arbeitsplatz auf und nehmen das Gesundheitssystem insgesamt häufiger in Anspruch, beispiels- weise durch Arztbesuche, Notfallbehand- lungen und Krankenhausaufenthalte. 6 Dies verdeutlicht, dass die Gesundheits- kompetenz auch als wichtiger ökonomi- scher Faktor angesehen werden muss. Nach den Daten des zweiten Health Liter- acy Survey Germany (HLS-GER 2), der sub- jektiv eingeschätzte Schwierigkeiten beim Management gesundheitsrelevanter In- formationen erfasst, verfügen 58,8 % der Bevölkerung in Deutschland über eine ein- geschränkte Gesundheitskompetenz. 6 Zu den Personengruppen mit durchschnitt- lich geringerer Gesundheitskompetenz gehören u. a. Menschen mit niedrigem Bildungsniveau (78,3 %), mit niedrigem Sozialstatus (71,9 %), ab 65 Jahren (65,1 %) und mit chronischer Erkrankung (62,3 %). Relevant ist dabei unter anderem, dass Personen mit inadäquater Gesundheits- kompetenz deutlich häufiger stationär aufgenommen werden als solche mit ex- zellenter Gesundheitskompetenz (23,3 % Gesundheitskompetenz in Deutschland
Navigationale Gesundheitskompetenz
Unter navigationaler Gesundheitskom- petenz versteht man die Motivation und Fähigkeit, sich im Gesundheitssystem und seinenEinrichtungenzurechtzufinden, um die bestmögliche Versorgung für sich oder nahestehende Personen zu erhalten. 8 Die navigationale Gesundheitskompetenz ist dabei abhängig von den äußeren Umstän- den: So können sich z. B. auch Personen mit geringer allgemeiner Gesundheits- kompetenz durch leicht verständliche In- formationen oder Navigationshilfen gut im Gesundheitssystem zurechtfinden, während andererseits auch eigentlich ge- sundheitskompetente Personen mit kom- plexen und unübersichtlichen Strukturen überfordert sein können. 8 Zu verstehen, wie das Gesundheitssystem funktioniert und welche Versorgungsmöglichkeiten es gibt, bewertet über die Hälfte der Befrag- ten als schwierig oder sehr schwierig. Ins- gesamt weisen etwa 83 % der Befragten eine geringe navigationale Gesundheits- kompetenz auf; der Wert erhöht sich in Abhängigkeit von Sozialstatus, Bildungs- grad und Alter, wobei nicht nur Ältere, sondern auch Menschen zwischen 18 bis 29 Jahren über eine geringere navigati- onale Gesundheitskompetenz verfügen als der Durchschnitt. Dies ist vermutlich durch die insgesamt selteneren Kontak- te dieser Altersgruppe mit dem Gesund- heitssystem zu erklären. Auch Personen mit chronischen Erkrankungen, für die es besonders wichtig wäre, sich im Gesund- heitssystem gut zurechtzufinden, haben in diesem Bereich überdurchschnittlich große Schwierigkeiten. Insgesamt zeigen sich bei der navigationalen Gesundheits- kompetenz die schlechtesten Werte aller Teilbereiche, was nach Ansicht der Au- toren weniger auf persönliche Defizite, sondern auf „die Vielschichtigkeit und In- transparenz des deutschen Gesundheits- systems und seiner Informationsstruktu- ren“ zurückzuführen ist. 6
Kommunikative Gesundheitskompetenz
Die kommunikative Gesundheitskom- petenz gewinnt vor allem deswegen an
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GESUNDHEITSKOMPETENZ
TABELLE 1: Verlässliche Patienteninformationen im Internet.
Bedeutung, weil sich das Verständnis der Rollenverteilung im Gesundheitswesen zunehmend ändert. Während früher ein eher hierarchisches Verhältnis von Heilbe- rufler und Patient vorherrschte – der Arzt oder Apotheker gibt die Anweisung, der Patient führt sie aus –, bekommt heute eine partizipative, informierte Entschei- dungsfindung auf Augenhöhe einen im- mer höheren Stellenwert („Shared Decis- ion Making“). Voraussetzung dafür ist die Möglichkeit, sich als Patient aktiv über die relevanten Fragestellungen informieren zu können, um die zum Beispiel vom Arzt vorgeschlagene Behandlungsoption ver- stehen und nachvollziehen zu können und bei Verständnisproblemen um Erklärung zu bitten. Im Alltag kann dies einerseits an Zeitmangel und Überlastung, ande- rerseits auch an beiderseitig defizitären kommunikativen Fähigkeiten scheitern. Im HLS-GER 2 gaben etwa die Hälfte der Befragten an, dass es schwierig oder sehr schwierig sei, ausreichend Gesprächszeit z. B. mit dem Arzt zu bekommen oder die verwendeten medizinischen Begriffe zu verstehen. Erwartungsgemäß ist der Wert bei niedrigem Bildungs- und Sozial- status höher. Insgesamt ist der Anteil an Personen mit inadäquater oder proble- matischer kommunikativer Gesundheits- kompetenz mit 35,7 % niedriger als in den anderen untersuchten Teilbereichen. Dennoch besteht auch hier erheblicher Handlungsbedarf, vor allem auch ange- sichts der Tatsache, dass kommunikative Schwierigkeiten besonders vulnerable Gruppen wie Ältere und chronisch Kranke betreffen, die zudem besonders häufig mit dem Gesundheitssystem in Kontakt kommen. Wie oben erwähnt, hängt die Gesund- heitskompetenz nicht nur von den indivi- duellen Fähigkeiten des Einzelnen ab, son- dern auch von Umgebungsbedingungen und der Komplexität des Gesundheits- systems und der zur Verfügung gestellten Informationen. Das Deutsche Netzwerk Gesundheitskompetenz e. V. hat diesen Aspekt in einem Positionspapier hervor- gehoben: Es sei ein Ausdruck sozialer Ungleichheit, wenn man Menschen, die durch niedrigen sozioökonomischen Sta- tus oder durch eingeschränkte Kognition ohnehin struktureller gesundheitlicher Organisationale Gesundheitskompetenz
www.gesundheitsinformation.de
· herausgegeben vom IQWIG · gesetzlicher Auftrag zur Information der Öffentlichkeit · englische Schwesterseite: www.informedhealth.org · herausgegeben vom ÄZQ (Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin) im Auftrag von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung · Informationen auch in Fremdsprachen und leichter Sprache · herausgegeben vom Bundesministerium für Gesundheit · Kooperation mit IQWIG, Krebsinformationsdienst und RKI · herausgegeben vom Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg · herausgegeben von der österreichischen Sektion der Cochrane Collaboration · Überprüfung von Gesundheitsbehauptungen aus Werbung und Medien · transparente Darstellung der bestverfügbaren Evidenz · Angebot der Verbraucherzentrale · Informationen über Sicherheit und Wirksamkeit, Kennzeich- nung, Werbung und Vertriebswege von Nahrungsergän- zungsmitteln · Marktchecks · Angebot der Verbraucherzentrale · Schaffung von Transparenz bei digitalen Gesundheitsinfor- mationen · Aufklärung über irreführende, unzulässige und gefährliche Gesundheits- und Produktinformationen im Internet · unabhängiges Online-Magazin der Medizinjournalistinnen Dr. Iris Hinneburg und Silke Jäger · Bekanntmachung verlässlicher Gesundheitsinformationen, um informierte Entscheidungen zu ermöglichen · Orientierungshilfe im Gesundheitswesen · Inhalte für Laien und Fachkreise · kostenlose telefonische Beratung
www.patienten-information.de
www.gesund.bund.de
www.krebsinformationsdienst.de
www.medizin-transparent.at
www.klartext-nahrungsergaenzung.de
www.faktencheck-gesundheitswer- bung.de
Plan G – Gesundheit verstehen www.riffreporter.de/de/magazine/ plan-gesundheit
TABELLE 2: Merkmale gesundheitskompetenter Organisationen 9
Gesundheitskompetente Organisationen … ... stellen den betroffenen Menschen mit seinen individuellen Bedürfnissen, Fähigkeiten, Wert- vorstellungen, Zielen und seinem sozialen Umfeld ins Zentrum und richten ihre Strukturen und Prozesse daran aus, ihm individuell angemessene Entscheidungen zu ermöglichen. ermöglichen Menschen mit unterschiedlichen körperlichen, kognitiven, sprachlichen, ethni- schen, kulturellen oder weiteren individuellen Voraussetzungen die größtmögliche Teilhabe an allen Versorgungsprozessen und -entscheidungen. unterstützen Patient*innen und Bürger*innen bei der Orientierung im Gesundheitssystem. bilden die in ihnen arbeitenden Menschen darin aus und fort, bei gesundheitsbezogenen Entscheidungen bestmöglich auf die individuellen Voraussetzungen und Anforderungen der Patient*innen und Bürger*innen einzugehen. ermöglichen den in ihnen arbeitenden Menschen sowie Patient*innen und Bürger*innen den Zugang zu wissenschaftlich belastbaren, hochwertigen, verlässlichen und verständlichen Gesundheitsinformationen im Sinne der „Guten Praxis Gesundheitsinformation“. bieten alle verlässlichen Informationen in unterschiedlichen, individuell angepassten, nicht direktiven Formaten an. binden betroffene Patient*innen und Bürger*innen in die Entwicklung, Implementierung und Evaluation von organisationsinternen Strukturen, Prozessen und Informationen ein. ... etablieren Kommunikationsstrukturen auf Augenhöhe mit Patient*innen und Bürger*innen, die zu Fragen ermutigen und bestmögliches individuelles Verstehen sicherstellen.
Benachteiligung ausgesetzt sind, die Verantwortung für ihre Gesundheit al- lein aufbürdet. 8 Vielmehr müsse die För- derung von Gesundheitskompetenz als
gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstan- den werden, bei der vor allem Einrichtun- gen der Gesundheitsversorgung – also auch Apotheken – eine besondere
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