Fortbildung aktuell – Das Journal Nr. 2/2022

ARZNEIMITTEL BEI ADIPÖSEN

TABELLE 4: Einige Literaturtipps (Bücher und Übersichtsarbeiten) zur Dosierung von Arzneimitteln bei adipösen Patient*Innen.

Konzentration zu 100 % des Dosisinter- valls die minimale Hemmkonzentration (MHK) des Erregers adäquat überschreitet. Bei der Therapie von Harnwegsinfek- tionen ist eine Dosierungserhöhung da- gegen regelmäßig nicht erforderlich, da durch die überwiegend renale Ausschei- dung im Urin auch unter Standarddosie- rungen ausreichend hohe Konzentratio- nen erreicht werden. 10 Bei Bestehen einer Einschränkung der Leberfunktion ist bei einer Dosiserhöhung insbesondere von Amoxicillin/Clavulan- säure, aber auch von Flucloxacillin auf das potentiell erhöhte Risiko einer Leberschä- digung zu achten. 10 Unter der Therapie sollten regelmäßig laborchemische Kont- rollen der Lebersyntheseleistung erfolgen. b) Fluorchinolone Die Fluorchinolone Ciprofloxacin, Levoflo- xacin und Moxifloxacin gehören zu den Antibiotika mit einem breiten Wirkspekt- rum, dass sich jedoch unter den einzelnen Substanzen deutlich unterscheidet. Alle drei weisen zudem eine sehr hohe orale Bioverfügbarkeit auf, so dass sie sowohl in der Ambulanz als auch im klinischen Be- reich nach wie vor bei der Therapie der un- terschiedlichsten Infektionskrankheiten zum Einsatz kommen. Bei einer überwie- gend konzentrationsabhängigen Wirkung können höhere Dosierungen in ein- bzw. zweimaliger Gabe die bakterizide Wir- kung noch verstärken. Sie gehören dabei eher zu den amphiphilen Arzneistoffen (werden in einigen Quellen aber auch als lipohil klassifiziert), sie sind wasserlöslich und können zudem auch sehr gut Lipid- barrieren überwinden. 11 Dies führt zu ei- nem verhältnismäßig hohen V d und einer weitreichenden Gewebepenetration. Bei adipösen Patient*Innen wird jedoch ver- mutet, dass Fluorchinolone nur unzurei- chend in das zusätzliche (Fett-)Gewebe penetrieren können, trotzdem finden sich Daten, dass sich auch hier das V d etwas erhöht. 11 Für Ciprofloxacin ist die bisherige Da- tenlage zum Teil widersprüchlich, jedoch spricht sich die Mehrzahl der wenigen Pu- blikationen für eine Dosiserhöhung aus, um insbesondere im Gewebe ausreichend hohe Konzentrationen zu erreichen. Eine Dosierung von 4 bis 5 mg/kg basie- rend auf TBW bzw. ABW mit einer maxi- malen Dosierung von 1600 mg pro Tag (entsprechend 800 mg alle 12 Stunden)

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Titel

Kommentar

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eine andere, dass bei Patient*Innen mit ei- nem Körpergewicht > 80 kg ein Risiko für Unterdosierung bestand, ohne dass sich daraus konkrete Dosierungsempfehlun- gen ableiten ließen. 12 Zu beachten ist, dass der Einsatz von Fluorchinolonen mit schwerwiegenden UAW assoziiert sein kann. Grundsätzlich sollten bei ihremEinsatz bei Patient*Innen engmaschig auf mögliche kardiovaskuläre, neurologische und metabolische UAW ge- achtet werden. Dies gilt umso mehr beim Einsatz von hohen Dosierungen. c) Aminoglykoside Die Aminoglykosid-Antibiotika Amikacin, Gentamicin und Tobramycin sind hydro- phil und schwache Basen, so dass sie ein geringes V d aufweisen, das annähernd dem Blutvolumen entspricht. 11 Da Amino- glykoside eine konzentrationsabhängige Gute Darstellung der allgemeinen physiologi- schen Veränderungen bei Kindern mit Adipositas. Übersicht über verfügbare Literatur hierzu bis 2015. Enthält selbst keine Dosierungsempfehlungen. Gute Übersicht über die Dosierung von Vasopressoren, Kortikosteoriden, Arzneimit- teln zur Stress Ulcus- und Thrombose-Prophy- laxe bei kritisch Kranken – empfehlenswert bei Arbeit auf Intensivstationen. Sehr gute Übersicht über physiologische Veränderungen durch Adipositas bei Kindern und Unterstützung bei der allgemeinen Abwägung bei der Dosierung von Arzneimit- teln zu denen es keine Daten gibt. Unbedingt empfehlenswert bei Tätigkeitsschwerpunkt in der Pädiatrie. Gute, wenn auch etwas ältere Übersicht über einzelne Arzneistoffgruppen, inkl. Antiinfekti- va, Antikoagulantien, Analgetika und Antiepileptika. Im Alltag gut verwendbar. Ausführlichere Darstellung zur Dosierung bei Adipösen zu Antibiotika - empfehlenswert insbesondere bei Infektiologie als Tätigkeits- schwerpunkt, ansonsten vielleicht zu speziell Gute, wenn auch ältere Darstellung über wesentliche physiologische Veränderungen, ihre Auswirkungen auf die Pharmakokinetik und Abwägung für spezifische Arzneistoffe. Gute Übersichtsarbeit mit klarer Darstellung der bisherigen Evidenz (2020) zur Dosierung von Antikoagulantien bei Adipösen. Aktuelle Übersichtsarbeit zur Anwendung der DOAK bei adipösen Patienten mit klarer Aufarbeitung der bisherigen Evidenz.

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wird überwiegend empfohlen. 12 Bei der Therapie mit Levofloxacin ist aufgrund der vorliegenden Daten wohl die Nieren- funktion deutlich entscheidender für das Erreichen einer ausreichenden Konzentra- tion als das Körpergewicht. Insbesondere bei Patient*Innen mit ARC erscheint eine Dosiserhöhung auf initial 750 mg alle 24 Stunden bzw. 500 mg alle 12 Stunden an- gebracht. 12 Bei Niereninsuffizienz sollte die Dosis entsprechend angepasst werden (unter Verwendung der Cockroft-Gault- Formel und IBW). Zu beachten ist, dass laut Fachinformation Dosierungen von 500 mg alle 12 Stunden bei schweren In- fektionen auch zugelassen sind. Zur Phar- makokinetik von Moxifloxacin gibt es die wenigsten Daten. Während in einer Un- tersuchung die Standard-Dosierung von 400 mg alle 24 Stunden zu ausreichend hohen Konzentrationen führte, zeigte

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