Fortbildung aktuell – Das Journal Nr. 2/2022
DR. DAGMAR HORN
ABBILDUNG 1: Deskriptoren zur Beschreibung der Körpermasse und ihre Relation untereinander unter Beachtung des Muskel- und Körperfettanteils in Relation stehen. Grafik adaptiert nach 5 ABBILDUNG 1 : Deskriptoren zur Beschreibung der Körpermasse und ihre Relation untereinander unter Beachtung des Muskel- und Körperfettanteils in Relation stehen (adaptiert nach (5)).
sehr lipophilen Arzneistoff, bei adipösen Patient*Innen um nahezu das Dreifache erhöht. Im Grundsatz korrelieren IBW und LBW relativ gut mit hydrophilen Arznei- stoffen, die ein kleines V d aufweisen, da sie sich eher im intravaskulären Raum ver- teilen, während TBW eher mit lipophilen Arzneistoffen korreliert, die ein hohes V d haben. 4,8 Trotzdem gibt es auch hier Aus- nahmen, wie z. B. Ciclosporin und Digoxin, die als lipophile Arzneistoffe jeweils hohe V d bei Normalgewichtigen aufweisen, welches bei Adipösen nicht signifikant verändert ist. 9 Dagegen zeigt sich bei dem eher hydrophilen Antibiotikum Vancomy- cin, dass es mit einem Anstieg von TBW auch zu einem linearen Anstieg des V d kommt. 9 Daraus lässt sich schließen, dass bei einer Abschätzung von V d neben Lipo- und Hydrophilie auch andere Aspekte, wie Polarität, die Molekülgröße, Ionisierungs- grad und Proteinbindung mitberücksich- tigt werden müssen. 9 Polare Arzneistof- fe können Zellmembranen schlechter überwinden und verteilen sich kaum im Fettgewebe. Sie bleiben deswegen über- wiegend im Blutplasma. Auch die geringe Durchblutung des Fettgewebes reduziert die Gewebepenetration vieler Arzneistof- fe. Für die Arzneistoffbindung sind vor allem die Proteine Albumin und Saures Alpha-1-Glykoprotein (AGP), ein Marker der unspezifischen Immunabwehr, ver- antwortlich. An Albumin binden sich da- bei überwiegend saure Arzneistoffe, an AGP eher basische. Während das Level von Albumin im Serum bei Adipösen nahezu unverändert ist, steigt die Konzentration von AGP deutlich an, was zu einer erhöh- ten Plasmaproteinbindung von basischen Arzneistoffen führen kann, wodurch je- doch auf den freien Anteil und somit auf die Wirkstoffkonzentration im Blut kein signifikanter Einfluss zu sehen ist. 9 Zudem kann es sein, dass die Proteinbindung des Arzneistoffs durch ein Verdrängen durch vermehrte Triglyceride, Lipoproteine, Cho- lesterol und freie Fettsäuren reduziert ist. 3
Muskelmasse an. Ebenso erhöht sich Blut- volumen und in der Folge auch die Größe des Herzmuskels und anderer Organe. Diese Veränderungen können auch Aus- wirkungen auf die Pharmakokinetik von Arzneistoffen haben, die eine Dosisanpas- sung erforderlich machen könnten. Mit erhöhtem Geweicht kommt es zu einer Reihe physiologischer Veränderungen. Der Körperfettanteil wird größer und zu einem gewissen Grad steigt auch die Muskelmasse an. Ebenso erhöht sich Blutvolumen und in der Folge auch die Größe des Herzmuskels und anderer Organe. Diese Veränderungen können auch Auswirkungen auf die Pharmakokinetik von Arzneistoffen haben, die eine Dosisanpassung erforderlich machen könnten. Physiologische Veränderungen und mögliche Auswirkungen der Adipositas auf die Pharmakokinetik von Arzneistoffen Veränderungen der oralen Bioverfügbarkeit wurden bislang kaum untersucht und es finden sich widersprüchliche Daten zu den zugrundeliegenden physiologischen Veränderungen. Subkutane Applikation Währe die in eren Organe mit 73 % des Herzzeitvolum ns durchblutet werden, benötigt das fettfreie Gewebe 22 % und das Fettgewebe nur 5 % (3, 7). D Adipositas mit i em Anstieg der subkutanen Fettmasse einhergeht, kommt es zu einer Veränderung der Durchblutun und die Absorption von Arzneistoffen könnte bei extravaskuläre Applikation (subkutan, transdermal und intramuskulär) verändert sein. Dies ließ sich bislang jedoch nicht zeigen. Bei einer einmal- täglichen subkutanen Applikation von Enoxaparin, zeigte sich die Absorption bei Adipösen um etwa eine Stunde verzögert, sie erfolgte aber trotzdem vollständig. Auch die Pharmakokinetik von Insulin war im Vergleich zu Normalgewichtigen nicht signifikant verändert. b) Verteilung Das Verteilungsvolumen V d stellt ein Maß für die Verteilung eines Arzneistoffes im Körper dar. Sie ist ein wichtiger pharmakokinetischer Para eter, der Rückschlüsse auf die Verteilung ein s Arzneistoffes zwischen Plasma und Gewebe er öglicht u d entscheidend für die Festlegu g einer Initial osis ist (8). Dies ist besonders relevant bei Arzneistoff n bei denen möglichst vo Beginn an effektive Konz ntrationen erreicht werden so en (z. B. bei Antibiotika) a) Applikation a) Applikation Orale Ap likation Orale Applikation Veränderungen der oralen Bioverfügbar- keit wurden bislang kaum untersucht und es finden sich widersprüchliche Daten zu den zugrundeliegenden physiologischen Veränderungen. Subkutane Applikation Während die inneren Organe mit 73 % des Herzzeitvolumens durchblutet wer- den, benötigt das fettfreie Gewebe 22 % und das Fettgewebe nur 5 %. 3,7 Da Adipo- sitas mit einem Anstieg der subkutanen Fettmasse einhergeht, kommt es zu ei- ner Veränderung der Durchblutung und die Absorption von Arzneistoffen könnte bei extravaskulärer Applikation (subku- tan, transdermal und intramuskulär) ver- ändert sein. Dies ließ sich bislang jedoch nicht zeigen. Bei einer einmal-täglichen subkutanen Applikation von Enoxaparin, zeigte sich die Absorption bei Adipösen um etwa eine Stunde verzögert, sie er- folgte aber trotzdem vollständig. Auch die Pharmakokinetik von Insulin war im Ver- gleich zu Normalgewichtigen nicht signi- fikant verändert. Körper dar. Sie ist ein wichtiger pharma- kokinetischer Parameter, der Rückschlüs- se auf die Verteilung eines Arzneistoffes zwischen Plasma und Gewebe ermöglicht und entscheidend für die Festlegung einer Initialdosis ist. 8 Dies ist besonders relevant bei Arzneistoffen, bei denen möglichst von Beginn an effektive Konzentrationen erreicht werden sollen (z. B. bei Antibioti- ka). 8 Das V d eines Arzneistoffes im Körper beruht auf einer Reihe von Faktoren, die sowohl von den Eigenschaften des Arz- neistoffes sowie von den physiologischen Veränderungen durch Erkrankungen ab- hängig sind. Bei adipösen Patient*Innen gibt es eine Reihe von möglichen Einfluss- faktoren, die das V d beeinflussen können. Zu den Arzneistoff-spezifischen Eigen- schaften gehören die molekulare Masse, die Lipophilie, der Grad an Ionisation, die Bindung an Proteine sowohl im Plasma als auch imGewebe und die Fähigkeit biologi- sche Membranen zu überwinden. Adipositas ist neben einer Erhöhung von Fett- und Magermasse verknüpft mit Veränderungen der Bestandteile von Plasma-Proteinen, einer reduzierten Durchblutung des Fettgewebes, einer Er- höhung des extrazellulärenWasseranteils, des Herzzeitvolumens und des viszeralen Blutflusses. Die Auswirkungen von Adipo- sitas auf das V d sind dabei jedoch vielfältig und nur schwer vorauszusagen. Für viele Arzneistoffe zeigt sich ein erhöhtes V d durch die erhöhte Fettmas- se (die zu 30 % aus Wasser besteht) und die erhöhte Magermasse. 7 Regelmäßig ist das V d hydrophiler Arzneistoffe bei Adipösen weniger stark erhöht als das li- pophiler Substanzen, die regelmäßig eine höhere Affinität zu Körpergeweben auf- weisen. So ist das V d von Diazepam, einem b) Verteilung Das Verteilungsvolumen V d stellt ein Maß für die Verteilung eines Arzneistoffes im
c) Ausscheidung
Die Clearance eines Arzneistoffes findet überwiegend über den hepatischen Me- tabolismus und die renale Ausscheidung statt. Sie ist abhängig vom jeweiligen Arz- neistoff, unterliegt aber auch patientenin- dividuellen Einflussfaktoren.
AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal / 17
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