Fortbildung aktuell – Das Journal Nr. 2/2022
DR. JUL IA PODLOGAR
ist ebenso bekannt wie die Gründe dafür: Verwendung von Fachsprache, Zeitmangel und auch fehlende Anreize imVergütungs- system. Verständnisprobleme gefährden aber sowohl Erfolg als auch Sicherheit der Therapie und müssen daher möglichst vermieden werden, z. B. durch die Anwen- dung effektiver Kommunikationsstrategi- en wie der „Teach-Back-Methode“ (siehe Kasten) oder die nutzerfreundliche Ge- staltung von Gesundheitsinformationen. Besonders wichtig ist das Thema Gesundheitskompetenz für Menschen mit chronischen Erkrankungen, die in Deutschland etwa ein Drittel der Bevöl- kerung ausmachen. Deren Gesundheits- kompetenz ist nicht nur im Durchschnitt schlechter als in der Gesamtbevölkerung, sie sind auch in besonderem Maße dar- auf angewiesen, sich in den oft unüber- sichtlichen Informationsangeboten und Versorgungsstrukturen ihres komplexen Krankheitsbildes zurechtzufinden. Der Aktionsplan ruft daher dazu auf, beson- ders chronisch kranke Menschen in ihrer Gesundheitskompetenz zu fördern, zu informieren und so zu einem kompeten- ten und partnerschaftlichen Umgang mit den Akteuren des Gesundheitssystems zu befähigen. In der Apotheke kann dies zum Beispiel durch die gemeinsame Be- sprechung des Medikationsplans, Medi- kationsanalysen oder auch die Gestaltung von Informationsabenden geschehen. REFERENZEN & LITERATUR 1 Sørensen K. et al. (2012). Health literacy and pu- blic health. A systematic review and integration of definitions and models. BMC Public Health, 12, 80. 2 Grotlüschen A, Buddeberg K (Hrsg.) Leo 2018 – Leben mit geringer Literalität. WBV 2020. 3 Kickbusch I et al: Health Literacy – The solid facts. World Health Organization, 2013. 4 Schaeffer D et al (Hrsg.): Nationaler Aktionsplan Gesundheitskompetenz: Die Gesundheitskom- petenz in Deutschland stärken. Berlin 2018 . 5 Davis TC et al: Literacy and misunderstanding prescription drug labels. Ann Intern Med. 2006 Dec 19;145(12):887-94. 6 Schaeffer, D. et al. (2021): Gesundheitskompe- tenz der Bevölkerung in Deutschland – vor und während der Corona Pandemie: Ergebnisse des HLS-GER 2. Bielefeld: Interdisziplinäres Zentrum für Gesundheitskompetenzforschung (IZGK), Universität Bielefeld. 7 World Health Organization. (2020). Infodemic management: a key component of the CO- VID-19 global response. Weekly Epidemiological Record, 95(16), 145–148. 8 Schaefer C, Bitzer EM, Dierks ML für den Vorstand des DNGK. Mehr Organisationale Gesundheitskompetenz in die Gesundheitsver- sorgung bringen! Ein Positionspapier des DNGK. Köln, 15.11.2019.
Verantwortung zukomme. Daher schlägt dasNetzwerk eineneueDefinition vonGe- sundheitskompetenz vor: „Gesundheits- kompetenz ist der Grad, zu dem Individu- en durch das Bildungs-, Sozial- und/oder Gesundheitssystem in die Lage versetzt werden, die für angemessene gesund- heitsbezogene Entscheidungen relevan- ten Gesundheitsinformationen zu finden, zu verarbeiten und zu verstehen“. Hierzu werden zwei Aspekte als unverzichtbar für gesundheitskompetente Organisationen angesehen: Einerseits müssen valide und verlässliche Gesundheitsinformationen vorliegen, die kritisch bewertet und vor al- lem auch zielgruppengerecht aufbereitet werden (s. Tab. 1: Beispielhafte Quellen für valide, laienverständliche Gesundheitsin- formationen im Internet). Andererseits sei eine verständliche, wertschätzende und auf die individuellen Bedürfnisse abge- stimmte Kommunikation essenziell dafür, dass die Gesundheitsinformationen den Patienten auch erreichen. Zu einer guten Kommunikation gehöre auch, dem Pati- enten zuzuhören und zunächst gemein- sam und ergebnisoffen die individuellen Behandlungsziele zu ermitteln. Wodurch sich eine gesundheitskompetente Einrich- tung – ein Krankenhaus, ein Gesundheits- amt, aber auch eine Apotheke - weiterhin auszeichnet, ist in Tabelle 2 dargestellt. Nach den teilweise alarmierenden Ergeb- nissen der ersten Studie zur Gesundheits- kompetenz der Bevölkerung (HLS-GER) aus dem Jahr 2016 veröffentlichte eine Ex- pertengruppe unter der Schirmherrschaft des damaligen Bundesgesundheitsminis- ters Hermann Gröhe 2018 den Nationa- len Aktionsplan Gesundheitskompetenz. 4 Dieser beinhaltet 15 Empfehlungen, die zur Erhöhung der Gesundheitskompetenz beitragen sollen. Besonders hervorgehoben wird die Notwendigkeit, die Förderung von Ge- sundheitskompetenz so früh wie mög- lich im Lebenslauf zu beginnen und in allen Lebensphasen beizubehalten. Daher sollte das Thema fest in Bildungs- und Lehrpläne von Kindertageseinrichtungen, Schulen, außerschulischen Bildungsan- geboten und der Erwachsenenbildung integriert werden, z. B. in Form von ge- sundheitsbezogenen Projektwochen Nationaler Aktionsplan Gesundheitskompetenz
oder – langfristig – durch die Etablierung eines eigenen Schulfachs „Gesundheit“. Auch am Arbeitsplatz sollen Maßnahmen zur Förderung der Gesundheitskompetenz ins betriebliche Gesundheitsmanagement integriert werden. Von besonderer Bedeu- tung ist eine gute Gesundheitskompetenz im Bereich der Lebens- und Genussmit- tel. Diese müssen klar und verständlich gekennzeichnet werden, beispielsweise durch ein Ampelsystem. Irreführende Werbung im Sinne der inzwischen nicht mehr propagierten „Extraportion Milch“ sollte ebenso verboten werden wie die an Kinder gerichtete Werbung für ungesun- de Produkte generell. Hier wird das oben erwähnte Zusammenspiel zwischen per- sönlicher und organisationaler Gesund- heitskompetenz deutlich: Nicht nur das persönliche Wissen des einzelnen darü- ber, welche Lebensmittel beispielsweise ungesund sind, darf darüber entscheiden, ob das Lebensmittel konsumiert wird; die Verantwortung dafür liegt genauso bei der Politik bzw. den Herstellern, die die Produkte entsprechend kennzeichnen müssen, um eventuell mangelndes Wis- sen des Konsumenten zu kompensieren. Da Gesundheitsinformationen immer mehr über das Internet verbreitet werden, empfiehlt der Aktionsplan eine gezielte Förderung von Medienkompetenz – vor allem müsse es erleichtert werden, Her- kunft und Qualität gesundheitsbezogener Inhalte beurteilen zu können. Eine weitere Forderung des Aktions- plans bezieht sich auf die Kommunikation zwischen Gesundheitsprofessionen und Nutzern. Dass Patienten häufig Schwierig- keiten haben, die an sie vermittelten Infor- mationen zu verstehen und zu behalten, DIE TEACH-BACK-METHODE Die Teach-Back-Methode ist eine Tech- nik der Gesprächsführung. Indem man den Gesprächspartner die ver- mittelte Information wiederholen lässt, versichert man sich, dass dieser die Inhalte verstanden hat und abru- fen kann. Dies lässt wiederum Rück- schlüsse auf die kommunikativen Fä- higkeiten der vermittelnden Person zu. Schulungsmaterialien und Videos zum Erlernen der Methode finden sich unter www.teachbacktraining.org.
AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal / 13
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