Fortbildung aktuell – Das Journal Nr. 2/2022

GESUNDHEITSKOMPETENZ

TABELLE 1: Verlässliche Patienteninformationen im Internet.

Bedeutung, weil sich das Verständnis der Rollenverteilung im Gesundheitswesen zunehmend ändert. Während früher ein eher hierarchisches Verhältnis von Heilbe- rufler und Patient vorherrschte – der Arzt oder Apotheker gibt die Anweisung, der Patient führt sie aus –, bekommt heute eine partizipative, informierte Entschei- dungsfindung auf Augenhöhe einen im- mer höheren Stellenwert („Shared Decis- ion Making“). Voraussetzung dafür ist die Möglichkeit, sich als Patient aktiv über die relevanten Fragestellungen informieren zu können, um die zum Beispiel vom Arzt vorgeschlagene Behandlungsoption ver- stehen und nachvollziehen zu können und bei Verständnisproblemen um Erklärung zu bitten. Im Alltag kann dies einerseits an Zeitmangel und Überlastung, ande- rerseits auch an beiderseitig defizitären kommunikativen Fähigkeiten scheitern. Im HLS-GER 2 gaben etwa die Hälfte der Befragten an, dass es schwierig oder sehr schwierig sei, ausreichend Gesprächszeit z. B. mit dem Arzt zu bekommen oder die verwendeten medizinischen Begriffe zu verstehen. Erwartungsgemäß ist der Wert bei niedrigem Bildungs- und Sozial- status höher. Insgesamt ist der Anteil an Personen mit inadäquater oder proble- matischer kommunikativer Gesundheits- kompetenz mit 35,7 % niedriger als in den anderen untersuchten Teilbereichen. Dennoch besteht auch hier erheblicher Handlungsbedarf, vor allem auch ange- sichts der Tatsache, dass kommunikative Schwierigkeiten besonders vulnerable Gruppen wie Ältere und chronisch Kranke betreffen, die zudem besonders häufig mit dem Gesundheitssystem in Kontakt kommen. Wie oben erwähnt, hängt die Gesund- heitskompetenz nicht nur von den indivi- duellen Fähigkeiten des Einzelnen ab, son- dern auch von Umgebungsbedingungen und der Komplexität des Gesundheits- systems und der zur Verfügung gestellten Informationen. Das Deutsche Netzwerk Gesundheitskompetenz e. V. hat diesen Aspekt in einem Positionspapier hervor- gehoben: Es sei ein Ausdruck sozialer Ungleichheit, wenn man Menschen, die durch niedrigen sozioökonomischen Sta- tus oder durch eingeschränkte Kognition ohnehin struktureller gesundheitlicher Organisationale Gesundheitskompetenz

www.gesundheitsinformation.de

· herausgegeben vom IQWIG · gesetzlicher Auftrag zur Information der Öffentlichkeit · englische Schwesterseite: www.informedhealth.org · herausgegeben vom ÄZQ (Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin) im Auftrag von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung · Informationen auch in Fremdsprachen und leichter Sprache · herausgegeben vom Bundesministerium für Gesundheit · Kooperation mit IQWIG, Krebsinformationsdienst und RKI · herausgegeben vom Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg · herausgegeben von der österreichischen Sektion der Cochrane Collaboration · Überprüfung von Gesundheitsbehauptungen aus Werbung und Medien · transparente Darstellung der bestverfügbaren Evidenz · Angebot der Verbraucherzentrale · Informationen über Sicherheit und Wirksamkeit, Kennzeich- nung, Werbung und Vertriebswege von Nahrungsergän- zungsmitteln · Marktchecks · Angebot der Verbraucherzentrale · Schaffung von Transparenz bei digitalen Gesundheitsinfor- mationen · Aufklärung über irreführende, unzulässige und gefährliche Gesundheits- und Produktinformationen im Internet · unabhängiges Online-Magazin der Medizinjournalistinnen Dr. Iris Hinneburg und Silke Jäger · Bekanntmachung verlässlicher Gesundheitsinformationen, um informierte Entscheidungen zu ermöglichen · Orientierungshilfe im Gesundheitswesen · Inhalte für Laien und Fachkreise · kostenlose telefonische Beratung

www.patienten-information.de

www.gesund.bund.de

www.krebsinformationsdienst.de

www.medizin-transparent.at

www.klartext-nahrungsergaenzung.de

www.faktencheck-gesundheitswer- bung.de

Plan G – Gesundheit verstehen www.riffreporter.de/de/magazine/ plan-gesundheit

TABELLE 2: Merkmale gesundheitskompetenter Organisationen 9

Gesundheitskompetente Organisationen … ... stellen den betroffenen Menschen mit seinen individuellen Bedürfnissen, Fähigkeiten, Wert- vorstellungen, Zielen und seinem sozialen Umfeld ins Zentrum und richten ihre Strukturen und Prozesse daran aus, ihm individuell angemessene Entscheidungen zu ermöglichen. ermöglichen Menschen mit unterschiedlichen körperlichen, kognitiven, sprachlichen, ethni- schen, kulturellen oder weiteren individuellen Voraussetzungen die größtmögliche Teilhabe an allen Versorgungsprozessen und -entscheidungen. unterstützen Patient*innen und Bürger*innen bei der Orientierung im Gesundheitssystem. bilden die in ihnen arbeitenden Menschen darin aus und fort, bei gesundheitsbezogenen Entscheidungen bestmöglich auf die individuellen Voraussetzungen und Anforderungen der Patient*innen und Bürger*innen einzugehen. ermöglichen den in ihnen arbeitenden Menschen sowie Patient*innen und Bürger*innen den Zugang zu wissenschaftlich belastbaren, hochwertigen, verlässlichen und verständlichen Gesundheitsinformationen im Sinne der „Guten Praxis Gesundheitsinformation“. bieten alle verlässlichen Informationen in unterschiedlichen, individuell angepassten, nicht direktiven Formaten an. binden betroffene Patient*innen und Bürger*innen in die Entwicklung, Implementierung und Evaluation von organisationsinternen Strukturen, Prozessen und Informationen ein. ... etablieren Kommunikationsstrukturen auf Augenhöhe mit Patient*innen und Bürger*innen, die zu Fragen ermutigen und bestmögliches individuelles Verstehen sicherstellen.

Benachteiligung ausgesetzt sind, die Verantwortung für ihre Gesundheit al- lein aufbürdet. 8 Vielmehr müsse die För- derung von Gesundheitskompetenz als

gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstan- den werden, bei der vor allem Einrichtun- gen der Gesundheitsversorgung – also auch Apotheken – eine besondere

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