Fortbildung aktuell – Das Journal Ausgabe 2023

DR. C . FEHSKE / DR. BENNETT / DR. HASBACH / DR. K. FEHSKE

werden aber bislang weder für Diagnose oder Behandlungsbegleitung empfohlen 3 .

in Arztpraxen in aktuellen Leitlinien als Messmethode der Wahl empfohlen wird (u.a. NVL Hypertonie 2023 1 , ESH Guideline arterial hypertension 2023 8 ).

kleinere Manschetten werden typischer weise von den Messgeräteherstellern als Zubehör angeboten.

„Weiße Kittel“ als berühmte Störgröße für Blutdruckmessungen

Handgelenk-Messgeräte

Dreifachmessung mit Mittelwertbildung nicht nur, sondern auch in Apotheken

Probleme durch inadäquate Manschet tengrößen treten bei Handgelenkmes sungen seltener auf, weil der Umfang des Handgelenks weniger variiert (Ausnahme: Sportler). Bei extrem starken Oberarmen adipöser Patienten kann daher ein Aus weichen auf Unterarm-Messungen eine Alternative darstellen, sie sind außer dem aufgrund der geringeren Größe und einfachen Handhabung (anzulegen wie eine Armband-Uhr) bei vielen Patienten beliebt. Dem höheren Komfort steht al lerdings eine herstellerunabhängig (weil physiologisch / methodisch bedingt) ge ringer einzuschätzende Messgenauigkeit gegenüber, denn sämtliche die Gefäße lastizität beeinträchtigenden Umstände (Arteriosklerose, Diabetes, Rauchen, Alter ab 60 Jahren etc.) betreffen kleinere Ge fäße tendenziell stärker als größere, daher gelten alle für OZ-Messungen allgemein genannten Einschränkungen bei Hand gelenksmessungen in besonderer Weise, und für Geräte die lediglich an den Fingern messen umso mehr. Unter anderem wegen der beschriebe nen Probleme mit zu großen oder zu klei nen Druckmanschetten sowohl für aus kultatorische als auch oszillometrische Messungen wird seit langem intensiv an „manschettenlosen“ (engl.: „cuffless“) Blutdruckmessmethoden geforscht, die z. B. in Wearables, Smartwatches etc. eingebaut werden. Tatsächlich existieren bereits bis zur Marktreife entwickelte „manschettenlose“ Messmethoden, die zum Beispiel auf Infrarot-Messungen oder Doppleruntersuchungen mit Photosen soren basieren. Trotz vielversprechender Ansätze kann ihr Einsatz bisher noch nicht empfohlen werden, weil es noch keine zuverlässigen Validierungsmöglichkeiten gibt. Viele der von Herstellern bereits in tensiv beworbenen Geräte müssen regel mäßig durch Vergleichsmessungen mit den etablierten Methoden kalibriert wer den, und eignen sich eher um individuelle Blutdruckveränderungen im Tagesverlauf verfolgen und aufzeichnen zu können, „Manschettenloses“ Blutdruckmessen in Wearables, Smartwatches etc.

Sollte ein Patient mit arteriosklerotisch veränderten Gefäßen zu Hause mit sei nem Handgelenks-OZ-Gerät andere Wer te messen als sein Arzt mit dem Stetho skop, könnte das wie zuvor beschrieben einerseits durch die Limitationen der OZ Messmethode erklärbar sein – anderseits aber auch durch die bloße Anwesenheit eines Arztes beim Messen. Dieser als „Weißkittelhypertonie“ bekannte Effekt ist der Grund dafür, dass in internationa len Leitlinien für Blutdruckmessungen (z. B. ESC) in der Arzt-Praxis um 5 mmHg hö here Grenzwerte gelten als bei Patienten selbst- oder 24h-Messungen. Man erklärt sich diese erhöhten Werte bei etwa 30 40% der Patienten durch einen erhöhten Stresslevel in der Arztpraxis – etwa auf grund von Sorge wegen einer Diagnose oder Therapie, wegen des Arztbesuches an sich. Auch das genaue Gegenteil ist al lerdings beschrieben worden: Bis zu 15% der Hypertonie-Patienten könnten unter einer sogenannten „maskierten Hyperto nie“ leiden, bei welcher in der Arztpraxis noch „hochnormale“ Werte gemessen werden, die nach Rückkehr in die Stress auslösende Umgebung jedoch in behand lungsbedürftige Höhen schnellen. Be troffen sind vor allem jüngere Menschen mit hohem beruflichen oder privaten Stresslevel. Zur Vermeidung (bzw. Diagnose) eines Weißkitteleffektes bzw. einer maskierten Hypertonie werden imWesentlichen zwei Alternativen zur Praxisblutdruckmessung empfohlen, seit kurzem eine dritte 1 : 1. Ambulante 24h-Blutdruckmessungen (ABPM) 2. Heimblutdruckmessungen (HBPM) 3. neu: Praxismessung als „Dreifachmes sung“ mit Mittelwertbildung aus 2. und 3. Messung Während für die beiden erstgenannten Messmethoden (ABMP und HBPM) eine große Fülle an Daten, Erfahrungen und Empfehlungen existieren, gilt dies (noch) nicht für die erstmals in der SPRINT-Studie verwendete, und seither intensiv disku tierte Methode der „Dreifachmessung mit Mittelwertbildung“, die nicht nur für Messungen in Apotheken, sondern auch

Auch wenn bisher noch unklar ist, ob ein „Weißkitteleffekt“ auch bei Messungen in der Apotheke existiert, orientiert sich die „Standardarbeitsanweisung Blutdruck messung in der Apotheke“ der BAK 6 an der neuen Dreifachmessungs-Methode mit Mittelwertbildung. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass bekanntermaßen das Ver trauen auf eine Einzelblutdruckmessung fehlerbehaftet ist (S: +3 bis +10 D: -2 bis +1). Intensiv diskutiert wird allerdings auch ein zweiter Aspekt dieser erstmalig in SPRINT verwendeten neuen Messmetho de: Denn um den Weißkitteleffekt mög lichst klein zu halten, wurden dort Drei fachmessungen mit Mittelwertbildung in den meisten Fällen automatisch und damit erstmals in einer großen Blutdruck studie unbeaufsichtigt durchgeführt. Die so ermittelten Werte ähnelten tatsäch lich stärker Werten aus Ambulanten 24h Blutdruckmessungen (ABPM) und Heim blutdruckmessungen (HBPM) als solchen aus klassischen Praxismessungen, so dass angenommen wird, dass sich der Weiß kitteleffekt durch unbeaufsichtigte Mes sungen deutlich reduzieren lässt 3 . Trotz dieses scheinbaren Vorteils empfiehlt die neuste ESH-Guideline Ärzten vorerst, zwar Dreifachmessungen mit Mittelwert bildung aus 2. und 3. Messwert durchzu führen, dabei aber weiterhin anwesend zu bleiben 8 . Als wichtigster Grund wird angeführt, dass SPRINT (bisher) die einzige große Studie war, in welcher Blutdruck werte auf diese Weise bestimmt wurden. Die Übertragbarkeit so gemessener Werte auf die verfügbare Evidenz zu Risiken bzw. Risikoreduktion ist daher noch unklar, ob also z. B. ein Korrekturfaktor zur Umrech nung in mit „klassischen Messmethoden“ ermittelte Blutdruckwerte möglich / er forderlich ist. Auch für Messungen in Apo theken erscheint daher eine Orientierung an der aktuellen ESH-Guideline für Praxis messungen ratsam (selbst wenn konkre te Empfehlungen für pharmazeutisches Personal dazu noch fehlen), also vorerst noch keine unbeaufsichtigten Dreifach messungen durchzuführen. Denn inzwi schen sind auch in Deutschland Geräte

AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal / 19

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