Fortbildung aktuell – Das Journal Ausgabe 2023

RISIKOERFASSUNG HOHER BLUTDRUCK

TABELLE 1: Größenordnungen von Stör- und Fehlerquellen beim Blutdruckmessen (mod. nach Kallioinen et al. 7 ).

angepasst wird. Erhöhter Puls und Blut druck nach einem Streitgespräch oder Treppensteigen wären demnach normal und nichts, was für die Standard-Risikoer fassung (außerhalb z. B. von Belastungs Blutdruckmessungen etwa bei einer Fahrrad-Ergometrie) von primärem In teresse ist. Ziel einer Blutdruckmessung in der Apotheke ist stattdessen die Be stimmung von Ruheblutdruckwerten, die durch eine Vielzahl von Faktoren gestört werden kann, und auf die bei Messungen in der Apotheke geachtet werden sollte. Zur Abschätzung der Einflussgröße sind in Tabelle 1 die Abweichungen für sys tolischen (SBP) und diastolischen (DBP) Blutdruck als gerundete Fehlerbreiten in mmHg angegeben, die durchschnittlich zu erwarten sind. Eine Mahlzeit, der Genuss von Alko hol oder koffeinhaltigen Getränken, aber auch Nikotin-Konsum bzw. -Exposition kurz vor der Untersuchung können den Blutdruck z. T. deutlich beeinflussen. Auch Blutdruckmessungen sollten daher (im doppelten Sinn) „nüchtern“ erfolgen (mindestens 30 min. Abstand zu einer Blutdruckmessung). Sprechen während der Messung kann die Werte der Mes sung deutlich erhöhen (Cave: „Logorrhö Patienten“), es wird zusätzlich auch dem Untersuchenden empfohlen die Messung schweigend durchzuführen, um Ablen kungen zu vermeiden. Angst, Schmerz, Freude, Aufregung und z. B. eine gefüllte Harnblase erhöhen den Sympathikotonus, und damit Herzfrequenz und Blutdruck. Es sollte also in ruhiger und entspannter Umgebung, nach mind. 5 min. Ruhepha se und nicht mit gefüllter Harnblase ge messen werden. Kälteexposition kurz vor / während der Messung kann den Blut druck ebenfalls deutlich erhöhen, je nach Außentemperatur sollte also abgewartet werden, bis sich ein eventuell frierender Patient aufgewärmt hat. Auch sehr kalte Hände des Untersuchenden, bzw. ein sehr kaltes Stethoskop können einen kleinen Ef fekt haben, beides sollte daher möglichst vermieden werden. Die Körperposition beim Messen ist von großer Bedeutung – nicht nur muss zwingend im Sitzen ge messen werden (statt im Stehen oder Lie gen), sondern der zu Messende soll auch einen Sitz mit Rückenlehne haben und diese benutzen, die Beine dürfen nicht auf Kniehöhe übereinandergeschlagen sein, sondern entspannt nebeneinander abgestellt. Der Arm sollte beim Messen

Fehlerbreite in mmHg, gerundet

Stör- bzw. Fehlerquelle

Systolischer Blutdruck (SBP)

Diastolischer Blutdruck (DBP)

-6

-5 bis -1,9

Messung unmittelbar nach Mahlzeit Messung unmittelbar nach Alkoholkonsum Messung unmittelbar nach Koffeinkonsum

-24 bis +24

-14 bis +16

+3 bis +14

+2 bis +13

+3 bis +25

+2 bis +18

Messung unmittelbar nach Nikotinkonsum (oder -exposition)

+4 bis +33 +5 bis +32 +4 bis +12

+3 bis +19 +4 bis +23 +2 bis +4

Messung mit gefüllter Blase

Messung nach Kälte-Exposition nicht ausreichende Ruhephase vor Messung

Körperposition - stehend - auf dem Rücken liegend

-3 bis +5 -11 bis +10 +3 bis +15

+7 -13 bis +6 +1 bis +11

Beine auf Kniehöhe übereinander geschlagen

+7

keine Rückenlehne

-

+3 bis +5 +3 bis +12

Keine Unterlage für den Arm Arm niedriger als Herzhöhe Messung an gelähmtem Arm falsche Manschettengröße - zu klein („undercuffing“) - zu groß („overcuffing“) Manschette über Kleidung Sprechen während der Messung Vertrauen auf Einzelmessung

+5

+4 bis +23

+5

+2

+2 bis +7 -5 bis -1

+2 bis +11 -4 bis -1

-

-

+5 bis +14

+9 bis +19 +3 bis +10

-2 bis +1

-

Kurzer Abstand zwischen Einzelmessungen

-

-8 bis 21

Weißkitteleffekt

-13 bis +27

gemessen werden. Kaum einen Einfluss hat übrigens eine nur sehr kurzeWartezeit zwischen zwei Messungen, oder wenn die Manschette über Kleidung angelegt wird (solange es nicht zu Stauungen kommt). Die Manschette sollte 2,5 cm oberhalb der Ellenbogenbeuge angebracht sein, bei der auskultatorischen Methode ist ggf. die Lage des Mikrofons zu überprüfen, vor allem aber muss die Manschette passen, also die richtige Größe haben! Typische „Standard-Oberarm-Manschetten“ de cken Umfänge von 22-42 cm ab, was für sehr muskulöse oder adipöse Patienten zu eng sein kann. Man spricht von sog. „un dercuffing“, und es ergeben sich zu hohe Messwerte. Umgekehrt würden zu große / zu weite Manschetten zu einem „over cuffing“ führen z. B. bei Kindern, oder sehr dünnen/fragilen Älteren, mit der Folge zu niedriger Messwerte. Größere bzw.

abgestützt werden, denn beim freien Hal ten des Gerätes am Handgelenk ergeben sich störende Muskelbewegungen und ein Blutdruckanstieg durch die geleistete Arbeit. Messungen an gelähmten Armen verfälschen die Ergebnisse ebenfalls. Blut druckmessungen müssen unbedingt in Herzhöhe durchgeführt werden, denn 10 cm Höhenunterschied ergeben rund 7 bis 8 mmHg Unterschied beim gemesse nen Blutdruck. Dies muss besonders bei den Handgelenkgeräten berücksichtigt werden, denn während eine Oberarm manschette sich im Prinzip automatisch auf Herzhöhe befindet, kann die Position eines Handgelenkmessgerätes während der Messung deutlich (!) davon abwei chen (Messungen am „hängenden Arm“). Sollten sich an den Armen unterschied liche Messwerte ergeben, sollte fortan immer am Arm mit den höheren Werten

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