Mitteilungsblatt 4/2018, 5. Oktober 2018

RATGEBER APOTHEKENPRAXIS

Ein Fall aus CIRS-Pharmazie

> CIRS-Pharmazie NRW ist eine gemeinsame Initiative der Apothe- kerkammern Nordrhein (AKNR) und Westfalen-Lippe (AKWL). Die Buchstaben „CIRS“ stehen für Critical Incident Reporting-System, zu Deutsch „Datenbank für kritische Ereignisse“. Es handelt sich um ein internetgestütztes, einrich- tungsübergreifendes Berichts- und Lernsystem für Apotheken zur anonymen Meldung von Medikati- onsfehlern oder Beinahe-Schäden. Das Berichts- und Lernsystem CIRS-Pharmazie NRW kann einen wichtigen Beitrag zum Risikoma- nagement in Apotheken leisten. In diesem Fall geht es um eine sogenann- te Sound-alike-Problematik: Aufgrund der ähnlich klingenden Namen wurde „Ultibro Breezhaler“ mit „Utipro plus“ verwechselt. Ultibro Breezhaler ist ein verschreibungs- pflichtiges Arzneimittel mit den Wirkstof- fen Glycopyrroniumbromid und Indaca- terol, das bei COPD angewendet wird. Bei Utipro plus handelt es sich um ein Medizinprodukt mit Hibiscusblüten- und Propolis-Extrakt. Bei der Abgabe von Arzneimitteln in der Apotheke ist immer die Plausibilität der Verordnung zu prüfen. Dazu gehört, unter anderemmit Hinblick auf die Sound-alike- Problematik, auch die Frage, ob es sich um das richtige Arzneimittel handelt. Fragen lassen sich am besten in der Apotheke im direkten Kontakt mit dem Patienten klä- ren. Doch wie sollte man vorgehen, wenn die Arzneimittel per Boten geliefert wer- den und/oder der Patient die Arzneimittel nicht persönlich entgegennimmt?

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Utipro oder Ultibro? Folgendes Ereignis fiel an der Schnittstelle Apotheke-Patient auf:

Fall-Nr: 179917

Altersgruppe des Patienten: 81 – 90

Wo sehen Sie Gründe für dieses Ereignis und wie hätte es vermieden werden können? In der Arztpraxis hätte durch bessere Aufklärung der rezeptausstellenden Mitarbeiter über „Sound alikes“ bzw. genaueres Nachfragen, was der Patient möchte, oder durch Rückspra- che mit dem Arzt die Verwechselung vermieden werden können. In der Apotheke hätte sich das Problem nur bei direkter Vorstellung des Patienten direkt beheben lassen können. Bei der Belieferung wurde trotz vorherigem Anruf („Wir beliefern Sie heute mit Ihren vorbestellten Arz- neimitteln.“) der Fehler nicht aufge- deckt. Das genaue Aufzählen der Arznei- mittel am Telefon hätte vielleicht Licht ins Dunkel gebracht, aber aufgrund der hohen Anzahl der Arzneimittel und des hohen Alters des Patienten wäre der Fehler vermutlich nicht aufgefallen.

Was ist passiert? Ein Patient hat bei einem Arzt telefo- nisch Rezepte vorbestellt. Diese wur- den von der Apotheke aus der Praxis abgeholt und dann dem nicht mobilen Patienten geliefert. Verordnet war unter anderem Utipro plus auf Privat- rezept, die Dosierung von 2x1 Kapsel wurde auf der Packung vermerkt. Nach Belieferung rief die Frau des Patienten in der Apotheke an und fragte nach, wo der Inhalator für die verordneten Kapseln sei. Auf Nachfrage der Indika- tion (laut Verordnung war es ja Utipro plus bei Blasenentzündung) stellte sich heraus, dass der Patient ULTIBRO Breezhaler in der Arztpraxis bestellt hatte. Es erfolgte eine Rücksprache mit der Praxis, das richtige Medikament wurde geliefert. Was war das Ergebnis? Der Patient und seine Ehefrau waren verunsichert, da kein Inhalator in der Packung war. Da kein Inhalator vorhan- den war, wurde verhindert, dass der Patient das ungeeignete Arzeimittel zu sich nimmt.

Wer berichtet? Apotheker/Apothekerin

18 / AKWL Mitteilungs blatt 04-2018

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