Mitteilungsblatt 4/2018, 5. Oktober 2018

APOTHEKERSTIFTUNG

Professor Heribert Prantl gestaltete nach der Begrüßung durch Gabriele Regina Overwiening (mittleres Bild) den diesjährigen Festvortrag, zu dem die Apothekerstiftung Westfalen-Lippe in den Erbdrostenhof geladen hatte, und beleuchtete dabei die Frage, inwieweit im Gesundheitswesen noch die Ethik vor dem Kommerz steht.

Heribert Prantl zur Ethik im Gesundheitswesen „ Arzneimittel sind keine Schnürsenkel “ 180 Besucher bei der 11. Vortragsveranstaltung der Apothekerstiftung im Erbdrostenhof

noch so viele Menschen gesund, wie nötig sind, die Kranken zu pflegen, und er ist ein reicher Mann. Werte wie Barmherzigkeit, Mitleid – sie passen nicht zur Ökonomie, sie seien für Pflegebedürftige und Kranke jedoch das Wichtigste. „Unser Gesundheitssys- tem krankt am mangelnden sich Küm- mern“, stellte Prantl fest. Die Ethik des Apothekers liege dabei im Spagat zwi- schen Heilberufler und Kaufmann. Seine Leistung solle sich an der Beratung mes- sen, nicht an der Zahl der abgegebenen Packungen. „Die Beratung ist der Mehr- wert gegenüber DocMorris und Co.“, sag- te Prantl. Eine „Amazonisierung“ des Apo- thekenmarktes nannte er fatal. In ihrer Begrüßung ging Gabriele Re- gina Overwiening als Vorstandsvorsitzen- de zuvor schlaglichtartig auf einige durch die Apothekerstiftung geförderte Projekte ein: von der Versorgung von Patienten mit Fachliteratur zu medizinischen und phar- mazeutischen Themen durch eine „Apo- theken Bibliothek“ über die Verbesserung der Therapie von Parkinson-Patienten bis hin zur Verleihung des Journalistenprei- ses, der anspruchsvolle Beiträge zu phar- mazeutischen Themen auszeichnet. <

einer Kfz-Werkstatt.“ Der Patient wäre nicht mehr Patient, sondern Kunde. In vie- len Krankenhäusern würde er schon heute als solcher bezeichnet. Medikamente seien jedoch keine Autoreifen, keine Schnürsenkel – keine Handelsware wie jede andere. Kritik übte Prantl an der Praxis der Importe und Re- Importe von Arzneimitteln. Die damit ver- bundene „Umetikettierung“ sei unüber- sichtlich und ein Einfallstor für Kriminelle. Zwar legal und politisch gewollt, sorge die Importquote dafür, „dass die Arzneimit- telsicherheit zerrieben wird“. Der Apothe- ker könne immer weniger die Qualität der abgegebenen Medikamente garantieren – fatal für den Berufsstand, dessen Zu- kunft und Reputation doch am Vertrauen der Patienten hingen, so Prantl. Warum aus der Medizin keine Industrie werden dürfe, machte er an einer Tragikomödie von Jules Romains fest, in der Landarzt Dr. Knock seinen Dienst in einem Bergdorf namens St. Maurice angetreten hat. Die Praxis seines verarmten Vorgängers Pa- palaid läuft schlecht, weil die Einwohner wohlauf und gesund sind. Dr. Knock än- dert dies gründlich: Am Ende gleicht das Dorf einem einzigen Hospital. Es bleiben

> Ein Plädoyer gegen die Ökonomi- sierung des Gesundheitswesens, gegen die „Verbetriebswirtschaftli- chung“ der Medizin – das war der Gastvortrag von Heribert Prantl bei der elften Vortragsveranstaltung der Apothekerstiftung Westfalen- Lippe. Der Jurist und Journalist ist Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung und sprach im vollbesetzten barocken Saal des Erbdrostenhofs zur „Ethik im Ge- sundheitswesen“. Der Einladung der Stif- tung waren über 180 Gäste aus Münster und dem Umland gefolgt, darunter unter anderem auch die ehemalige Landesge- sundheitsministerin Barbara Steffens und die Bundestagsabgeordnete Maria Klein- Schmeink, gesundheitspolitische Spreche- rin der Fraktion der Grünen. Heribert Prantl wandte sich gegen eine Gesellschaft, in der der Wert des Menschen am Lineal der Ökonomie ge- messen wird. Gegen ein Gesundheitssys- tem, in dem der Patient danach beurteilt wird, was sich an ihm verdienen lässt. „Ein Krankenhaus wäre dann das Pendant zu

AKWL Mitteilungs blatt 04-2018 / 15

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