Mitteilungsblatt 2/2025, 16. Mai 2025
RATGEBER APOTHEKENPRAXIS
Alles andere als harmlos Gefahren durch Nahrungsergänzungsmittel
> Im Vergleich zu Arzneimitteln ist der Handel mit Nahrungsergänzungs mitteln (NEM) kaum reguliert, da sie rechtlich zu den Lebensmitteln gehö ren. Für Nahrungsergänzungsmittel besteht lediglich eine Anzeigepflicht beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Was viele Konsument*innen nicht wissen: Ein behördliches Zulassungsverfahren ähnlich wie bei Arzneimitteln existiert für NEM nicht. Daraus ergibt sich – ne ben der Tatsache, dass außerhalb geneh migter Health Claims keine gesundheits bezogenen Aussagen gemacht werden dürfen –, dass unerwünschte Wirkungen und Risiken nicht systematisch erfasst werden. Dennoch existiert auch für Nah rungsergänzungsmittel ein teilweise nicht unerhebliches Gefährdungspoten zial durch nicht deklarierte Zusatzstoffe, Pestizidrückstände, Überdosierungen – z. B. Nierenschädigungen durch exzessive Vitamin-D-Einnahme oder neurologische Schädigungen durch Selen –, Wechselwir kungen mit der bestehenden Medikation oder problematische Eigenschaften der Substanz selbst. Im Bereich der Nahrungsergänzungsmit tel gibt es eine Vielzahl unseriöser Anbie ter, die angeblich „rein natürliche“ Präpa rate verkaufen, die in Wirklichkeit jedoch verschreibungspflichtige oder gar verbo tene Substanzen enthalten. Besonders in den Indikationsgebieten Potenzsteige rung oder Gewichtsabnahme werden in Stichproben der Überwachungsbehörden immer wieder undeklarierte Substanzen gefunden, beispielsweise Sildenafil oder der Appetitzügler Sibutramin, dessen Zu lassung aufgrund des erhöhten Risikos kardiovaskulärer Ereignisse seit Jahren ruht. Auch „rein pflanzliche“ Einschlaf hilfen mit Zopiclon-Varianten wurden entdeckt. „rein natürlich“ ist oft gefährlich Gepanschtes
Der Markt an Nahrungsergänzungsmitteln und angereicherten Lebensmitteln ist vielfältig und wächst stetig. In Einzelfällen können NEM sinnvoll sein. Für die überwiegend gut versorgte Bevölkerung sind sie aber nicht notwendig.
Synephrin. Begründet wird die Beurtei lung u. a. mit potenziellen Leberschäden (Cumarin, Curcumin, Schlafbeere), kardio vaskulären Effekten (Synephrin), hohem Interaktionspotenzial (Johanniskraut) so wie generell mit der Unkenntnis der als unschädlich anzusehenden Dosis. Die Empfehlungen haben (noch) keine rechtsverbindliche Wirkung, können aber für die Kundenberatung in der Apotheke herangezogen werden. Ebenfalls hilfreich sind die Höchstmengenvorschläge des Bundesinstituts für Risikobewertung. <
Alles andere als harmlos: toxische Eigen schaften der Substanzen
Neben Vitaminen und Mineralstoffen können Nahrungsergänzungsmittel defi nitionsgemäß auch „sonstige Stoffe“ ent halten, zu denen Pflanzen, Pflanzenteile, Pilze, Algen und vieles mehr gehören – die sogenannten „Botanicals“. Neben vielen überflüssigen, aber harmlosen Substan zen gehen von einigen dieser Präparate erhebliche Gesundheitsrisiken aus. So sind schwerwiegende Leberschädigun gen nach der Einnahme von z. B. Grüntee Extrakten, Curcumin und Ashwagandha beschrieben worden. Auch werden immer wieder Belastungen mit Schwermetallen und Pestizidrückständen detektiert. Die europäische „Heads of Food Safety Agencies“, ein Gremium der Leitungen europäischer Lebensmittelsicherheitsbe hörden, hat eine Liste mit Sub stanzen herausgegeben, die aufgrund ihrer möglicherweise gefährlichen Eigen schaften ein Gesundheitsrisiko darstellen können und daher nicht oder nur einge schränkt in Nahrungsergänzungsmitteln verwendet werden sollten. Dabei werden ¡ Substanzen als besonders kritisch für die Verwendung in Nahrungsergänzungs mitteln angesehen, unter anderem Cuma rin, Curcumin, Johanniskraut, Tryptophan, Piperin, Schlafbeere (Ashwaganda) und HoA-Liste mit kritischen Substanzen
QUELLEN
https://gutepillen-schlechtepillen.de/ gepanschtes/ 1 https://gutepillen-schlechtepillen.de/
https://www.bfr.bund.de/cm// aktualisierte-hoechstmengenvorschlaege fuer-vitamine-und-mineralstoffe-in-nah rungsergaenzungsmitteln-und-angereicher ten-lebensmitteln-.pdf 2 https://www.bfr.bund.de/cm/343/ fuer-vitamine-und-mineralstoffe-in nahrungsergaenzungsmitteln-und angereicherten-lebensmitteln-2024.pdf
10 / AKWL Mitteilungs blatt 02-2025
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