Mitteilungsblatt 2/2020, 14. Mai 2020

KOLUMNENTITEL RATGEBER APOTHEKENPRAXIS

In einen Medikationsprozess sind oftmals verschiedene Berufsgruppen und auch die Patienten eingebunden. Dies kann neben Risiken auch Chancen bieten. So können Medikationsfehler von jedem Beteiligten erkannt und behoben werden. Foto: ©Blue Planet Studio - stock.adobe.com

Vielen Dank an die Kollegen! Gemeinsammehr Sicherheit imMedikationsprozess schaffen

CIRS-NRW Bericht des 1. Quartals 2020

Vielen Dank, Apotheker/-innen! Der Arzt, welcher die Medikation aus dem Krankenhaus übernommen und nicht hinterfragt hatte, verschrieb Luminal® Tabletten (100mgPhenobarbital), obwohl es Luminaletten® (15 mg Phenobarbital) hätten sein sollen. Doch der Apotheker, der zuerst beim Arzt und zusätzlich im Krankenhaus nachfragte, deckte diesen schwerwiegenden Fehler auf und konnte einen Säugling vor einer schweren Über- dosierung mit Phenobarbital bewahren (Fall-Nr. 200035). Vielen Dank, Pflegefachkräfte! Das Pflegepersonal auf einer Intensivsta- tion konnte handschriftliche Einträge der Ärzte über Medikamentennamen und Dosierungen in der Arzneimittelkurve nicht eindeutig entziffern. Es wäre wie- derholt beinahe zu Fehlmedikationen und Falschdosierungen gekommen, wenn das Pflegepersonal nicht aufmerksam gewe- sen wäre und die Anordnungen der Ärzte nicht hinterfragt hätte (Fall-Nr. 205276).

Qualitätsverlusten oder zu Doppelungen in der Medikation. Eine unvollständige In- formation und unzureichende Beratung des Patienten kann in mangelnder Com- pliance und Adhärenz in der Arzneimittel- therapie münden. Die Übergänge zwischen den Sektoren sind kritische Stellen in der Arzneimittel- versorgung des Patienten. Neben Risiken bergen sie aber auch Chancen. Gerade weil oftmals verschiedene Berufsgruppen und auch die Patienten selbst imMedika- tionsprozess eingebunden sind, können Medikationsfehler von jedem Beteiligten erkannt und behoben werden. So kann je- der eine wichtige Sicherheitsbarriere sein. Bei CIRS-NRW wird immer wieder von Fällen berichtet, in denen solche Sicher- heitsbarrieren funktioniert haben und dadurch Medikationsfehler aufgedeckt und verhindert werden konnten: Vielen Dank, Ärztinnen und Ärzte! Ein Patient löste in der Apotheke ein Re- zept über Omeprazol gegen seine Re- flux-Beschwerden ein und erhielt nicht Omeprazol sondern Opipramol. In der Arzt-Sprechstunde berichtete er von Ab- geschlagenheit und extremer Müdigkeit. Die Arztpraxis deckte auf, dass die Apo- theke ein falsches Arzneimittel abgege- ben hatte und dadurch vom Patienten ein völlig ungeeignetes Medikament einge- nommen wurde (Fall-Nr. 200043).

> Am Medikationsprozess sind verschie- dene Berufsgruppen beteiligt. Die Ärz- te im Krankenhaus ordnen Arzneimittel an, die vom Pflegepersonal ausgegeben werden. Bei Entlassung übernehmen die Haus- oder Fachärzte die Versorgung, die Rezepte werden von den MFA ausgehän- digt. Die Patienten lösen die Rezepte in der Apotheke ein und erhalten ihre Me- dikation. Nun sind sie selbst gefragt, die verordneten Arzneimittel auch richtig anzuwenden und wie vom Arzt vorgese- hen einzunehmen. Wenn die Patienten in einem Heim oder von einem Pflegedienst betreut werden, dann sind ggf. weitere Ärzte und Pflegepersonen in den Medika- tionsprozess eingebunden. Fehler können bei allen Schritten im Medikationsprozess entstehen. Schnitt- stellen sind dabei besonders fehleran- fällig, da es an intersektoralen Gren- zen zu Organisationsproblemen mit un- geklärten Zuständigkeiten und auch In- formationsverlusten kommen kann. So können zum Beispiel Patienteninforma- tionen aufgrund unzureichender Kom- munikation von einer behandelnden Abteilung zur nächsten verloren gehen, die notwendige Arzneimitteltherapie wird dadurch gar nicht oder fehlerhaft fortgesetzt, es kommt zu Wirkungs- und Schnittstellen bergen Risiken, aber auch Chancen

Vielen Dank, Patientinnen und Patienten!

Ein Patient erhielt Budesonid-Kapseln mit einer zu hohen Dosierung als Vorga- be von der Arztpraxis. Aufgrund seiner erheblichen Unsicherheit, wie und wann die Arzneimittel eingenommen werden sollen, hakte der Patient bei Erhalt seiner

16 / AKWL Mitteilungs blatt 02-2020

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