Mitteilungsblatt 1/2018, 15. Februar 2018

GESUNDHEITSPOLITIK

Unklare gesundheitspolitische Agenda Honorar-„Schlechtachten“ statt Versandverbot? Wie geht es weiter nach der Bundestagswahl? Derzeit gibt es mehr Fragen als Antworten

auf einen funktionierenden Notdienst reduziert, mit Milliardenkürzungen jon- gliert und mehr als ein Drittel der Apo- theken von vorneherein aufgibt, der hat keine Basis für eine sachliche Diskussion geschaffen.“ Die Ausarbeitung des BMWi könne deshalb nicht Grundlage einer politischen Debatte sein. Und es kann auch nicht Grundlage für die gestalterische Arbeit der kommenden Bundesregierung wer- den. Dazu fehle es ihm an Substanz und Mehrheitsfähigkeit. Apropos Mehrheiten: Sofern CDU/ CSU und SPD eine gemeinsame Regierung bilden, darf man darauf gespannt sein, wer zukünftig das Bundesgesundheits- ministerium führen wird. Dass am 31. Januar der CDU-Bundestagsabgeordnete Erwin Rüddel (Bonn) zum Vorsitzenden des Bundestagsausschusses für Gesund- heit gewählt wurde, könnte ein Fingerzeig dafür sein, dass das Ministerium zukünftig von einem SPD-Politiker geführt wird. Im Gesundheitsausschuss ist inzwischen mit Mona Gabelmann (Die Linke) auch wieder eine Apothekerin vertreten, die zudemaus dem Einzugsbereich der AKWL (Siegen) stammt. <

> Seit mehr als vier Monaten gibt es etwas, was es seit den ersten Bundes- tagswahlen im Jahr 1949 so noch nicht gegeben hat, nämlich völlig unklare politische Verhältnisse. Neben der nach wie vor offenen Frage, ob sich jetzt CDU/CSU und SPD auf die Bil- dung einer Koalition verständigen können, sorgte auch ein Gutachten über die Ver- gütung der Apotheken für Unruhe und Unverständnis im Berufsstand. Zum Hintergrund: Das Bundeswirt- schaftsministerium hat im Frühjahr 2016 ein Gutachten zur Vergütung in Auftrag gegeben. Inhaltlich sollte es die Grundla- ge für eine strukturierte Reformdiskussion über eine zukunftsfeste und planungs- sichere Honorierung von Apothekenleis- tungen schaffen. Taktisch sollte es dem Ministerium wohl vor allem dazu dienen, sich über die laufende Legislaturperiode zu retten, ohne das Thema politisch an- fassen zu müssen. Das Gutachten war für September 2017 erwartet worden, also in der Zeit rund um die Bundestagswahl. Tatsächlich wurde es dann November, bis es erste In- formationen dazu gab. Und zudem ließen das Prozedere und das Produkt selbst dras- tische Mängel erkennen. „Zunächst muss man festhalten, dass es ganz schlechter

„ Diesem Gutachten fehlt es an Substanz und Mehrheits- fähigkeit. “ ABDA-Präsident Friedemann Schmidt BMWi sein Konvolut noch hastig und un- kommentiert auf seiner Webseite offiziell veröffentlicht. Die vor einer Veröffentli- chung zugesagte Sitzung des projektbe- gleitenden Beirates, dem auch die Apo- thekerschaft angehört, fand jedoch nicht statt. Sie wurde nach erratischen Ankün- digungen und erneuten Absagen erst für Januar anberaumt. „Dieses Vorgehen ist an sich schon fragwürdig. Nun, da der ge- samte Text bekannt ist, bestätigt sich au- ßerdem aufs Massivste der Eindruck, dass das Papier auch in der Sache unbrauchbar ist“, sagt der ABDA-Präsident. Friedemann Schmidt weiter: „Das Gutachten ist ei- gentlich fast schon ein Schlechtachten. Es geht von falschen Voraussetzungen aus, ist methodisch angreifbar und inhaltlich defizitär. Wer Arzneimittelversorgung politischer Stil ist, Journalisten fast im Ta- gesrhythmus Details eines unfertigen Pa- piers weiterzuleiten und zugleich den ver- sprochenen Dialog mit den betroffenen Akteuren schuldig zu bleiben", kritisiert ABDA-Präsident Friedemann Schmidt. Kurz vor Weihnachten hatte das

Hermann Gröhe (li.) ist nach wie vor als geschäftsführender Gesundheitsminister am Start, während Programm und Personen der neuen Bundesregierung noch „ausgewürfelt“ werden. Für die ABDA-Spitze um Friedemann Schmidt (re.) erschweren diese unklaren politischen Verhältnisse die Tätigkeit ungemein.

4 / AKWL Mitteilungs blatt 01-2018

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