Fortbildung aktuell – Das Journal Nr. 3/2020

DOSISANPASSUNG BEI NIERENINSUFFIZIENZ

Dialysen eine zusätzliche Dosis nach Ende der Dialyse notwendig. Bei kontinuierli- chen Verfahren ist das in der Regel nicht notwendig, hier sollte über den Tag hin- weg eine leicht angepasste Dosierung erfolgen. Wird ein Arzneistoff von einem kontinuierlichen Dialyseverfahren aller Voraussicht nach sehr gut entfernt, so kann es in einigen Fällen durchaus dazu führen, dass die Dosierung überhaupt nicht angepasst werden muss. Sind die grundlegenden Probleme bei der Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz bekannt, helfen bei den Abwägungen na- türlich auch entsprechende Literaturquel- len weiter. Erste Empfehlungen findet man re- gelmäßig in der Fachinformation. Selbst wenn hier zum Teil genaue Angaben zur Dosisanpassung fehlen, finden sich hier Informationen über den Grad der renalen Elimination, das Verteilungsvolumen, die Proteinbindung und die möglichen UAW. Es lassen sich also erste, wenn auch un- genaue Informationen darüber gewinnen, ob und in welchemMaß ein Arzneistoff in der Dosis angepasst werden sollte. Trotz der oben genannten Einschrän- kungen sind für die Arbeit entsprechende Bücher hilfreich und können Ansatzpunk- te für die eigenen Überlegungen bieten. Es bietet sich an, wenn keine entsprechende Datenbank verfügbar ist, zumindest zwei unterschiedliche Werke zu nutzen und da- bei die entsprechenden Empfehlungen zu vergleichen. Hierbei können auch Bücher verwendet werden, deren Fokus nicht auf der Niereninsuffizienz, sondern auf über- sichtlichen Monografien mit komprimier- ter Information zu den Arzneistoffen liegt, wie beispielsweise BNF, Martindale oder AHFS. Ist ein Buch gesucht, dass sich näher mit dem Thema der Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz beschäftigt, sind die folgenden zu empfehlen: • Aronoff GR. Bennett WM, Berns JS, Breier ME et al. Drug Prescribing in Renal Failure: Dosing Guidelines for Adults and Children. 5th Edition. 2007. • Ashley C, Dunleavy A (Hrsg.). The Re- nal Drug Handbook. 5th Edition. 2018. 4. Literatur zur Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz

PRAXISTIPP Fehlen in Fachinformation und ein- schlägiger Literatur Angaben zur Dia- lysierbarkeit eines Arzneistoffes oder widersprechen sich diese deutlich, so können der Grad der Proteinbindung und die Angabe des Verteilungsvolu- mens trotzdem einen guten Hinweis darauf geben, ob eine Dosisanpassung notwendig ist oder nicht.

• Nemecek BD, Hammond DA. Demys- tifying Drug Dosing in Renal Dysfunc- tion. 2019. • Seyffart G. Seyffart’s Directory of Drug Dosage in Kidney Disease. 2011. Häufig lassen sich Empfehlungen nur nach Sichtung von Originalliteratur geben (i. d. R. zugänglich über Pubmed, http:// www.pubmed.ncbi.nlm.nih.gov). Sind Volltexte nicht verfügbar, finden sich oft auch anhand der Abstracts Eindrücke über wichtige pharmakokinetische und -dyna- mische Veränderungen. REFERENZEN & LITERATUR 1 Vidal L, Shavit M, Fraser A, Paul M, Leibovici L: Systematic comparison of four sources of drug information regarding adjustment of dose for renal function. BMJ 2005; 331(7511): 263. 2 Vilay AM, Churchwell MD, Mueller BA: Clinical review: Drug metabolism and nonrenal clea- rance in acute kidney injury. Crit Care 2008; 12(6): 235. 3 Matzke GR, Aronoff GR, Atkinson AJ, et al.: Drug dosing consideration in patients with acute and chronic kidney disease-a clinical update from Kidney Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO). Kidney Int 2011; 80(11): 1122–37. 4 Levey AS, Stevens LA, Schmid CH, et al.: A new equation to estimate glomerular filtration rate. Ann Intern Med 2009; 150(9): 604–12. 5 Levey AS, Bosch JP, Lewis JB, Greene T, Rogers N, Roth D: A more accurate method to estimate glomerular filtration rate from serum creatini- ne: a new prediction equation. Modification of Diet in Renal Disease Study Group. Ann Intern Med 1999; 130(6): 461–70. 6 Schold JD, Navaneethan SD, Jolly SE, et al.: Im- plications of the CKD-EPI GFR estimation equati- on in clinical practice. Clin J Am Soc Nephrol PRAXISTIPP Die überwiegende Zahl der Arznei- stoffe hat ein Molekulargewicht von weniger als 2000 Dalton und gilt so- mit insbesondere bei den heutigen sehr effektiven Dialyseverfahren als dialysierbar. Wichtige Ausnahmen in Hinblick auf das Molekulargewicht stellen insbesondere die Biologika dar, zu denen auch die monoklonalen An- tikörper gehören, und deren Moleku- largewicht regelmäßig deutlich grö- ßer ist als 15000 Dalton.

mehr als 15000 Dalton, so werden sie re- gelmäßig nicht dialysiert. Dazwischen richtet sich die Dialysierbarkeit nach der Porengröße der Dialysemembran und der Effektivität des eingesetzten Verfahrens.

B) Dosierung bei Dialyseverfahren

In vielen Fällen, und insbesondere für die (kontinuierlichen) Dialyseverfahren auf Intensivstationen, finden sich regelmä- ßig keine hinreichenden wissenschaftli- chen Quellen, die eine sichere Dosierung ermöglichen. Gelegentlich gibt es in der Literatur einzelne Fallberichte oder An- wendungsbeobachtungen mit niedriger Patientenzahl, die vielleicht einen Hinweis über erforderliche Anpassungen geben können. Jedoch unterscheiden sich die Verfahren hinsichtlich der verwendeten Geräte, der eingesetzten Dialyselösungen und auch in Bezug auf die Dialysedosis, so dass eine direkte Übertragbarkeit auf den individuellen Fall oft nicht gegeben ist. Neben demDialyseverfahrenmuss zu- dem auf die bestehende Nierenrestfunk- tion geachtet werden. Insbesondere bei Dialyseeinsatz bei einem AKI besitzt die Niere oft noch eine Restausscheidung, die sich im Verlauf zum Teil auch wieder erho- len kann. Wird dies nicht berücksichtigt, kann es zu Unterdosierungen kommen. Relevant ist auch, dass sich beim in- termittierenden Hämodialyseverfahren (IHD) die Effektivität der Elimination im Laufe der Zeit durch die Weiterentwick- lung der Geräte weiter erhöht hat und äl- tere Daten aus dem Zulassungsverfahren einiger Arzneistoffe möglicherweise nur eingeschränkt auf die heute eingesetzten Verfahren übertragbar sind. Wird ein Arzneistoff durch ein Dialy- severfahren voraussichtlich gut entfernt, so ist insbesondere bei intermittierenden

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