Fortbildung aktuell – Das Journal Nr. 3/2020

GLUCOCORTICOIDE IN DER DERMATOLOGIE

TABELLE 6: Auswahl TIX-Werte Glucocorticoid

Wirksamkeit. Beispiele im Bereich der Glu- cocorticoide sind hier das Glucocorticoid in Verbindung mit einem Antimykotikum (zu Beginn der Therapie einer entzünd- lichen Mykose) oder bei staphylogenen Hautinfektionen in Verbindung mit einem Antiseptikum (z. B. Kombinationen mit Chlorhexitidingluconat und Octenidinhy- drochlorid gelten als plausibel). Bei Psoria- sis vom Plaquetyp hat sich die Kombinati- on mit Calcipotriol und Salicylsäure sowie mit Dithranol und Salicylsäure bewährt. Kombinationen aus > 2 Wirkstoffen sind insgesamt jedoch selten indiziert und soll- ten eher hinterfragt werden.

Reboundeffekte und Tachyphylaxie treten vor allem bei langer Anwendung auf. Schwach wirksame Glucocorticoide, wie z. B. Hydrocortison oder Prednisolon wirken bei sachgemäßer Anwendung nicht atrophierend. Insgesamt erhöht sich das Risiko uner- wünschter Arzneimittelwirkungen auch bei der Anwendung auf großen Körper- flächen. Generell soll bei Kindern max. 10 Prozent und bei Erwachsenen max. 20 Prozent der Körperoberfläche (KOF) mit dem Glucocorticoid versehen werden. Systemische Nebenwirkungen, wie sie bei starker Resorption, z. B. auf verletzter Haut oder Säuglingshaut, bei der Behand- lung großer Körperoberflächen oder auch bei der Behandlung mit sehr potenten, topischen Glucocorticoiden durchaus vorkommen können, wären u. a. Ödeme, Hypertonie, Glaukom, Hyperlipidämie, In- fektanfälligkeit, Muskelatrophie, Osteopo- rose und Cushing-Syndrom. Aus den unerwünschten Wirkungen ergeben sich die Kontraindikationen. Hier sind in erster Linie bakterielle, virale, para- sitäre Hautinfektionen und Mykosen der Haut zu nennen, aber die Anwendung bei Akne vulgaris, Rosacea und perioraler Der- matitis ist kontraindiziert. Nach wie vor werden Glucocorticoide ge- rade in der Magistralrezeptur in Kombina- tion mit anderen Wirkstoffen vorordnet bzw. sind auch als Fertigarzneimittel am Markt. Die S2k-Leitlinie zum Gebrauch von Präparationen zur lokalen Anwen- dung auf der Haut empfiehlt eine Fixkom- bination nur für Behandlungssituationen, wo in der Kombination ein Zusatznutzen zu erwarten ist. Dies kann z. B. eine bes- sere Adhärenz des Patienten sein oder unter Umständen eine bessere klinische KONTAKTALLERGIEN An Kontaktallergien auf Glucocortico- ide sollte gedacht werden, wenn das Ekzem oder die Dermatitis spätestens nach zwei Wochen nicht in irgendei- ner Weise auf das Glucocorticoid an- gesprochen hat. Kombinationen von Glucocorticoiden mit anderen Wirkstoffen

TIX-Wert

Betametasonvalerat Clobetasolpropionat

1,2 1,5 1,0

Hydrocortison

Triamcinolonacetonid

1,06

erwünschten Wirkungen. Diese Eigen- schaft erfüllen Methylprednisolonacepo- nat (z. B. Advantan®), Prednicarbat (z. B. Dermatop®), Hydrocortisonbutyrat (z. B. Alfason®) und Mometason (z. B. Ecural®). Prednicarbat und Methylprednisolo- naceponat werden zudem in der Haut metabolisiert, wodurch die Wirkdauer und UWA´s begrenzt werden. Aus diesem Grunde setzt man in der Pädiatrie gerne diese moderneren Glucocorticoide ein. Bei Säuglingen sollten Glucocorticoi- de der Klasse 3 und 4 nicht angewendet werden, ausschließlich Klasse 1 und 2 in verdünnter Form sind geeignet, die An- wendung im Gesicht ist nur in absoluten Ausnahmefällen vorbehalten. Da topische Glucocorticoide im Stra- tum corneum ein Depot bilden, reicht gerade bei Kindern die einmalige Anwen- dung. Eine häufigere Anwendung sollte wirklich nur in Ausnahmefällen erfolgen. Die Leitlinie Atopisches Ekzem empfiehlt, bis zum Abklingen der Läsionen und in Problemarealen eine Behandlungsdauer von wenigen Tagen nicht zu überschrei- ten (reaktive Strategie). Um Rezidiven vorzubeugen, kann eine proaktive- oder Intervalltherapie (d. h. ein- bis zweimali- ge Applikation in der Woche) auf den er- krankten Arealen bis zu sechs Monaten fortgesetzt werden. Vom Einsatz von Dexamethason wird in der Pädiatrie aufgrund schlechter Da- tenlage abgeraten. Auch für Indikationen bei Erwachsenen scheint dieses Glucocor- ticoid keinen großen Vorteil gegenüber den anderen schwach wirksamen Gluco- corticoiden zu haben. Generell gilt, dass das Glucocorticoid bei Kindern auf nicht mehr als 10 Prozent der Körperoberfläche appliziert wird (im Vergleich zu Erwachsenen von 20 Pro- zent). Die Handinnenfläche inklusive der Finger eines Kindes entspricht ca. 1 Pro- zent der KOF. Auch sollte die Richtkonzen- tration nicht überschritten werden. Tabelle 7 zeigt eine Übersicht über in der Pädiatrie verwendete Glucocorticoide und deren Anwendungsdauer.

Besondere Patientengruppen

Kinder, Schwangere und Patienten mit Al- tershaut stellen bei der Abgabe von Gluco- corticoiden besondere Gruppen dar.

Kinder

Bei Kindern werden Glucocorticoide ne- ben entzündlichen und allergischen Hau- terkrankungen vor allem für die Indikation atopisches Ekzem eingesetzt. Besonder- heit der Baby-/Kinderhaut sind v. a. die dünnere und lockerere Hornzellschicht, hohe Anzahl inaktiver Talgdrüsen, insge- samt eine unreifere epidermale Lipidbar- riere. Dies hat eine höhere transkutane Resorption zur Folge. Insgesamt sind ge- rade Säuglinge anfälliger gegenüber uner- wünschten Wirkungen von Glucocorticoi- den auf der Haut. Für den Einsatz bei Kindern kommt dem TIX-Wert (Therapeutischer Index) der Glucocorticoide als Orientierungshilfe eine besondere Bedeutung zu. Der TIX- Wert ist ein mathematischer Wert und beschreibt das Verhältnis erwünschter und unerwünschter Wirkung. Für den TIX- Wert werden als erwünschte Wirkungen die vasokonstriktive Wirkung und die an- tientzündliche Wirkung beim atopischen Ekzem im Vergleich zu anderen Glucocor- ticoiden und als unerwünschte Wirkun- gen Hautatrophie, das allergene Potential sowie Beeinflussung der Hypophysen-Ne- bennierenachse hinzugezogen. Diese Pa- rameter werden mit unterschiedlichen Faktoren (von 1 bis 6) gewichtet (s. Tab. 6). Liegt der TIX-Wert bei 1 (wie bei Hyd- rocortison) ist das Verhältnis Wirkung/ Nebenwirkung ausgeglichen, bei einem TIX-Wert von 2 überwiegen deutlich die

14 / AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal

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