Fortbildung aktuell – Das Journal Nr. 3/2020
GLUCOCORTICOIDE IN DER DERMATOLOGIE
ausüben. Auch größere Moleküle (> 500 D) können in diesen Fällen die Hornzell- schicht leicht passieren, was bei einer in- takten Hornzellschicht nicht der Fall ist. Glucocorticoide haben ein Molekularge- wicht umdie 500 D. Sie bilden in der Horn- zellschicht ein Depot, aus dem dann der Wirkstoff über einen längeren Zeitraum in die Epidermis abgegeben wird. Die De- potbildung ist jedoch umso schwieriger, je erkrankter und beschädigter die Haut ist. Dann ist eine Depotbildung kaum oder gar nicht möglich. Das Absorptionsverhalten lokaler Gluco- corticoide wird durch den Penetrations- index charakterisiert. Dieser beträgt bei- spielsweise für Hydrocortison im Skrotum 40 und am Arm 1. An empfindlichen Kör- perregionen, wie z. B. Augenregion, Hals oder in Bereichen, wo Hautflächen anei- nanderstoßen, sollten potente Glucocor- ticoide gemieden werden. In besonders Absorption von Glucocorticoiden
unempfindlichen Bereichen, wie bei dichter und dicker Hornzellschicht, sind oft potentere Glucocorticoide, teilwei- se unter Okklusionsbedingungen, für den Behandlungseffekt notwendig. Eine Okklusion verstärkt die Wirkung lokaler Glucocorticoide. Die relative Rezeptaffinität (RRA) spielt ebenfalls eine Rolle für die therapeutische Wirksamkeit. Sie beschreibt die Verfüg- barkeit der Substanz an den Glucocorti- coidrezeptoren, die sich vor allem in der oberen Dermis befinden. Definitionsge- mäß wird die relative Rezeptoraffinität von Dexamethason mit 100 festgelegt. Für Mometasonfuroat liegt z.B. die Rezep- toraffinität bei 2244. Relative Rezeptoraffinität
Alkohol (Betamethason) ist bei topischer Anwendung kaum wirksam. Es kommt als Lösung zur systemischen Anwendung bei Insektenstichallergien zum Einsatz. Beta- methason-21-valerat ist ebenfalls kaum dermal wirksam, hingegen zeigen Beta- methason-17-valerat und Betametha- son-17-21-propionat (oder-dipropionat) annähernd gleich gute antientzündliche Wirkung auf der Haut. Hydrocortison und Hydrocortisonacetat sowie Prednisolon und Prednisolonacetat bilden eine Aus- nahme, hier sind sowohl die freien Alko- hole als auch die Ester auf der Haut gleich pharmakologisch wirksam. Die Acetate sind jedoch oxidationsstabiler. Welche Faktoren für die Wirksamkeit von in der Dermatologie topisch einge- setzter Glucocorticoide von Bedeutung sind, zeigt Tabelle 2. Auch patientenindividuelle Faktoren, wie Hautdicke, Hautdurchblutung, Hydra- tationszustand der Haut, Rezeptordichte und Art der Dermatose sind wichtig. Glucocorticoide sind lipophile Substanzen. Die Lipophilie des Glucocorticoids ist für die Penetration der Hornschicht entschei- dend. Ist das Glucocorticoid besonders lipophil, penetriert es schnell in die Horn- zellschicht. Dies ist die Voraussetzung für dieWirksamkeit. Die Hornzellschicht (Stra- tum corneum) stellt die oberste Schicht der Epidermis dar, sie ist zwischen 4 und 30 μm stark und besonders ausgeprägt an Handflächen und Fußsohlen. Sie dient als Grenzfläche zur Umwelt und dem Schutz der Haut. Ist sie beschädigt, wie beispiels- weise beim atopischen Ekzem oder bei bestimmten Patientengruppen, wie z. B. bei Säuglingen, besonders dünn, kann das Glucocorticoid sehr schnell diese Barriere überwinden und systemische Wirkungen TABELLE 2: Faktoren, die für die Wirk- samkeit von topisch eingesetzten Gluco- corticoiden maßgeblich sind. Faktoren für die Wirksamkeit · Lipophilie · Absorptionsverhalten des Glucocorticoids · relative Rezeptoraffinität · Pharmakologische Wirksamkeit (Klassen- einteilung) · Grundlage, in der das Glucocorticoid verarbeitet wird Lipophilie
Glucocorticoide – Klassen
Lokale Glucocorticoide werden hinsicht- lich ihrer antientzündlichen und auch
TABELLE 3: Klassifizierung der Glucocorticoide Wirkstoff Handelsname
Therapeutische Konzentration
Klasse 1 schwach wirksam
Hydrocortison
z. B. Hydrogalen® z. B. Linola HN®
0,25 – 1 % 0,1 - 0,5 %
Prednisolon
Dexamethason
z. B. Dexamethason Creme LAW® z. B. in Kombinationsprodukten wie Fucidine H® Klasse 2 mittelstark wirksam
0,01 - 0,05 %, max. 0,1 %
Hydrocortisonacetat
0,25 - 1 %
Clobetasonbutyrat
z. B. Emovate®
0,05 %
Triamcinolonacetonid Betamethasonvalerat Hydrocortisonbutyrat Hydrocortisonbuteprat
z. B. Volon®, Volonimat®
0,25 - 0,1 %, max. 0,2 %
z. B. Soderm® z. B. Alfason®
0,05 %, max. 0,1 %
0,1 % 0,1 %
z. B. Neuroderm® z. B. Dermatop® z. B. Advantan® z. B. Locacorten®
Prednicarbat
0,25 %
Methylprednisolonaceponat
0,1 %
Flumetasonpivalat
0,02 %
Klasse 3 stark wirksam
Betamethasonvalerat
z. B. Betnesol® z. B. Diprosone®
0,05 %, max. 0,15 % 0,05 %, max. 0,15 %
Betamethasondipropionat
Mometasonfuroat
z. B. Ecural®
0,1 % 0,1 % 0,1 %
Amcinoid
z. B. Amciderm® z. B. Nerisona®
Diflucortolon-21-valerat Fluocinolonacetonid Fluticasonpropionat
z. B. Jellin®
0,025 % 0,05 % 0,05 %
z. B. Flutivate® z. B. Topsym®
Fluocinoid
Klasse 4 sehr stark wirksam
Clobetasol
z. B. Karison®, Dermoxin®
obere Richtkonzentration ist 0,05%!
12 / AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal
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