Fortbildung aktuell – Das Journal Nr. 3/2020

DÖRTE SCHRÖDER-DUMKE

Topische Glucocorticoide in der Dermatologie

Zu den sehr häufig in der Dermatolo- gie eingesetzten Substanzen zählen die topischen Glucocorticoide. Ihre Einsatzgebiete umfassen neben der Heilung und Linderung vieler ent- zündlicher und allergischer Haut- und Ekzemerkrankungen (u. a. atopische Dermatitis, Kontaktekzeme), auch Psoriasis, Autoimmunerkrankungen der Haut, physikalisch bedingte Er- krankungen, Erkrankungen der Mundschleimhaut und Analekzeme. In Deutschland wird Triamcinolona- cetonid am häufigsten als lokales Glucocorticoid bei Hauterkrankungen eingesetzt. Mit der chemischen Syn- these des Hydrocortisons, das dem physiologischen Cortisol entspricht und die Ausgangssubstanz für der- matologisch verwendete Glucocorti- coide bildet, begann auch der lokale Einsatz dieser Substanzen in der Der- matologie. Ausgangssubstanz ist das physiologisch vorkommende Glucocorticoid Cortisol. Es gehört zusammen mit dem Mineralocor- ticoid Aldosteron zur Gruppe der Corticos- teroide. Der Bildungsort für Cortisol ist die Zona fasciculata und für Aldosteron die Zona glomerulosa der Nebennierenrinde. Ihre Synthese unterliegt einem Regelkreis- lauf: Im Hypothalamus erfolgt die Bildung von Corticotropin-Releasing Hormon (CRH), das im Hypophysenvorderlappen Wirkungen von Glucocorticoiden · Hemmung von Entzündungen (antiphlogistisch) · Minderung allergischer Symptome (antialler- gisch) · Stillen von Juckreiz (antipruriginös) · Unterdrückung des Immunsystems (immunsup- pressiv) · Unterdrückung der Gewebeneubildung (antiproliferativ) · Zusammenziehen von Gefäßen (vasokonstrikto- risch) Bildungsort und Wirkweise TABELLE 1: Wirkungen von Glucocor- ticoiden.

Dörte Schröder-Dumke (Wedel) ist Apothekerin in der öf- fentlichen Apotheke, Referentin für verschiedene Apothe- kerkammern und hat neun Jahre lang den Qualitätszirkel der Apothekerkammer Hamburg Arzneimittel in Schwan- gerschaft und Stillzeit moderiert.

Dörte Schröder-Dumke

beispielsweise in der Behandlung von Nar- ben oder Hautverdickungen aus. Auch die vasokonstriktorische Eigenschaft der Glu- cocorticoide ist für die Dermatologie von Bedeutung: Durch das Zusammenziehen der Hautgefäße verschwinden Bläschen und Wasseransammlungen. Die Wirkun- gen der Glucocorticoide sind in Tabelle 1 zusammen gefasst. UmdieseWirkungen zu verstärken, hat man das Hydrocortisonmolekül modifi- ziert, gleichzeitig sollte die mineralocorti- coide Wirkung möglichst zurückgedrängt werden. So führt z. B. die Halogenierung in den Positionen C6, C9, C21 zu einer Verstärkung des antiinflammatorischen Effekts, allerdings gleichzeitig auch zu ei- nem hohen mineralocorticoiden Effekt. Letzterer kann durch eineMethylierung an C16 wieder aufgehoben werden. Beispiele hierfür sind Triamcinolon, Dexamethason oder Betamethason. Die alleinige Haloge- nierung (bevorzugt Fluoridierung) an C9 und C21 führt zu einer Wirkungsverstär- kung durch eine erhöhte Rezeptoraffini- tät, ebenso eine Doppelbindung zwischen C1 und C2. Halogenierte Glucocorticoide haben jedoch neben einem starken anti- phlogistischen Effekt auch eine starke an- tiproliferative Wirkung. Veresterungen in den Positionen C17 und C21 haben eine stärkere Lipophile der Substanz zur Folge, die alleinige Vereste- rung in C17 erhöht die Rezeptoraffinität und damit die Wirksamkeit. Die freien Alkohole sind nicht dermal wirksam. Dies zeigt sich z. B. besonders deutlich am Beispiel Betamethason: Der

zur Sekretion des Adrenocorticotropes Hormon (ACTH) führt. Durch ACTH wird die Synthese der Steroide stimuliert. Glu- cocorticoide wirken entweder über den Glucocorticoidrezeptor (GR) durch Hem- mung oder Induktion der Transkription sowie durch nicht genomische Effekte. Aldosteron wirkt ausschließlich über den Mineralocorticoidrezeptor. Cortisol kann beide Rezeptoren besetzen. Hierdurch haben Glucocorticoide Einflüsse auf den Kohlenhydrat- Protein- und Lipidstoff- wechsel, auf das Nervensystem und Blut- bild sowie Skelettmuskel und Knochen; die Aktivierung des Mineralocorticoidre- zeptors führt zur Natriumretention und zur Kaliumausscheidung. In der Dermatologie werden Gluco- corticoide vor allem aufgrund ihrer an- tinflammatorischen, antiallergischen und immunsuppressiven Wirkung geschätzt und eingesetzt. Dieser Effekt kommt durch die Hemmung von Transkriptions- faktoren zustande, die die Wirkung von verschiedenen Entzündungsfaktoren wie z. B. Interleukinen, Zytokinen und Tumor- nekrosefaktoren unterbinden. Durch Ihre Wirkung auf GranulozytenundMastzellen vermindern sie die Histaminausschüttung und wirken antiallergisch und Juckreiz stil- lend. Gleichzeitig senken sie an der betrof- fenen Stelle die Hauttemperatur, was den Effekt des verminderten Juckreizes noch verstärkt. Eine zusätzlich für die Dermato- logie wichtige Wirkung ist die Hemmung der Kollagen- und Glykosaminoglykansyn- these und damit die Unterdrückung der Hautneubildung. Diesen Effekt nutzt man

AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal / 11

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