Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 2/2014 (Juli 2014)
Der Sicherheitsgurt in der Psychopharmakotherapie
Tabelle 1: Pharmaka, die verlängernd auf die QT-Zeit wirken können (ausgewählte, umfassende Übersicht siehe www.crediblemeds.de) Antiarrhythmika Amiodaron, Chinidin (obsolet), Flecainid, Sotalol
de-pointes-Arrhythmie). Eine Kontaktauf- nahme zum behandelnden Arzt ist in die- sem Fall dringend geboten. Sollte der Arzt ein EKG bestimmt haben, kann eine Ver- sorgung mit gebotener Vorsicht durchge- führt werden, die Patientin sollte insbe- sondere auf die Warnsymptome Schwin- del und Tachykardie hingewiesen wer- den. Beim Auftreten dieser Symptome ist der Arzt zu kontaktieren. Ist die QTc-Dau- er nicht bekannt, sollte über die Abnah- me eines klärenden EKGs und/oder den Wechsel des Wirkstoffs diskutiert werden (Tabelle 1: Pharmaka, die verlängernd auf die QT-Zeit wirken können). Über diese Klärung hinaus sollte ein Medikationsma- nagement angeboten werden, um die Ge- samtsituation einer strukturierten Analy- se zu unterziehen. Ein zusätzlicher Hinweis: Sollte ein(e) Pati- ent/in mit den oben geschilderten Hinter- gründen in der Apotheke über neu auf- tretenden Schwindel klagen, ist die Eig- nung der Selbstmedikation mehr als frag- lich. Schwindel ist eines der drei Haupt- symptome der TdP (Abbildung 4: Risiko- faktoren für TdP). Vor dem Hintergrund der Hochrisikokonstellation sollte der Ur- sprung des Schwindels vom behandeln- den Arzt hinterfragt werden, eine Abga- be von beispielsweise Etilefrin-Tropfen scheint in dieser Situation unangemessen. Die Apotheke hat dort ihre Lotsenfunktion. Patient, männlich, 29 Jahre alt, nimmt als einziges Dauermedikament Citalopram (torsadogen) ein (Abbildung 5: „Torsado- gene Pharmaka erkennen). Zur Behand- lung einer bakteriellen Infektion ist Ery- thromycin (torsadogen) verordnet wor- den. Die Gesamtsituation des Patienten lässt den Rückschluss auf ein geringes TdP-Risiko zu, auch wenn für kurze Zeit zwei torsadogene Pharmaka kombiniert werden. Um der Meldung des CAVE-Mo- Patientenbeispiel 2:
Azitromycin, Clarithromycin, Erythromycin, Ciprofloxacin, Le- vofloxacin, Moxifloxacin, Ofloxacin, Cotrim (Trimethoprim- Sulfamethoxazol)
Antibiotika
Antimykotika
Fluconazol, Itraconazol, Ketoconazol, Voriconazol
Asthmamedikamente Salbutamol, Salmeterol Magen-Darm-Mittel Domperidon, Setrone Psychopharmaka
u. a. SSRI, trizyklische Antidepressiva, Neuroleptika
Tabelle 2: Risikofaktoren für das Auftreten einer Torsade-de-pointes-Arrhythmie.
Risikofaktor
Beispiele
Umgang mit dem Faktor
Digitalisierung, QT-ver- längernde Pharmaka in Kombination oder hohen Dosen Hypokaliämie, Volumen und Elektrolytmangel führen zu Diarrhoe, Er- brechen und zu geringer Trinkmenge. Hypomagne- siämie, Hypocalciämie AV-Block, Bradykardie, Herzinsuffizienz, Herzin- farkt, kardiale Hypertro- phie Weibliches Geschlecht, Alter über 65 Jahre, genetische Veranlagung, verlängerte QT-Zeit im EKG (> 460 ms bei Frauen, > 440 ms bei Männern)
Ko-Medikation hinterfragen und berücksichtigen, dabei auch an CYP- Inhibitoren denken; bei erhöhtem Risiko Klärung durch den Arzt Hohe Anzahl und Dosen an Diuretika als Warnzeichen für die versorgende Apotheke, bei Verdacht beim Arzt nachfragen, ob ein Mineralienprofil bekannt ist Grunderkrankungen können in der Kundendatei hinterlegt und dadurch berücksichtigt werden. Ältere Frauen als Hochrisikogruppe berücksichtigen. mögliche Risikorela- tivierung bei sonst gesunden, jungen Patienten
Arzneimittel therapie
Elektrolyt-störungen
Herzkreislau- ferkrankungen
patienten individuell
Niereninsuffizienz
Kumulationsgefahr einzelner Pharma- ka durch verlangsamte renale Aus- scheidung CAVE: geriatrische Patienten, Herz- insuffizienz NYHA 3&4, Prädialyse, Dialyse
weitere Erkrankungen
Spieltrieb: Trockenübungen mit der ABDA-Datenbank
duls gerecht zu werden, kann an die Mes- sung der Herzfrequenz gedacht werden: Bei ausgeprägter Bradykardie sollte der Arzt zur Absicherung kontaktiert werden. Ist die Herzfrequenz im Normalbereich, relativiert dies das Risiko weiter nach un- ten. Ein Blick in die Risikotabelle verdeut- licht den Unterschied zum Risikoprofil der 79-jährigen Patientin: Der Patient weist ein kaum erhöhtes TdP-Risiko auf, eine Abgabe kann bedenkenlos erfolgen.
Auffällig ist die große Vielzahl an Inter- aktionsmöglichkeiten der einzelnen Sub- stanzen sowie die Rolle der teils unbe- kannten Hintergrundrisiken. Ein erstes Ziel kann darin bestehen, die Mitglieder des Apothekenteams für die Notwen- digkeit der „W“-Fragen zu sensibilisie- ren. Eine Übung mit der Apothekensoft-
28 Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 2/2011 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe F rtbildung aktuell – Das Journal Nr. 1/2014 der Apoth kerkammer Westfalen-Lippe 28 – as r al de Apothek k mmer Westfalen-Lippe
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