Fortbildung aktuell – Das Journal Nr. 1/2020

CARINA JOHN

TABELLE 2: Fehlerbegünstigende Ursachen

Fehler auf. Die Praxis wird hierüber infor- miert und die Telefonnummer der Kundin erfragt. Der Bote kann das Medikament zeitnah austauschen. Was war das Ergebnis und wo sehen Sie die Gründe für das Ereignis? Das Medikament konnte vor der Einnah- me ausgetauscht werden. Zunächst er- folgte ein Verordnungsfehler in der Arzt- praxis. Bei der Abgabe des Arzneimittels in der Apotheke wurde die Anwendung nicht entsprechend erläutert. Es reicht nicht aus, abzufragen, ob die Anwendung des Medikamentes mit dem Arzt bespro- chen wurde. Die Anwendung muss in der Apotheke erklärt werden. Hierbei wäre aufgefallen, dass bei der Kundin kein Inha- lationsgerät vorhanden ist und die Trop- fen zur Einnahme gedacht waren. Auch die Dosierung wurde nicht überprüft. Die Mitarbeiter der Apotheke wurden zu intensiverer Beratung bei der Abgabe aufgerufen. Methodische Hilfsmittel Wenn im Apothekenteam Medikations- fehler besprochen und gemeinsam Lösun- gen erarbeitet werden, kann es hilfreich sein, die Fehleranalyse graphisch darzu- stellen. Häufig finden sich nämlich viele unterschiedliche, fehlerbegünstigende Faktoren bzw. Ursachen in einem kom- plexen Prozess, die sich durch eine gra- phische Darstellung gut erkennen lassen. Ein wichtiges methodisches Hilfsmittel ist das Ishikawa-Diagramm, auch „Fischgrä- tendiagramm“ (Abb. 2) genannt.

Systemische Ursachen

Individuelle Ursachen

Praktische Anwendung Am Kopf des „Fisches“ wird zunächst das Problem oder kritische Ereignis vermerkt. Alternativ kann auch eine Frage formu- liert werden. Bezugnehmend auf den vorliegenden CIRS-Fall könnte die Frage lauten: „Warum hat das Kind Salbutamol in einer ungeeigneten Darreichungsform erhalten?“ Anschließend erfolgt die individuel- le Aufteilung und Beschriftung des Dia- gramms. Für die Hauptgräten können folgende sechs Bereiche (auch „6M-Me- thode“ genannt) genutzt werden: • Mensch · „Latente“ Bedingungen · Am „stumpfen Ende“ einer Organisation/eines Prozesses · Beispiele: veraltete bauliche Strukturen, fehlende Standards, Entscheidungen der Leitungsebene · Häufig keine unmittelbaren Konsequenzen für die Patientensicherheit

Im beschriebenen CIRS-Fall kommen in der Hauptkategorie „Mensch“, z. B. die un- zureichende Kommunikation mit dem Pa- tienten sowie gegebenenfalls die fehlen- de Kenntnis hinsichtlich der Anwendung des Arzneimittels als ursächliche Faktoren in Betracht. Möglicherweise spielen auch persönliche Faktoren des Abgebenden, wie Müdigkeit oder mangelnde Konzen- tration, eine Rolle. Bezüglich der „Metho- de“ ist im aktuellen Fall zu hinterfragen, ob keine strukturierte Vorgehensweise bei der Arzneimittelabgabe vereinbart wurde oder ob der Mitarbeiter den systemati- schen Prüfprozess nicht eingehalten hat. Exemplarisch für die Kategorie „Mitwelt“ sind Faktoren, wie Hektik in der Apotheke oder Ablenkung (z. B. schreiendes Kind, klingelndes Telefon) zu nennen. Falls be- kannt, können auch ursächliche Faktoren aus der Arztpraxis, in der das fehlerhafte Rezept ausgestellt wurde, mit in die Feh- leranalyse einfließen. In einer nachfolgenden Bewertung, z. B. mittels Punktevergabe, werden dann die Hauptursachen bzw. die wahrschein- lichsten Risiken identifiziert. An dieser Stelle gilt es zu priorisieren, da zur Fehler- vermeidung meist nur wenige (und ide- alerweise auch einfach zu etablierende) Maßnahmen ergriffen werden können. Schritt 4 – Maßnahmen ergreifen Ein wesentliches Ziel, das schon allein durch die gemeinsame Fehleranalyse im Apothekenteam erreicht wird, ist die Sen- sibilisierung der Mitarbeiter für das Auf- treten konkreter Medikationsfehler. Eine erhöhte Aufmerksamkeit bei der zukünf- tigen Abgabe von „Salbutamol Inhalat“ kann im beschriebenen Fall zur Verbes- serung der Patientensicherheit beitragen. Zudem ist die Vereinbarung einer struk- turierten Vorgehensweise bei der Infor- mation und Beratung (z. B. Plausibilitäts- prüfung gemäß der BAK-Leitlinie, siehe Kasten) empfehlenswert. · Entstehung „aktiver“ Fehler · Am „scharfen Ende“ einer Organisation/eines Prozesses (Schnittstelle Mensch ↔ Mensch/ Maschine) · Beispiele: Ablenkung, Unaufmerksamkeit · Unmittelbare Konsequenzen für die Patientensi- cherheit

• Methode • Material • Maschine/Technik • Management • Mitwelt

Grundsätzlich kann die Anzahl der Berei- che individuell gewählt werden. An die Hauptgräten mit den entsprechenden Untergräten werden die jeweiligen Fehler- ursachen und begünstigenden Faktoren eingefügt. Hierbei kommen sowohl sys- temische als auch individuelle Ursachen (Tab. 2) in Betracht.

ABBILDUNG 2: Ishikawa-Diagramm zur systematischen Fehleranalyse

1. Notiere das Problem

Mensch

Maschine

Material

Ursache

Ursache

Ursache

Ursache

Ursache

Problem

Ursache

Ursache

Ursache

Ursache

Ursache

3. Sammle

Ursachen

Mitwelt

Management

Methode

2. Vergib

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