Fortbildung aktuell – Das Journal Nr. 1/2020
CARINA JOHN
aufgrund ähnlicher Namen der verschie- denen Wirkstärken, Luminal® versus Lu- minaletten®, andererseits ergab sich eine fehlerhafte Kommunikation, da über die Tablettenanzahl anstatt über die Milli- gramm-Angabe gesprochen wurde. In diesem Fall hat die „Sicherheitsbarri- ere Apotheke“ funktioniert. Diese Barriere gilt es zu stärken und weiter auszubauen. Hierzu bedarf es der Achtsamkeit und des Engagements eines jeden Mitarbeiters, es erfordert einen offenen und konstrukti- ven Umgang mit Fehlern und es braucht effektive Maßnahmen zur Fehlerpräventi- on. Jede Apotheke, die Schritt für Schritt den Weg hin zu einer positiven Fehlerkul- tur und einem effizienten Fehlermanage- ment beschreitet, kann zu einer Verbesse- rung der Patientensicherheit beitragen. Schritt 1: Sensibilisierung Sensibilisierung und Bewusstmachung erleichtern das Erkennen von Fehlern. Im Rahmen der interprofessionellen Zusam- menarbeit tragen gegenseitige Kenntnis- se der organisatorischen Strukturen und das Wissen über mögliche Fehlerquellen, insbesondere an Schnittstellen, zur Sensi- bilisierung bei. Der Effekt wird verstärkt, wenn mög- liche Fehlerquellen mit konkreten Beispie- len untermauert sind. Denn diese schaf- fen das Bewusstsein, „Das könnte genauso auch bei uns passieren“. Eine Fülle dieser Beispiele findet sich im Berichts- und Lernsystem CIRS-NRW. Medikationsfehler, kritische Ereignisse und Beinahe-Schäden können hier anonym und sanktionsfrei gemeldet werden. Die Entstehung und das Prinzip der „Critical Incident Reporting Systeme“ (CIRS) wurde bereits ausführlich im Bei- trag „Mehr Arzneimitteltherapiesicher- heit in der Apotheke-Fehlerberichts- und Lernsystem CIRS-Pharmazie NRW“ (AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal Nr. 2/2017) vorgestellt. Kurz gesagt, verbirgt sich hinter „CIRS“ der Kerngedanke, dass Fehler auch Chancen bieten. Denn die Fallberichte sensibilisieren nicht nur für vermeidbare Fehler, durch ihre systematische Analyse werden auch wertvolle Erkenntnisse er- zielt, die wiederum zur Entwicklung von Schritt für Schritt zu mehr Sicherheit
CIRS-NRW steht für „Critical-Incident-Reporting-System Nordrhein-Westfalen“. Es handelt sich um ein internetgestütztes Berichts- und Lernsystem zur anonymen Mel- dung von kritischen Ereignissen in der Patientenversorgung. CIRS-NRW soll dazu bei- tragen, dass über kritische Ereignisse offen gesprochen und aus ihnen gelernt wird. Somit sollen Wege zur Vermeidung von Risiken diskutiert und Lösungsstrategien er- arbeitet werden. Die Apothekerkammern Nordrhein und Westfalen-Lippe, die über drei Jahre das Berichts- und Lernsystem CIRS-Pharmazie NRW geführt haben, sind dem Netzwerk CIRS-NRW im September 2019 vollumfänglich beigetreten. Die Professionen Arzt und Apotheker treffen insbesondere im Bereich des Medikati- onsprozesses aufeinander. Die beidseitige Sensibilisierung für Medikationsfehler so- wie die gegenseitige Kenntnis der organisatorischen Strukturen in Arztpraxis und Apotheke tragen zur Erhöhung der Arzneimitteltherapiesicherheit bei. Das sektoren- übergreifende Berichts- und Lernsystem CIRS-NRW ist in Deutschland einzigartig, da es sich multiprofessionell an alle im Gesundheitswesen Tätigen richtet. Kritische Er- eignisse aus der Apotheke können unter www.cirsmedical.de/nrw berichtet und gele- sen werden.
2018 werden apothekenrelevante Me- dikationsfehler und kritische Ereig- nisse sowie entsprechende Maßnah- men zur Fehlerprävention ausführlich vorgestellt. • Das Fehlermanagement in der Apo- theke ist ebenfalls Thema der seitens der Apothekerkammern Westfalen- Lippe und Nordrhein angebotenen Webinare. Schritt 2: „Speaking up“ Der Apotheker hat im zuvor beschriebe- nen Fall „Dosierung von Phenobarbital“ nur einen Schaden von dem Säugling ab- halten können, weil er seine Bedenken ge- äußert hat. Zunächst hielt er Rücksprache mit dem verordnenden Arzt und als dieser die Bedenken nicht ernstnahm, kontak- tierte der Apotheker zusätzlich noch das Krankenhaus. Grundsätzlich ist der Apotheker dazu verpflichtet, Unklarheiten in Bezug auf die ärztliche Verordnung vor der Abgabe ei- nes Arzneimittels auszuräumen. Die Apo- thekenbetriebsordnung schreibt in § 17 Absatz 5 vor: „Enthält eine Verschreibung einen für den Abgebenden erkennbaren Irrtum, ist sie nicht lesbar oder ergeben sich sonstige Bedenken, so darf das Arz- neimittel nicht abgegeben werden, bevor
Lösungsstrategien und Einleitung von prä- ventiven Maßnahmen beitragen. „Fehler erkannt, Gefahr gebannt“ ist offensichtlich zu kurz gegriffen, um die Patientensicherheit zu gewährleisten. Hierzu sind weitere Schritte erforderlich. Welche Neuigkeiten spreche ich bei der nächsten Dienstversammlung an? • Seit September 2019 sind die Apothe- kerkammern Westfalen-Lippe und Nordrhein Partner des sektorenüber- greifenden Berichts- und Lernsystems CIRS-NRW. • Unter https://www.cirsmedical.de/ nrw können Apothekenmitarbeiter Fehler und Beinahe-Schäden selbst melden und darüber hinaus fachkom- mentierte Berichte von anderen im Gesundheitswesen Tätigen lesen. • Bei jeder Dienstversammlung kann ein Fehler aus der eigenen Apotheke oder ein Fall aus CIRS-NRW vorgestellt werden. Gemeinsammit dem Apo- thekenteam kann überlegt werden: „Könnte das bei uns auch passieren?“ und „Wie ließe sich ein solcher Fehler vermeiden?“ • Als Gesprächsanlass können auch die Berichte aus der DAZ-Serie „Fehler- management“ dienen. Seit dem Jahr
AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal / 7
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