Fortbildung aktuell – Das Journal Nr. 1/2020

HANF

anerkannte Fachexperten die Herleitung des für ein Medizinprodukt notwendigen rein physikalischen Wirkprinzips „nicht nur abenteuerlich, sondern schlichtweg Unfug“ genannt (DAZ 2019, Nr. 51, S. 75, 19.12.2019).

was in der Cannabis-Forschung als „En- tourage-Effekt“ bezeichnet werde. Um die Anwendung zu erleichtern, wird dem CBD-Extrakt noch ein Öl (Hanfsamen-, Ko- kosnuss-, Oliven- oder Traubenkernöl) hin- zugefügt. Angeboten wird dieses CBD-Öl laut Leafly-Ratgeber meist unter den Be- zeichnungen „Vollspektrumextrakt“ oder „Naturextrakt“. Als weitere Herstellungsmethode für Cannabidiol wird die Isolierung aus der Hanfpflanze und Aufreinigung zu wei- ßen CBD-Kristallen angeführt (bis zu 99,9 Prozent CBD). Diese werden entweder mit „CBD-Kristallen“ oder „CBD-Isolat“ betitelt. CBD-Öle sind in unterschiedlich hoher Konzentration erhältlich. Gängig sind 2, 5 und 10 Prozent. Je höher die CBD-Kon- zentration ist, desto teurer ist auch das Produkt. Regelmäßig wird betont, dass es sich bei den Produkten nicht um Arznei- son- dern um Nahrungsergänzungsmittel han- dele, weil diese aus Nutzhanf gewonnen würden und der THC-Gehalt unter 0,2 Prozent liege. Hierfür sollten jedoch viel- mehr die BGVV-Richtwerte herangezogen werden. Viele CBD-haltige Produkte, die als Lebens- mittel bzw. Nahrungsergänzungsmittel in den Verkehr gebracht werden, „suchen“ geradezu die Nähe zum Arzneimittel. Sie werden teilweise mit einer Fülle von ge- sundheitsförderlichen Eigenschaften aus- gelobt. Überhaupt herrscht vielfach eine arzneimitteltypische Diktion vor. Faden- scheinige Bezüge zu teilweise schweren Krankheitsbildern wie Arthritis, Migräne, BEISPIEL FÜR EINEN DISCLAIMER AUF DER WEBSEITE EINES ANBIE- TERS CBD-HALTIGER PRODUKTE „Die Infos über Cannabisöl auf dieser Webseite wurden von offiziellen Quel- len nicht ausgewertet und bestätigt. Sie können den Rat eines Arztes/Heil- praktikers nicht ersetzen. Die Produk- te werden nicht in Zusammenhang mit einer Diagnose, Behandlung oder Vorbeugung von irgendeiner Krank- heit verkauft.“ https://bio-cbd.de/cbd-oel/ Arzneimitteltypische Diktion

Verwaltungsgericht Düsseldorf in einem Beschluss vom 27. September 2019 (Az.: 16 L 2333/19) und das Verwaltungsgericht Hannover (Beschluss vom 18. November 2019, Az.: 15 B 3035/19). In beiden Fällen war den Inverkehrbringern Cannabidiol- haltiger Nahrungsergänzungsmittel das Inverkehrbringen durch vorherige Ent- scheidungen mit sofortiger Vollziehung untersagt worden, weil es an der Novel Food-Zulassung fehlte. Beide hatten ver- sucht, gegen die sofortige Vollziehbarkeit vorzugehen, beide ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht (VG) Düssel- dorf stellte fest, dass es bei der Frage, ob es sich um ein neuartiges Lebensmittel handele, nicht auf den Ausgangsstoff an- komme, sondern auf das daraus erzeugte, zu beurteilende Produkt. Es sei auch nicht maßgeblich, ob das verwendete Verfah- ren, mit demdie Cannabidiol-haltigen Pro- dukte aus der Ausgangspflanze gewonnen werden, vor dem „Novel Food-Stichtag“ in der EU gebräuchlich war. Beide Argumen- te werden von den Unternehmen häufig vorgebracht, um die Einstufung als Novel Food und damit das aufwändige Zulas- sungsverfahren abzuwenden. Ein anderer Hersteller beweist aktuell ganz neuen „Erfindungsreichtum“, wenn es um das Inverkehrbringen von Cannabidiol-hal- tigen Produkten außerhalb der arzneimit- telrechtlichen oder der lebensmittelrecht- lichen Zulassung geht. Die Hamburger Firma LeafPharma vertreibt diese in den zwei Produktlinien „leafPro CBDmed“ und „leafBasic CBDmed“ als Medizinprodukte (Klasse I), wobei leafPro CBDmed exklusiv in Apotheken erhältlich sein soll. Die Firma bezeichnet denWeg als „rechtssicher“. Die Hauptwirkung der Produkte soll primär auf physikalischemWege erreicht werden, und zwar basierend auf der so genannten „Quantenpunkt-Technologie“. Hiernach sollen sie bereits aus der Ferne durch elek- tromagnetische Wellen angreifen und ei- nen rein physikalischen Impuls auslösen, ohne chemisch an den Rezeptor zubinden. Hat der Signalempfänger einmal auf die elektromagnetischen Wellen reagiert, so soll eine Konformationsänderung statt- finden, sodass keine Substanzen mehr an- docken können. In einem Leserbrief in der Deutschen Apotheker Zeitung haben drei Cannabidiol als Medizinprodukt?

Und die Verschreibungspflicht?

Cannabidiol-haltige Präparate unterlie- gen in Deutschland seit Oktober 2016 der Verschreibungspflicht, und zwar ohne jede Eingrenzung von Dosis oder Verabrei- chungsweg. Hintergrund war ein Antrag der Arzneimittelkommission der Deut- schen Apotheker (AMK). Die Verschrei- bungspflichtverordnung regelt aber nur den Abgabe- und nicht den Produktstatus, und zwar lediglich für Arzneimittel. Dies bedeutet, dass selbst nach der Unterstel- lung von Cannabidiol-haltigen Produkten mit Arzneimittelstatus unter die Rezept- pflicht Cannabidiol-haltige Nahrungs- ergänzungsmittel ohne Rezept verkauft werden dürften, sofern sie die entspre- chenden rechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Die Möglichkeiten dafür dürften allerdings eng begrenzt bis überhaupt nicht vorhanden sein, wie oben dargelegt wurde. Um welche Art von Produkten geht es ei- gentlich konkret? Zunächst sollte CBD-Öl nicht mit Hanfsamen-Öl oder kurz Hanf- Öl verwechselt werden. Dieses wird aus den Samen durch kalte Pressung gewon- nen und als Speiseöl verwendet. Außer- dem sollte es auch nicht mit illegalem „Cannabisöl“ („Haschischöl“, „Marihua- na Öl“, „THC-Öl“) in einen Topf geworfen werden. Einen Einblick in die „Welt“ der CBD-Öle gibt der „CBD-Öl (Cannabidi- ol) Ratgeber“ von „Leafly.de“. Laut Be- schreibungen des nach eigenen Anga- ben unabhängigen Wissensportals über Cannabis in der Medizin werden für das CBD-Öl primär Hanfblüten sowie Blätter des weiblichen Nutzhanfs verwendet. Gewonnen wird Cannabidiol meist durch ein schonendes und effizientes CO 2 -Ex- traktionsverfahren, womit das gesamte Pflanzenstoffspektrum erhalten bleiben soll. Die Inhaltsstoffe, wie Cannabinoide und Terpene sollen sich laut Leafly.de in ihrer Wirkung gegenseitig unterstützen, Die Welt der CBD-Öle

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