Fortbildung aktuell – Das Journal Nr. 1/2020

INA RICHLING

Medikationsanalyse aus der Praxis Eine Patientin mit kardiovaskulärem Risiko

Der Fall Die 74-jährige Patientin Martina F. leidet seit Jahren aufgrund einer ko- ronaren Herzerkrankung mit Hyper- tonie, an einer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) und Vorhofflimmern. Zusätzlich lei- det sie an einer COPD und an Arthro- seschmerzen in den Knien. In letzter Zeit ist sie sehr lethargisch und müde, die auftretenden Ödeme in den Bei- nen stören Sie auch. Da Sie mittler- weile so viele Arzneimittel anwenden muss (siehe Tab. 1), wünscht Sie sich mehr Informationen zu den einzel- nen Medikamenten, auch wie sie sie korrekt einnehmen soll.

Ina Richling, PharmD. (UFL, USA) ist Apothekerin in der Zentralapotheke der Katholischen Kliniken imMärki- schen Kreis, Mitglied der Kommission Arzneimittelthera- pie-Management (AMTM) und Arzneimitteltherapiesi- cherheit (AMTS) der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) und ist Herausgeberin des Buches „Medi- kationsanalyse – Grundlagen und Fallbeispiele“.

Ina Richling

mittags auf morgens verschoben wird, hätte die Patientin nur noch zwei Einnah- mezeitpunkte in der Dauermedikation. Zurzeit werden alle Arzneimittel zum Essen eingenommen. Da Nahrung die Re- sorption von Furosemid um 30 bis 40 Pro- zent vermindern kann, sollte Furosemid immer nüchtern mindestens 15 Minuten vor dem Essen eingenommen werden. Aufgrund der stabileren Bioverfügbarkeit, längeren Wirkdauer und einer Einnahme, die unabhängig von Mahlzeiten erfolgen kann, wäre eine Umstellung von Furose- mid auf Torasemid sinnvoll. Die Patientin nimmt zurzeit Ramipril und Candesartan ein. In keiner Studie konnte ein zusätzlicher Nutzen von AT1-Blockern in der kombinierten Anwendung mit ACE- Hemmern belegt werden. Im Gegenteil, es gab deutliche Hinweise auf ein Schädi- gungspotenzial, wie z. B. die Verschlechte- rung der Nierenfunktion. Daher sollte die Indikation überprüft und die Kombination in der Regel vermieden werden. Die Kombination aus Furosemid und Hydrochlorothiazid (HCT) wird vor allem bei Patienten mit Herzinsuffizienz, Le- berzirrhose und nephrotischem Syndrom verordnet, wenn eine Diuretikaresistenz vorliegt undmit einer Dosissteigerung des Schleifendiuretikums kein weiterer Diure- sezuwachs mehr erzielt werden kann. Die Kombination aus einem Thiaziddiureti- kum und einem Schleifendiuretikum wird auch als sequenzielle Nephronblockade Pseudodoppelmedikation

gemessen wurde, beträgt 110/65 mm Hg. Ein Medikationsplan ist nicht vorhanden, die Dosierungen stehen teilweise auf der Packung und die Aufbewahrung der Arz- neimittel erfolgt auch in den Packungen, die im Wohnzimmerschrank liegen. Auf Nachfrage berichtet sie, dass sie meist alle Medikamente zum Essen einnimmt. Die Überprüfung der Inhalation ergab eine korrekte Handhabung des Inhalators. Wichtige Therapieziele sind eine Redukti- on des kardiovaskulären Risikos mit einem Blutdruckziel < 130/80 mm Hg und einem Ruhepuls von 55 bis 60 pbm (beats per minute = Schläge pro Minute) sowie einen definierten LDL-Zielwert. Eine Ödem- und damit verbunden eine leichte Gewichtsre- duktion sind weitere Therapieziele. Frau F. wünscht sich einen sichereren Umgang mit ihrer Medikation und eine bessere Schmerzreduzierung. Nach dem Aufnahmegespräch mit Frau F. ergeben sich folgende mögliche Arzneimittelbezogene Probleme (ABPs): Therapieziele Da Amlodipin eine mittlere Halbwertszeit von 40 Stunden 1 aufweist, kann die Ein- nahme auch nur einmal täglich erfolgen. Statt 5 mg morgens und abends, 10 mg einmal morgens. Möglichst wenige Einnahmezeitpunk- te steigern die Adhärenz. Wenn der Ein- nahmezeitpunkt von ASS 100 mg von Einnahmezeitpunkte und -intervalle

Objektive Parameter und aktuelle Medikation

Frau F. wiegt 78 kg bei einer Größe von 165 cm und ihr BMI beträgt 29. Der Blutdruck, der aktuell in der Apotheke TABELLE 1: Aktuelle Medikation von Martina F.

Suffix

Beispiele

ASS 100 mg

0-1-0 1-0-0 1-0-1 1-0-0

Bisoprolol 2,5 mg Amlodipin 5 mg

Candesartan/HCT 8/12,5 mg

Simvastatin 20 mg 0-0-1 Bisacodyl Drg. (Selbstmedikation) ca. 2x pro Woche Apixaban 5 mg 1-0-1 Furosemid 40 mg 1-0-0 Pantoprazol 20 mg (grünes Rezept) 1-0-0 Ramipril 10 mg 0,5-0-0,5

Calcium/Vitamin D Kautabl. Tiotropium/Olodaterol Respimat® Colecalciferol 20.000 IE Ipratropium/Fenoterol DA

1-0-0

morgens 2 Hübe mittwochs bei Bedarf bei Bedarf

Ibu 400

Prednisolon 20 mg

1-0-0

AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal /  11

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