Mitteilungsblatt 6/2024, 26. Juli 2024

EDITORIAL

Editorial

Niemals: Apotheken ohne Apotheker*innen!

Gabriele Regina Overwienung Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe E-Mail: praesidium@akwl.de

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

für Februar war er angekündigt. Am 14. Juni hat er uns erreicht, keine zwei Wochen später fand bereits die Anhörung des Bun desgesundheitsministeriums statt. Und Mitte Juli sollte er ins Ka binett eingebracht werden. Die Rede ist vom Entwurf eines Apo thekenreformgesetzes, der so viel Sprengkraft enthält, dass er in Konsequenz als Apothekenzerstörungsgesetz wirksam würde, weil er das bisher praktizierte System der Arzneimittelversorgung durch die heilberuflich geführte Apotheke vor Ort beseitigte. Warum hat Herr Lauterbach es auf einmal so eilig, wo er seinen zunächst vollmundigen Ankündigungen eines Gesetzent wurfes doch über Monate keine Taten folgen ließ, könnte man sich fragen und darüber ausgiebig spekulieren. Bleiben wir aber den Fakten: Die Befassung des Bundeskabinetts mit dem Apothe kenreformgesetz wurde vom 17. Juli auf den 21. August verscho ben; offziell deshalb, weil noch die Rechtsförmlichkeitsprüfung durch Bundesjustizminister Marco Buschmann aussteht. Das gibt allen Beteiligten Zeit, dieses Gesetzesvorhaben noch einmal gründlich zu arbeiten. Und das ist dringend erforderlich. Folgte man den Plänen des Bundesgesundheitsministers, dann würde es auch in der Versorgung der Bevölkerung zu extre men Leistungskürzungen und Qualitätseinbußen kommen. Denn Karl Lauterbach will dafür sorgen, dass in den Apotheken nicht mehr jederzeit eine Apothekerin oder ein Apotheker anwesend sein müsste. Leistungen wie die Abgabe von BTM, das Herstellen von Rezepturen in der Apotheke, Medikationsanalysen oder auch Impfungen dürfen nur von Apotheker*innen erbracht werden – genau diese Leistungen würden nach der Reform wegfallen. Die se Reform würden einen Systemwechsel in der Versorgung einlei ten. Die damit systematisch veränderte Qualität der Abgabe von Arzneimitteln wurde auf deutlich niedrigeren Niveau etabliert. Warum all das ohne Not aufs Spiel setzen? Heilberuf lich gefuhrte Apotheken sind doch bis heute ein Garant fur

patientennahe hohe Versorgungssicherheit. Mit diesem Geset zesvorhaben wird eine Kommerzialisierung der Versorgung be trieben, die das Bundesgesundheitsministerium in anderen Be reichen der Gesundheitsversorgung nach negativen Erfahrungen ausdrucklich bekämpfen will. Es bleibt festzustellen, dass durch das geplante Apothekenreformgesetz tatsächliche Gefahren fur die Patientensicherheit entstehen. Daher sagen wir: Apotheken ohne Apotheker*innen: Niemals! Ohne unsere Präsenz sind unsere Kontrollfunktionen und Bera tungsleistungen in der Praxis nicht mehr realisierbar. Daran ändert auch die vorgeschriebene bloße Möglichkeit (!) einer Kontaktauf nahme per Videoschalte nichts. Die Arzneimittelversorgung wird trivialisiert und zu einem bloßen Handel ohne Verknupfung mit einer qualifizierten pharmazeutischen Beratung gemacht. Unter dem Strich steht eine massive Patient*innenengefährdung, weil deren eigentliche Beratungsbedarf von Patientinnen und Patien ten in vielen Fällen nicht erkannt werden kann. Als Gegenentwurf gegen diese versorgungsfeindlichen Plä ne hat die ABDA in den vergangenen Monaten zahlreiche Vor schläge vorgelegt, die die Arzneimittelversorgung wieder sta bilisieren. Die Apotheken müssen dazu endlich wirtschaftlich gestärkt werden. Anstatt die pharmazeutischen Kompetenzen von uns Apotheker*innen gänzlich zu streichen, sollte die Politik die Expertise der Approbierten stärker in die Versorgung einbrin gen und uns in den Apotheken ein leichteres Arbeiten durch eine Entbürokratisierung ermöglichen. Wir werden gemeinsam alles dafür tun, dass die apothekenfeindlichen Ideen des Bundesge sundheitsministers so nicht als Gesetz verabschiedet werden.

Mit freundlichen, kollegialen Grüßen

AKWL Mitteilungs blatt 06-2024 / 3

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