Mitteilungsblatt 5/2019, 11. Juli 2019

RATGEBER APOTHEKENPRAXIS

Lagertemperaturen für Arzneimittel Vorsicht an heißen Sommertagen

> In Deutschland werden jedes Jahr fast 30 Millionen besonders temperaturempfindliche Arznei- mittel abgegeben. Die Zahl ent- spricht knapp fünf Prozent der jährlich mehr als 660 Millionen ärztlich verordneten Medikamen- te, die Patienten in den Apotheken erhalten. Die meisten Arzneimittel werden bei Raumtemperatur bis 25°C gelagert. Diese Grenze darf in Apotheken laut Apothekenbe- triebsordnung nicht überschritten werden. Die sachgemäße Lagerung ist vor allem bei den aktuellen Temperaturen zu beachten. Entsprechend § 16 Abs. 1 Apothekenbe- triebsordnung (ApBetrO) sind Arzneimit- tel in der Apotheke so zu lagern, dass ihre Qualität nicht nachteilig beeinflusst wird. Unter Qualität wird nach Arzneimittelge- setz (AMG) die Beschaffenheit der Ware verstanden, die bei Arzneimitteln nach Identität, Gehalt, Reinheit, sonstigen che- mischen, physikalischen bzw. biologi- schen Eigenschaften oder durch das Her- stellungsverfahren bestimmt wird. Nach § 8 Abs. 1 AMG ist es verboten, Wirkstof- fe oder Arzneimittel in den Verkehr zu bringen, die durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemin- dert sind. § 4 Abs. 2d ApBetrO schreibt für Me- dikamente und Produkte explizit eine La- gerung unter 25°C vor. Die erforderliche Lagertemperatur muss für die Arzneimit- tel ständig eingehalten werden. Dies gilt auch, wenn die Arzneimittel außerhalb der Öffnungszeiten der Apotheke ange- liefert werden (Schleuse). Falls erforder- lich, müssen die Betriebsräume der Apo- theke klimatisiert werden. Temperaturbereiche Im Europäischen Arzneibuch werden die Temperaturbereiche wie folgt definiert: • tiefgekühlt: unterhalb von -15°C

Die Apothekenbetriebsordnung schreibt für Medikamente und Produkte explizit eine Lagerung unter 25 °C vor. Gerade bei den aktuell hohen Außentemperaturen ist es wichtig, die Temperatur im Blick zu haben. Foto: Fotolia.com©mycola

des Arzneimittels mindestens sechs Monate bei 40°C / 75 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit und zusätzlich zwölf Monate entweder bei 30°C / 65 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit oder bei 25°C / 60 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit ge- geben war. Kommt es bei der Lagerung zu Abweichungen (zum Beispiel durch einen defekten Kühlschrank), so kann die Apotheke spezifische Stabilitätsdaten beim pharmazeutischen Unternehmer erfragen. Überprüfung in der Apotheke Der Apothekenleiter muss überprüfen, ob die Temperaturvorgaben in der Apotheke eingehalten werden. Dazu sollten Tem- peraturmessungen besonders im Som- mer, aber auch im Winter (z. B. in Keller- räumen) erfolgen. Die Überprüfungen sollten anfangs umfänglich und engma- schig erfolgen, dann risikoorientiert. Die Temperaturen können mit einem Min- Max-Thermometer dokumentiert wer-

• Kühlschrank: 2 bis 8°C • Kalt oder kühl: 8 bis 15°C • Raumtemperatur: 15 bis 25°C

Lagerhinweise der Hersteller Bei der Lagerung von Fertigarzneimitteln sind stets die Lagerhinweise der Herstel- ler zu beachten. Diese werden während der Entwicklungs- und Zulassungsphase eines Fertigarzneimittels mittels expe- rimenteller Stabilitätstests gewonnen. Dabei wird unter anderem der Einfluss von Zeitraum, Temperatur, Luftfeuchtig- keit und Licht untersucht. Die entspre- chenden Lagerhinweise werden in der Regel auf der Umverpackung und auf der Packungsbeilage angegeben. Laut BfArM sind die Lagerhinweise nach den feststehenden Termini einer Guideline [1] der EMA festzulegen. Demnach ist kein Lagerhinweis oder alternativ die Formu- lierung „Für dieses Arzneimittel sind kei- ne besonderen Lagerungsbedingungen erforderlich“ möglich, wenn die Stabilität

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