Mitteilungsblatt 5/2019, 11. Juli 2019

RATGEBER APOTHEKENPRAXIS

oder Statine in der Anamnese. Für Frau P. treffen all diese Aspekte zu. Die Einnah- me der Rotschimmelreis-Kapseln hätte also ein stark erhöhtes Risiko für mögli- cherweise schwerwiegende Nieren- und Muskelschädigungen beinhaltet. Doch auch die alleinige Einnahme von Red- Rice-Produkten ohne die Kombination mit Gemfibrozil wäre bedenklich: Es existieren zahlreiche Fallberichte über Myopathien einschließlich Rhabdomyo- lyse, Leberschädigungen und schwerer Hautreaktionen nach Einnahme von Rot- schimmelreis-Präparaten [1]. In der Europäischen Union ist die regu- latorische Situation der Rotschimmelreis- Präparate derzeit nicht zufriedenstellend gelöst. Die Europäische Behörde für Le- bensmittelsicherheit (EFSA) hat die ge- sundheitsbezogene Angabe „Monacolin K aus Rotschimmelreis trägt zur Aufrecht- erhaltung eines normalen Cholesterol- Spiegels im Blut bei” für Präparate geneh- migt, bei denen pro Tag mindestens 10

mg Monacolin K eingenommen werden. Die Genehmigung dieses Health Claims gilt jedoch nur dann, wenn das entspre- chende Produkt in dem jeweiligen Land auch tatsächlich als Lebensmittel zuge- lassen ist. Sie ist keinesfalls gleichbedeu- tend mit einer Einstufung des Produkts als Lebensmittel oder einer Genehmi- gung des Inverkehrbringens. Zwar haben das BfArM und das Bundesamt für Ver- braucherschutz und Lebensmittelsicher- heit (BVL) bereits 2016 die Empfehlung abgegeben, Rotschimmelreis-Präparate mit einer empfohlenen Tagesdosis von mehr als 5 mg Monacolin K aufgrund ihrer pharmakologischen bzw. metaboli- schen Wirkung als nicht zugelassene und damit nicht verkehrsfähige Arzneimit- tel einzustufen [2]. Die Stellungnahme blieb jedoch bisher ohne Konsequenzen für die Hersteller und Vertreiber von Rotschimmelreis-Produkten, da für die Marktrücknahme von Nahrungsergän- zungsmitteln nicht Bundesbehörden wie

Quellen: [1] Podlogar J, Smollich M: Das Red-Rice- Risiko. DAZ 2016, Nr. 24, S. 8 [2] Stellungnahme der Gemeinsamen Exper- tenkommission BVL/BfArM: Einstufung von Rotschimmelreis-Produkten, 02/2016 [3] N.N. Was tun bei Muskelbeschwerden unter Statintherapie? a-t 2016; 47: 103-5 BVL und BfArM zuständig sind, sondern die Lebensmittelüberwachungsbehörden der einzelnen Bundesländer. Im Übrigen ist es bei Auftreten von Muskelschmer- zen unter Statintherapie nicht zwingend erforderlich, vollständig und dauerhaft auf Statine zu verzichten. Stattdessen wird zunächst die Suche nach anderen Ursachen, die Bestimmung der Creatin- kinase und bei mehr als fünffacher Er- höhung der CK eine Therapiepause und eine anschließende Reexposition mit demselben oder einem anderen Statin in zunächst niedriger Dosierung emp- fohlen [3]. Zum Einsatz kommen sollten hierbei jedoch ausschließlich zugelassene Arzneimittel. <

Duale Plättchenhemmung nach „Mini-Schlaganfall“ Anderes Einsatzgebiet für die DAPT denkbar

überwiegt. Hier kann das pharmazeuti- sche Personal einen wichtigen Beitrag zur Arzneimitteltherapiesicherheit leisten, in- dem es die Patienten gezielt an die ärzt- lich verordnete zeitliche Begrenzung der Einnahme erinnert. Anschließend wird eine Monotherapie in der Regel lebens- lang fortgesetzt. Beachtet werden muss außerdem, dass die DAPT ausschließlich für Patien- ten mit TIA oder kleineren ischämischen Schlaganfällen empfohlen wird. Nach schwerwiegenden ischämischen Schlag- anfällen bleibt die Monotherapie, meist mit ASS, Mittel der Wahl zur Rezidivpro- phylaxe, da das Risiko für intrakranielle Blutungen in diesem Patientenkollektiv den Nutzen des thrombozytenaggregati- onshemmenden Effekts übersteigt. Auch für hämorrhagische Schlaganfälle gilt die Empfehlung naturgemäß nicht. <

randomisiert-kontrollierte Studie, die zeig- te, dass die Kombination der derzeit üb- lichen Monotherapie mit ASS oder Clo- pidogrel im Hinblick auf die Rezidivpro- phylaxe überlegen ist. Die Studie wurde vorzeitig beendet, da sich bei einer Zwi- schenanalyse ein deutlicher Vorteil für die Kombinationstherapie zeigte. Wäh- rend in der ausschließlich mit ASS behan- delten Vergleichsgruppe 160 von 2449 Patienten ein größeres ischämisches Folgeereignis erlitten, waren es unter der Kombinationstherapie nur 121 von 2432 Patienten. Dies entspricht einer relativen Risikoreduktion von etwa 25 Prozent. Wichtig sind in diesem Zusammen- hang Startzeitpunkt und Dauer der dua- len Therapie: Der Beginn sollte innerhalb von 24 Stunden erfolgen und die Dauer zehn bis 21 Tage nicht überschreiten, da bei längerdauernder Therapie das erhöh- te Blutungsrisiko den möglichen Nutzen

> Kommen Patienten mit einem Rezept über Clopidogrel und ASS in die Apo- theke, war die Indikation bisher relativ eindeutig: Die duale Plättchenaggregati- onshemmung (dual antiplatelet therapy, DAPT) für einen begrenzten Zeitraum ist die Standardtherapie nach einer Stent- Implantation. Seit Kurzem ist jedoch auch ein anderes Einsatzgebiet für die DAPT denkbar: die Rezidivprophylaxe nach einer transitorischen ischämischen At- tacke (TIA) oder einem kleineren Schlag- anfall ohne persistierende neurologische Defizite. Die Deutsche Gesellschaft für Neuro- logie und die Deutsche Schlaganfall-Ge- sellschaft raten in Übereinstimmung mit einer kürzlich im British Medical Journal erschienenen Praxisempfehlung zum Einsatz der Kombinationstherapie aus Clopidogrel und ASS bei dieser Indikati- on. Grundlage der Empfehlung ist eine

AKWL Mitteilungs blatt 05-2019 / 15

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