Mitteilungsblatt 4/2022, 10. November 2022

KAMMER IM GESPRÄCH

trum der Debatte stand unter anderem, ob die Apotheken selte ner vom Großhandel beliefert werden sollten, um CO 2 -Emissio nen einzusparen. Laut Noweda-Chef Kuck werden Apotheken in Deutschland im Schnitt 2,7 mal pro Tag mit Arzneimitteln belie fert. Kuck selbst kommentierte: „Natürlich könnten wir auf Tou ren verzichten und würden sogar Geld einsparen. Dann müssten die Apotheken aber ihre Lager ausweiten, insbesondere kleinere Apotheken könnten so Probleme bekommen. Das Resultat könn te sein, dass die Patienten weniger schnell beliefert werden und in den Versandhandel abwandern“, warnte Kuck. Der Noweda-Chef sprach auch über die jetzigen Bemühungen seines Unternehmens. Kuck wies darauf hin, dass die Noweda Flotte fast ausschließlich aus Fahrzeugen bestehe, die mit fossi len Brennstoffen betankt werden. Die Umstellung auf eine E Flotte sei derzeit nicht möglich. Denn: „Im Gegensatz zum Ver sandhandel müssen wir die GDP-Richtlinien strengstens beach ten. Im Moment ist es noch nicht möglich, E-Fahrzeuge zu be kommen, die einerseits die nötige Reichweite haben und ande rerseits die Kühlung der Arzneimittel garantieren.“ Hinzu kom me, dass die gleichzeitige Aufladung von E-Lieferfahrzeugen in einer Noweda-Filiale dazu führen würde, dass rund um die Nie derlassung »die Lichter ausgehen«, so Kuck. Der Noweda-Chef wies aber darauf hin, dass man im November erstmals im Stadt verkehr ein E-Fahrzeug in Betrieb nehmen werde und Anfang 2023 erste Versuche mit wasserstoffbetriebenen Autos unter nehmen wolle. Laumann: Änderungen bei Rabattverträgen NRW-Gesundheitsminister Laumann stellte klar, dass man mit Blick auf die extrem steigenden Energiepreise zunächst einmal daran denkenmüsse, wie man die Haushalte in Deutschland ent lasten könne. Für viele Menschen gehe es derzeit nicht darum, neue Solarplatten zu kaufen, sondern vielmehr um die Frage, wie man sich das tägliche Leben leisten könne. Was das Zusammen spiel zwischen Großhandel und Apotheken betrifft, sieht der CDU-Politiker wenig Änderungsbedarf. ImGegensatz zu allen an deren Bereichen im Gesundheitswesen erhalte er zur Arzneimit telversorgung durch Apotheken keine Beschwerdeanrufe – er gehe also davon aus, dass das System gut und zufriedenstellend funktioniere. Allerdings sieht der NRW-Minister Änderungsbe

Im lebhaften Austausch: Moderator Matthias Bongard mit Dr. Michael P. Kuck, Gabriele Regina Overwiening und Karl-Josef Laumann (v. li.).

darf im Rabattvertragssystem. Dadurch dass von einem Wirk stoff die Präparate zahlreicher Hersteller bevorratet werden müssten, müssten die Apotheken zahlreiche Botendienst-Fahr ten übernehmen – „Ist das wirklich nachhaltig?“, fragte Lau mann. Er stellte klar, dass die Krankenkassen finanziell unter Druck stünden und die Einsparungen aus den Verträgen brau chen. Gleichzeitig deutete er aber an, dass man den Apotheken bei der Abgabe mehr Flexibilität einräumen könnte. Overwiening: Mitarbeiter*innen mitnehmen! ABDA- und AKWL-Präsidentin Overwiening wies darauf hin, dass ihre Kammer und auch die ABDA den Apotheken keine Vorschrif ten zum Klimaschutz machen können. „Wir als Kammer müssen aber mit gutem Beispiel vorangehen und den selbstständigen Unternehmern Ideen liefern“, so die Präsidentin. Overwiening er innerte daran, dass das Thema Klimaschutz auch nicht auf der Ebene des Apothekeninhabers aufhören dürfe. Wichtig sei es, dass die Inhaber ihre Mitarbeiter*innen unterstützten, beispiels weise durch Zuschüsse zum ÖPNV-Ticket, durch eine E-Bike-Flot te in der Apotheke oder andere Maßnahmen, die die Wege zur Arbeit vereinfachen könnten. Auf die Frage, welche klimaschüt zenden Maßnahmen sofort umgesetzt werden sollten, antwor tete die Klima-Expertin und Apothekerin Luhmann, dass in erster Linie der Verpackungsmüll reduziert werden sollte. Man müsse darüber nachdenken, bestimmte Arzneimittel als Bulkware ab zugeben oder zumindest die Umverpackungen zu ändern. Auch die Digitalisierung der Packungsbeilagen müsse endlich vorange bracht werden. Aus Luhmanns Sicht sollte sich aber auch das Konsumverhalten in der Gesellschaft ändern. „Auch Patienten müssen sich umstellen. Wenn beispielsweise die Großhan delstouren reduziert werden, muss klar werden, dass man nicht immer alles sofort und schnell verfügbar haben kann.“ Beim Thema Verpackungsmüll schaltete sich auch Noweda Chef Kuck ein und erinnerte an den vom Versandhandel produ zierten Müll. „Durch unsere Wannen sparen wir im Jahr 40 Milli onen Umverpackungen. Doc Morris gibt an, 12 Millionen Kunden zu haben. Wenn davon jeder pro Quartal einmal etwas bestellt, haben wir mindestens 48 Millionen Umverpackungen – nur durch ein Versandhandelsunternehmen. Das ist ein Skandal!“ <

Nachhaltiger Austausch: Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening mit Tom Ackermann (Vorstand AOK NordWest).

AKWL Mitteilungs blatt 04-2022 / 9

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