Mitteilungsblatt 4/2022, 10. November 2022

RATGEBER APOTHEKENPRAXIS

Ein Fall aus CIRS-NRW

> Die Buchstaben „CIRS“ stehen für Critical Incident Reporting-Sys tem, zu Deutsch „Datenbank für kritische Ereignisse“. Es handelt sich um ein internetgestütztes, einrichtungsübergreifendes Be richts- und Lernsystem zur anony men Meldung von kritischen Ereig nissen in der Patientenversorgung. Dieser Fall aus CIRS-NRW berichtet über eine Patientin, die trotz be kannter Krampfanfälligkeit ein Flu orchinolon-Antibiotikum verord net bekommt. Von Fluorchinolon-Antibiotika wie Cipro floxacin ist bekannt, dass sie Krampfan fälle auslösen oder die Krampfschwelle senken können. Fälle von Status epilepti cus wurden berichtet. Daher sollte Cipro floxacin bei Patientinnen und Patienten mit Erkrankungen des zentralen Nerven systems, die für Krampfanfälle prädispo nieren, mit Vorsicht angewendet werden. Beim Auftreten von Krampfanfällen ist Ciprofloxacin sofort abzusetzen. Fluorchinolon-Antibiotika: schwere Reaktionen möglich Je nach Schweregrad der Zystitis sind Fluorchinolon-Antibiotika nicht als Mit- tel der ersten Wahl indiziert. Neben der Erniedrigung der Krampfschwelle sind weitere Nebenwirkungen, die haupt sächlich den Bewegungsapparat und CIRS-NRW ist eine gemeinsame Initiative der Ärztekammern Nordrhein (ÄKNO) und Westfalen-Lippe (ÄKWL), der Kassenärzt lichen Vereinigungen Nordrhein (KVNO) und Westfalen-Lippe (KVWL) und der Krankenhausgesellschaft Nordrhein Westfalen (KGNW) sowie der Apotheker kammer Nordrhein (AKNR) und Westfa len-Lippe (AKWL) in Zusammenarbeit mit demÄrztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ). Die Initiative soll dazu beitragen, dass über kritische Ereignisse offen gesprochen und aus ihnen gelernt wird. Somit sollen Wege zur Vermeidung von Risiken diskutiert und Lösungsstra tegien erarbeitet werden. Langfristig soll CIRS-NRW dazu beitragen, die Sicher heitskultur in Nordrhein-Westfalen zu verbessern und die Patientensicherheit zu fördern. CIRS-NRW dient somit auch als Instrument des Risiko- und Qualitäts managements. WAS IST CIRS-NRW?

Foto: © AdobeStock

Kontraindiziertes Medikament verordnet Folgendes kritisches Ereignis fiel in einer Apotheke auf:

Fall-Nr.: 237355

Was war das Ergebnis? Durch ein alternatives Antibiotikum, welches nicht die Krampfschwelle er niedrigt, konnten mögliche Krampfan fälle verhindert werden. Wo sehen Sie Gründe für dieses Ereignis und wie hätte es vermieden werden können? Fehlerhafte Anamnese im Notdienst. Durch eine Schulung der verordnen den Person hätte das Ereignis vermie den werden können. getroffen werden. Warum der Hinweis der Patientin auf ihre Vorerkrankung nicht beachtet wurde, wird in diesem Fallbericht nicht ersichtlich. Hier können nur die verordnenden Personen geschult und sensibilisiert werden, dass sie die Patient*innen ernst nehmen und deren Hinweise berücksichtigen. In diesem Fall konnte die Apotheke als wirksame Sicher heitsbarriere fungieren.

Was ist passiert? Eine Patientin mit einer akuten Zysti tis sucht am Wochenende einen Not arzt auf. Hier weist sie auf ihre Epi lepsie als chronische Erkrankung hin. Dennoch v e rordnet der Notarzt ein Fluorchinolon-Antibiotikum. In der Apotheke sind die Patientin und ihre Krampfanfälligkeit bekannt. Die Notarztpraxis wird nochmals infor miert und die Kundin wird auf ein an deres Antibiotikum umgestellt. das Nervensystem betreffen, möglich: Zu den schwerwiegenden Nebenwirkun gen des Bewegungsapparates gehören Tendinitis, Sehnenruptur, Myalgie, Mus kelschwäche, Arthralgie, Gelenkschwel lungen und Gangstörung. Zu den schwer wiegenden Nebenwirkungen auf das periphere und zentrale Nervensystem gehören periphere Neuropathie, Schlaf losigkeit, Depressionen, Ermüdung (Fa tigue), eingeschränktes Erinnerungsver mögen sowie Seh-, Hör-, Geruchs- und Geschmacksstörungen. Nutzen-Risiko-Bewertung im Einzelfall Aufgrund der Schwere dieser Reaktio nen bei zuvor gesunden Personen sollte jede Entscheidung, Fluorchinolone zu verschreiben, nach einer sorgfältigen Nutzen-Risiko-Bewertung im Einzelfall

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