Mitteilungsblatt 4/2018, 5. Oktober 2018
TITELTHEMA
Gesundheit als App: Ein unerschöpflicher Markt Fragen zu Chancen und Risiken für Patienten und Apotheken
unkompliziert auszutauschen. Das heißt, man kann gezielt die Informationen ver- walten. Wenn Patientendaten per Smartpho- ne zu jedem Zeitpunkt und überall abruf- bar sind, kann das auch ein Beitrag zur Pa- tientensicherheit sein. Gesundheits-Apps können außerdem das Bewusstsein beim Nutzer stärken: Ein Schrittzähler animiert zum Beispiel dazu, mehr Schritte am Tag zu machen; andere Apps können zur The- rapietreue motivieren. Frage: Was sind die Risiken? Kaulen: Ein Knackpunkt ist die Datensi- cherheit: Die Fragen „Wo werden die er- hobenen Daten gespeichert?“, „Wie gut werden meine persönlichen Informatio- nen vor einem Zugriff Dritter gesichert?“ und „Werden die Daten weitergegeben?“ sind oft schwierig zu beantworten, da die Datenströme international sind und die Server oft im Ausland stehen. Die stren- gen deutschen Datenschutzgesetze fin- den daher nicht immer Anwendung. Frage: Wie unterscheidet man eine gute, seriöse App von einer, von der man lieber die Finger lassen sollte? Was können Apo- theker ihren Kunden raten? Kaulen: DaswichtigsteQualitätsmerkmal: Diagnosen sollten auf jeden Fall immer durch einen (Fach-)Arzt gestellt werden – nicht durch eine App. So sollte man etwa Apps, die ein Hautkrebs-Screening mittels Handy-Taschenlampe oder einen Sehtest zur Ermittlung der Dioptrienzahl anbieten, äußerst kritisch gegenüberstehen. Gut ist es hingegen, wenn eine App die Therapie unterstützt – Verhalten do- kumentiert, Tipps gibt, Verläufe an den Arzt übermitteln kann. Am Anfang sollte man sich fragen: Wofür genau braucht man die App eigentlich? Alleskönner sind kritisch zu hinterfragen, seriöser sind meist Apps mit einem klar definierten Anwendungsbereich. Viele Apps werden in mehr oder we- niger regelmäßigen Abständen auf neue Versionen aktualisiert. Zertifizierungen
> Britt Kaulen ist Apothekerin und arbeitet seit fünf Jahren in der Priv. Adler Apotheke in Hamburg. Sie ist ehrenamtliche Leiterin der UAG Digitalisierung und Patient des Aktionsbündnisses Patientensicher- heit e.V. BeimWestfälisch-lippi- schen Apothekertag 2019 referiert sie für PTA zum Thema Digitalisie- rung und Apotheke. 2017 hat sie die Weiterbildung zur Fachapothe- kerin in Allgemeinpharmazie abgeschlossen und leitet seit Anfang dieses Jahres die Heimver- sorgung der Priv. Adler Apotheke Pharmaservice. Frage: Wie groß ist der Markt für Ge- sundheits-Apps? Kaulen: Auf dem Markt gibt es viel Fluk- tuation. Man geht jedoch von insgesamt rund 200.000 bis 300.000 Gesundheits- Apps aus. Das reicht von Fitness und Er- nährung bis zu Apps für die Online-Suche nach einem Arzt; Apps, die an die tägliche Tabletteneinnahme erinnern, die den Pol- lenflug vorhersagen, oder über bestimm- te Krankheiten wie Diabetes oder Blut- hochdruck informieren. Fast jeder zweite Smartphone-Nutzer (45 Prozent) verwendet bereits Gesund- heits-Apps. Ebenso viele (45 Prozent) kön- nen sich vorstellen, dies künftig zu tun. Das hat der Digitalverband Bitkom im Jahr 2017 ermittelt. Kaulen: Allgemeingültige Aussagen dazu sind angesichts der großen Zahl der An- wendungen schwierig. Aber ganz klar: Viele Menschen haben ihr Smartphone heutzutage immer dabei und schnell zur Hand. Gesundheits-Apps eignen sich da- her gut zum Dokumentieren von Werten und Verhaltensweisen. Im Rahmen der elektronischen Gesundheitskarte soll es möglich sein, dem Haus- oder Facharzt Rechte zu erteilen und Gesundheitsdaten Frage: Welche Chancen und Risiken bieten Gesundheits-Apps?
Diagnosen sollten immer durch einen Arzt gestellt werden und nicht durch eine App, sagt Fachapothe- kerin Britt Kaulen.
können ein Qualitätsmerkmal sein, sind aber kein Freifahrtschein. Ein Muss ist ein Impressum. Eine gute App muss außer- dem eine Datenschutzerklärung besitzen. Diese gibt an, wie lange wo die Daten gespeichert werden und an wen sich der Nutzer wenden muss, um der Datenspei- cherung zu widersprechen. Das Aktions- bündnis Patientensicherheit e.V. hat eine Checkliste mit Qualitätsmerkmalen für Gesundheits-Apps entwickelt, die man im Internet abrufen kann und die Apotheker ihren Kunden an die Hand geben können (www.aps-ev.de). Kaulen: Für Apotheken können Apps ein weiterer Kanal für die Kommunikation mit dem Kunden sein. So gibt es Apps, mit denen Kunden unkompliziert in der Apo- theke vorbestellen können. Andere Apps erleichtern es Apothekern, ihren Kunden bestimmte Services anzubieten. Auch das Nachschlagen bestimmter Informationen in einer App kann den Arbeitsalltag eines Apothekers erleichtern. Es gibt diverse Apps, die sich auf ein Themengebiet spe- zialisiert haben. < Frage: Wie können Apotheken selbst von Apps profitieren?
AKWL Mitteilungs blatt 04-2018 / 7
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