Mitteilungsblatt 2/2023, 28. April 2023

RATGEBER APOTHEKENPRAXIS

Medikationsplan als Kommunikationsinstrument? Meldungen zum BMP im Fehlerberichts- und Lernsystem CIRS-NRW

> Gesetzlich Versicherte, die mehr als drei verordnete Arzneimittel gleichzeitig dauerhaft anwenden, haben seit dem 1. Oktober 2016 gemäß § 31a SGB V einen Anspruch auf Erstellung und Aktualisierung eines bundeseinheitlichen Medika tionsplanes (BMP). Er kann dazu beitragen, Patient*innen Sicherheit und Orientierung in der Um setzung der persönlichen Arzneimittel therapie zu geben. Die einheitliche Doku mentation erleichtert die Kommunikation zwischen Haus- und Fachärzt*innen, Apo theken, Altenheimen, dem Kranken haus und anderen Einrichtungen. Doch CAVE: Hier gibt es auch Risiken, die fata le Folgen haben können. Insbesondere Schnittstellen im Gesundheitswesen, Arz- neimitteländerungen und die erforder liche Mitwirkung der Patienten bergen Fehlerpotential. Der Medikationsplan stellt eine Moment aufnahme der Arzneimitteltherapie dar undmuss konsequent vomPatientenmit geführt und kontinuierlich vom Arzt und von der Apotheke aktualisiert werden. Geschieht das nicht, können Medika tionsfehler auftreten, wie im CIRS-NRW Fall Nr. 233230. Darin fällt in der Apotheke auf, dass ein vomNeurologen abgesetztes Medikament durch den Hausarzt weiter verordnet wurde, da diesem der neue Me dikationsplan (noch) nicht bekannt ist. Die betroffene Patientin ist sehr verunsichert. Im Fall 234539 wird im Krankenhaus bei Aufnahme ein Medikationsplan elektro nisch dem falschen Patienten zugeordnet. Glücklicherweise wird dies vom behan delnden Arzt rechtzeitig vor der Freigabe bemerkt, sodass eine Falschmedikation verhindert werden kann. Die Fallberichte zeigen deutlich die Komplexität des Me dikationsprozesses auf und sollten zum Anlass genommen werden, die bestehen den Modalitäten bei der Weiterleitung und Zuordnung des Medikationsplans zu überprüfen und zu überarbeiten. Schnitt stellen sind besonders fehleranfällig, da

es hier häufig zu Informa- tionsverlusten oder gegen- sätzlichen Aussagen kommt, die auf allen Seiten zu Verwir rung und Therapie-Einschrän kungen führen können. Erforderlich ist ein äußerst verantwortungsvoller und aufmerksamer Umgang aller Beteiligten mit dem BMP: • Der Medikationsplan sollte vom Patienten bei jedem Arztbesuch mitgeführt und vorgezeigt werden. • Von dem verordnenden Arzt und der abgebenden Apotheke ist genau zu prüfen, ob alle Angaben stimmen. • Die Selbstverantwortung

Bei mehr als drei verordneten Arzneimtteln haben gesetzlich Versicherte einen Anspruch auf die Erstellung eines Medikations planes.

Medikationsplans vertraut war und die sen auch konsequent mitgeführt hat. Der Patient hat für die Vollständigkeit und Aktualität seines Medikationsplans Sorge zu tragen. Er soll Ärzte und Apo theker kontinuierlich zur Pflege und Ak tualisierung auffordern, wozu sie auch gesetzlich verpflichtet sind. Geplant ist, den BMP in die elektroni sche Patientenakte zu integrieren. Eine elektronische Variante kann weniger fehleranfällig sein, da alte und neue Versionen nicht nebeneinander existie ren können und der Aufwand zur Aktu alisierung geringer ist. Achtsam eingesetzt ist der BMP also ein hervorragendes Instrument, die Arzneimittelsicherheit und damit die Patientensicherheit insgesamt zu stär ken. Der Schlüssel zum Erfolg des Medi kationsplans liegt also im erfolgreichen Zusammenspiel aller Beteiligten. < Für die CIRS-NRW-Gruppe Carina John, Apothekerkammer Nordrhein, MiriamMauss, Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, Judith Singer, Ärztekammer Nordrhein

des Patienten und seine Compliance müssen überprüft werden. Ggf. können das Alter oder kognitive Einschränkun gen einem verantwortungsvollen Um gang mit dem BMP entgegenstehen. • Es ist wichtig, Medikamentenumstel lungen auch stets mit den Patienten zu besprechen und sich zu vergewissern, dass die Änderungen auch verstanden wurden. Der Medikationsplan birgt Risiken – um gekehrt belegen jedoch einige Beispiele aus CIRS-NRW, welche Chancen der Medi kationsplan für die Verbesserung der Arz neimitteltherapiesicherheit bietet, wenn er genutzt und gepflegt wird. So wird im Fall Nr. 200061 „Medi kationsplan für mehr Heparin“ deutlich, dass der BMP eine zusätzliche, wertvolle Informationsquelle darstellt. Der Patient gleicht das in der Apotheke erhaltene Arzneimittel mit den Informationen in seinem Medikationsplan ab und deckt hierdurch einen Abgabefehler auf. Eine Unterdosierung kann verhindert werden. Deutlich wird an dieser Stelle, wie wich tig es ist, den Patienten miteinzubezie hen. In dem geschilderten Fall war es der Patient, der den Medikationsfehler auf gedeckt hat, weil er mit der Nutzung des

AKWL Mitteilungs blatt 02-2023 / 17

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