Mitteilungsblatt 2/2021, 4. Mai 2021

RATGEBER APOTHEKENPRAXIS

Erbrechen. Schwerere Erscheinungsfor- men sind ein Angioödem oder ein ana- phylaktischer Schock. Reaktionen vom Spättyp sind meist T-Zell-vermittelte Immunreaktionen und treten später als 60 Minuten, teilweise auch erst mehrere Tage bis Wochen, nach Einnahme auf. Sie zeigen sich häufig in einem makulopapu- lösen Exanthem, das bei einer Erstreakti- on typischerweise vier bis 14 Tage nach Beginn der BLA-Einnahme auftritt, bei Wiederholungsreaktionen auch schnel- ler (nach sechs Stunden bis vier Tagen) [4]. Auch schwere Verlaufsformen, wie ein Stevens-Johnson-Syndrom (SJS), eine toxisch-epidermale Nekrolyse (TEN) oder ein DRESS-Syndrom (drug reaction with eosinophilia and systematic symptoms) können auftreten. Allergene Strukturen und Kreuzallergien BLA sind Haptene, die erst durch Bindung an eine Proteinstruktur (zum Beispiel Se- rumalbumin) immunogen werden kön- nen. Ursprünglich wurde angenommen, dass der Betalaktamring, der allen BLA gemeinsam ist, die wichtigste allergene Struktur darstellt. Daher vermutete man, dass bei Allergie gegen eine Substanz aus der Gruppe der BLA eine Kreuzall- ergie auch gegen sämtliche andere BLA besteht [4]. Mittlerweile weiß man, dass auch die Seitenketten wichtige allergene Strukturen darstellen. Das heißt mögliche Kreuzreaktivitätenmüssen sehr viel diffe- renzierter betrachtet werden und einem Großteil der Allergiker muss keineswegs die gesamte Gruppe der BLA verschlossen bleiben [4]. Beispielsweise tolerieren einige Patien- ten mit einer IgE-vermittelten Sofortreak- tion gegen ein Aminopenicillin (Ampicil- lin/Amoxicillin) hingegen Penicillin G oder Penicillin V. Die Sensibilisierung erfolgt bei den Aminopenicillinen gegen die Sei- tenkette. Dabei ist entscheidend, welches Penicillin die Sensibilisierung ausgelöst hat. Patienten, die zuerst gegen Penicil- lin G/V sensibilisiert wurden, können in der Regel auch Ampicillin/Amoxicillin er- kennen, das heißt sie reagieren auf beide Penicilline. Patienten, die zuerst gegen Ampicillin/Amoxicillin sensibilisiert wur- den, erkennen hauptsächlich Ampicillin/ Amoxicillin und reagieren oftmals nicht auf Penicillin G/V [4]. Kreuzallergien zwischen Penicillinen und Cephalosporinen aufgrund einer

Die anamnetische Angabe einer Penicillinallergie sollte im Kundengespräch vom pharmazeutischen Personal in der Apotheke auf jeden Fall detailliert hinterfragt werden. Foto: ©contrastwerkstatt - stock.adobe.com.

wahrscheinlich durch eine bis in die Mit- te der 1980er-Jahre produktionsbedingte Kontamination der Cephalosporine mit Benzylpenicillin begründet [4]. Unter den Cephalosporinen gibt es Kreuzreaktionen beispielsweise innerhalb der Gruppe der Methoxyiminocephalosporine (zum Bei- spiel Cefuroxim, Ceftriaxon, Cefotaxim und Ceftazidim) oder auch innerhalb der Gruppe der Aminocephalosporine (zum Beispiel Cefaclor, Cefalexin, Cefadroxil). Testung auf eine BLA-Allergie Zur Diagnostik einer BLA-Allergie können die Hauttestung (Epikutantest, Pricktest, Intrakutan-Test), eine gezielte In-vitro- Diagnostik (zum Beispiel Nachweis von arzneimittelspezifischen IgE) sowie eine schrittweise Provokationstestung durch- geführt werden. Eine Testung sollte nach Möglichkeit innerhalb eines Jahres nach der Reaktion durchgeführt werden, da insbesondere bei Sofortreaktionen die Testreaktivität im Laufe der Zeit nachlässt [3].

generellen Reaktion auf den Betalaktam- Ring sind selten. Die beobachteten Kreuz- reaktivitäten zwischen Penicillinen und Cephalosporinen beruhen in erster Linie ebenfalls auf Ähnlichkeiten in den Seiten- ketten oder gleichen dreidimensionalen Strukturen. So gibt es häufiger Kreuzre- aktivitäten zwischen Aminopenicillinen (zum Beispiel Amoxicillin, Ampicillin) und Aminocephalosporinen (zum Beispiel Cefaclor, Cefalexin, Cefadroxil), da bei- de eine NH2-Gruppe in der Seitenkette aufweisen. Hingegen zeigen Cefazolin, Cefuroxim, Ceftriaxon, Cefotaxim oder Ceftazidim nur selten eine Kreuzreaktivi- tät mit Aminopenicillinen, ihnen fehlt die Aminogruppe in der Seitenkette [4]. Die Häufigkeitsangaben in der Literatur vari- ieren. Etwa 2,5 Prozent der Patient*innen mit nachgewiesener Penicillinallergie zeigen auch eine Kreuzreaktivität mit Cephalosporinen der 2. und 3. Gene- ration [2]. Die früher sehr viel häufiger berichteten Kreuzallergien zwischen Pe- nicillinen und Cephalosporinen waren

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