Mitteilungsblatt 1/2025, 27. Februar 2025
EDITORIAL
Editorial
Apothekensterben ist Sozialabbau Frank Dieckerhoff Vizepräsident der Apothekerkammer Westfalen-Lippe E-Mail: praesidium@akwl.de
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
zu Beginn des Jahres mussten wir, und dies zum 20. Mal in 20 Jah ren, eine traurige Bilanz ziehen: Erneut liegt die Zahl der Apothe ken in Westfalen-Lippe am Ende eines Jahres niedriger als zu Jah resbeginn. 2024 schlossen 65 Apotheken für immer ihre Pforten, und nur acht Betriebsstätten wurden neu eröffnet. Das ergibt einen Rückgang binnen zwölf Monaten von 1.711 auf nur noch 1.654 Apotheken. Rückt man die Zahlen der vergangenen Jahre in den Fokus, so kennen die Zahlen nur eine Richtung: nach unten, und dies sogar mit wachsender Dynamik. Vor 15 Jahren, also zum Jahresende 2009, versorgten noch 2.230 Apotheken die Patientin nen und Patienten im Landesteil. Heute sind es noch 1.654. Das ist ein Rückgang von rund 26 Prozent. Wir haben damit mehr als ein Viertel aller Apotheken in Westfalen-Lippe verloren. Jede geschlossene Apotheke ist und bleibt ein Mahnmal für eine gefährdete Versorgung für tausende Patientinnen und Patienten. Die Menschen in unserem Landesteil müssen längere Wege zur nächsten Apotheke zurücklegen und auf die bisherige vertraute Versorgung verzichten. Auch die immer weiter sinkende Zahl der Neueröffnungen mahnen wir erneut an: Gerade für junge Apo thekerinnen und Apotheker lohnt es sich derzeit schlichtweg nicht, mit einem eigenen Betrieb zu starten. In der Politik ist seit Jahren bekannt, dass Apotheken chronisch unterfinanziert sind. In den Wochen vor der Bundestagswahl wurde der Druck immer offensichtlicher, zumal die Gesundheits versorgung für Millionen Menschen eine Top-Priorität bei ihrer Wahlentscheidung einnimmt. Die künftigen Koalitionspartner sind dringend aufgefordert, unverzüglich daran zu arbeiten, die bestehenden und noch funktionierenden Strukturen der Arznei mittelversorgung finanziell zu stabilisieren und zu stärken. All das bitte zusammen mit uns – und nicht gegen uns!
Vorschläge der Apothekerschaft – auch zur stärkeren Einbin dung unserer heilberuflichen Kompetenzen – gibt es viele. Diese Versorgungsideen gilt es mit einer künftigen Bundesregierung auszuarbeiten, feinzujustieren und umzusetzen. Dafür hat die Spitze unseres Bundesverbandes mit unserer bis Mitte Januar als ABDA-Präsidentin tätigen Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening intensiv gearbeitet. Dieser unermüdliche Einsatz hat unter anderem dazu geführt, dass die Apotheke bei der vor gezogenen Bundestagswahl erstmals in den Parteiprogrammen aller relevanten Parteien explizit benannt wurde. Wir sind, dank des starken Einsatzes von Gabriele Regina Overwiening, zurück auf dem politischen Spielfeld, werden gesehen und gehört. Entscheidend ist nach dem 23. Februar, seit dem wir von um garnten Wählerinnen und Wählern für die Parteien wieder zu (mitunter lästigen) Bürgerinnen und Bürgern geworden sind, die unverzügliche Arbeit am großen gemeinsamen Ziel: Für die Patientinnen und Patienten muss die wohnortnahe Versorgung durch inhabergeführte Apotheken per Sofortprogramm gesichert werden. Wie sehr das Land NRW, nicht zuletzt seit einem gemein samen Arbeitsprozess mit den beiden Apothekerkammern, von dieser Aufgabe beseelt ist, lesen Sie auf Seite 8 in diesem Mit teilungsblatt. Ich zitiere sehr gerne unseren Landesgesundheits minister Karl-Josef Laumann: „Das Land Nordrhein-Westfalen setzt sich seit geraumer Zeit auf allen Ebenen für den Erhalt der öffentlichen Apotheke in der Fläche ein.“ Hier bei uns in NRW ist die Botschaft angekommen: Jede Apotheke weniger ist ein Stück Sozialabbau.
Mit freundlichen, kollegialen Grüßen
AKWL Mitteilungs blatt 01-2025 / 3
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