Mitteilungsblatt 1/2020, 6. Februar 2020

RATGEBER APOTHEKENPRAXIS

Pflegeheimen in Ostwestfalen-Lippe durchgeführt wurde, und verschiedenen Merkblättern zu infektiologisch relevan- ten Themen. Letztere werden im An- schluss an den Vortrag in regelmäßigen Abständen an die Heime verschickt, um eine gewisse Nachhaltigkeit zu gewähr- leisten und das Thema dauerhaft in den Köpfen zu etablieren. Die Resonanz auf das Projekt war durchweg positiv. Außer- dem zeigte sich in einer ersten Zwischen- evaluation, dass sowohl das fachspezi- fische Wissen als auch das Bewusstsein, als Pflegekraft einen relevanten Beitrag zum rationalen Antibiotikaeinsatz leis- ten zu können, nach der Schulungsmaß- nahme deutlich zugenommen hatte. <

Probengewinnung zur mikrobiologischen Diagnostik, der korrekten Verabreichung der verordneten Antibiotika, der Ver- laufsbeobachtung und dem Erkennen von unerwünschten Arzneimittelwirkun- gen spielen Pflegekräfte eine entschei- dende Rolle. In einem von der Apothekerstiftung Westfalen-Lippe geförderten Projekt wurde daher in Zusammenarbeit mit dem Ärztenetz Bielefeld e.V. und der In- itiative AnTiB eine entsprechende Fort- bildungsmaßnahme speziell für Pflege- kräfte in Pflegeheimen entwickelt. Diese setzt sich zusammen aus einer einstündi- gen Präsenzschulung, die zwischen Okto- ber 2019 und Januar 2020 in zahlreichen

Gleichzeitig ist es bei Älteren zuneh- mend schwieriger, eine Infektion auch als solche zu erkennen. Viele typische Infektionszeichen, z. B. Fieber, erhöhte Herz- und Atemfrequenz, Husten und Schleimproduktion bei Atemwegsinfek- ten oder Schmerzen bei Blasenentzün- dung können bei Älteren fehlen, obwohl eine – auch schwere – Infektion vorliegt. Vor allem die Messung einer unauffälli- gen Körpertemperatur kann zu dem ge- fährlichen Trugschluss führen, dass eine Infektion als Ursache für einen eventuell beobachteten reduzierten Allgemeinzu- stand ausgeschlossen werden kann. Stattdessen überwiegen bei Älteren oft die sogenannten atypischen Infekti- onszeichen, zu denen beispielsweise In- kontinenz, Verwirrung, Apathie, Hypoto- nie und Sturzneigung gehören (siehe Tab. rechts). Häufig ist es die Kombination ty- pischer und atypischer Infektionszeichen, die den Verdacht auf eine vorliegende In- fektion nährt: Während Verwirrung und Sturzneigung darauf hindeuten, dass überhaupt eine Infektionsproblematik vorliegt, können beispielsweise Schmer- zen im Bereich der Harnwege die mög- liche Infektion lokalisieren. Es ist daher von besonderer Bedeutung, den Be- wohner/die Bewohnerin als Ganzes zu sehen und die verschiedenen Aspekte in der Gesamtschau zu berücksichtigen. Da gerade Verwirrung, Inkontinenz und Sturzneigung bei Pflegeheimbewoh- nern naturgemäß häufig vorkommen, ist es unter Umständen problematisch, Veränderungen zu erkennen und richtig einzuordnen. Hierbei kommt dem Pfle- gepersonal entscheidende Bedeutung zu. Die Pflegekräfte sind als einzige im- mer vor Ort, kennen die Bewohner am besten und können Abweichungen vom normalen Verhalten am ehesten einord- nen – und letztlich sind sie es, die bei entsprechendem Verdacht den Arzt ru- fen, der anders als im Krankenhaus meist nicht vor Ort ist. Vor diesem Hintergrund muss ein grundlegender Bestandteil jeder ABS- Aktivität im Pflegeheim sein, die Pfle- gekräfte durch geeignete Fortbildungs- maßnahmen im Bereich Infektiologie und Antibiotika kontinuierlich zu schu- len. Nicht nur beim Erkennen von In- fektionszeichen, sondern auch bei der

typische Infektionszeichen

atypische Infektionszeichen

Fieber (> 38 °C)

normale oder leicht erhöhte Temperatur

erhöhte Herz- und Atemfrequenz Bauchschmerzen, Durchfall (GI-Trakt) Husten, Schleimproduktion (Atemwege) Schmerzen beimWasserlassen (Harnwege) Rötung, Schwellung, Schmerz (Haut)

Verwirrung/Delir

Apathie

Sturzneigung Inkontinenz

Hypotonie

WWW.AKWL.DE/APOTHEKERSTIFTUNG

Interessierte heimversorgende Kollegen/-innen können die Vortrags- folien und Merkblätter über den Geschäftsbereich Kommunikation kostenfrei beziehen, um sie für eigene Veranstaltungen in den jeweiligen Heimen zu nutzen. Der Vortrag ist außerdem unter www.akwl.de/apo- thekerstiftung > Förderung > Aktuelle Fördermaßnahmen als Multi- medialektion verfügbar. Darüber hinaus wurde speziell für Antibiotika eine Sondengängigkeitsliste erstellt (https://www.uni-bielefeld.de/ gesundhw/ag2/antib/sonstiges).

ANSPRECHPARTNERIN Inhaltliche Rückfragen und Anmerkungen gerne an Dr. Julia Podlogar (j.podlogar@akwl.de).

Literatur: [1] Statistisches Bundesamt, 2019 [2] Centers for Disease Control and Prevention: The Core Elements of Antibiotic Stewardship for Nursing Homes. 2015 [3] Peron EP et al. Another setting for stewardship: high rate of unnecessary antimicrobial use in a vete- rans affairs long-term care facility. J Am Geriatr Soc. 2013;61:289–290. [4] Centers for Medicare & Medicaid Services Medicare and Medicaid Programs; Reform of Requirements for Long-Term Care Facilities. 2015

AKWL Mitteilungs blatt 01-2020 / 13

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