Fortbildung aktuell – Das Journal Nr. 4/2019

HIV-SELBSTTESTS

TABELLE 1: In Deutschland verfügbare HIV-Selbsttests mit CE-Kennzeichnung. Testname Herstellerhomepage Ergebnis nach Sensitivität/Spezifität Atomo HIV Self Test www.atomohivtest.com 15 Minuten 99,6 %/99,6 % Autotest® VIH www.autotest-sante.com 15 Minuten 100 % / 99,8 % Biosure HIV Self Test https://hivselftest.co.uk/ 15 Minuten 99,7 %/99,9 % Exacto® HIV-Selbsttest www.hivtest-exacto.de 10 Minuten 100 %/99,2–100 % INSTI® HIV Selbst-Test www.hivheimtest.de direkt 100 %/99,5–99,8 %

• infektiöses Material wie Blut oder an- dere HIV-haltige Körperflüssigkeiten Kontakt mit intakter Haut hatten. Auch bei Stichverletzungen Unbeteiligter (z. B. Kinder) durch herumliegendes, ge- brauchtes Drogen-Injektionsbesteck ist eine PEP nicht empfohlen, hingegen ist in diesem Fall an eine Infektion mit Hepatitis B, C und Tetanus zu denken. 5 Eine Auflistung der in Deutschland ver- fügbaren Selbsttests mit CE-Kennzeich- nung ist in Tabelle 1 aufgeführt. Alle Immunassays funktionieren nach dem gleichen Prinzip, einer Antigen-Antikörper- Reaktion auf HIV-1- und HIV-2-Antikörper im Kapillarblut. Je nach Hersteller kann das Ergebnis direkt, zehn oder 15 Minuten nach Durchführung des Tests abgelesen werden (s. Tab. 1). Generelle Unterschiede ergeben sich aus der verwendeten Test- form, Testkassette oder Teststäbchen und in den Anwendungsschritten. Ausführli- che und bebilderte Gebrauchsanweisun- gen, meist auch in mehreren Sprachen, können auf den jeweiligen Hersteller- homepages heruntergeladen werden. Die Angaben zur Sensitivität und Spezifi- tät (s. Tab. 1) gehen auf Untersuchungen der Hersteller zurück und wurden anmehr oder weniger großen Patientenkollektiven erprobt. Leider kommt es bei diesen sta- tistischen Kenngrößen aber immer wie- der zu Verwirrungen, nicht nur bei Laien. Die Sensitivität beschreibt die Güte der Nachweisrate eines Tests, also den Anteil an erkrankten/infizierten Personen, die korrekt positiv getestet wurden an der Gesamtmenge der tatsächlich Erkrank- ten/Infizierten. Die Spezifität beschreibt hingegen die Treffsicherheit eines Tests, das ist der Anteil an gesunden Personen, die korrekt negativ getestet wurden an der Gesamtmenge der tatsächlich Gesun- den. Bei eingeschränkter Sensitivität zei- gen sich falsch negative Testresultate und Erkrankte/Infizierte werden im Glauben gelassen, nicht erkrankt/infiziert zu sein. Bei einem Test auf eine HIV-Infektion ist von großer Bedeutung, jeden Infizierten zu erfassen, weshalb hier eine Sensitivität Verfügbare Selbsttests in Deutschland Hohe Sensitivität und Spezifität gefordert

der Spezifität auf alle gesunden Personen bezieht, die sich einem Test unterziehen und im Kontext gesehen werden muss, wie viele Infizierte es innerhalb der Be- völkerung gibt: Wenn 99,8 Prozent aller Nicht-Infizierten bei korrekter Anwen- dung ein negatives Ergebnis bekommen, erhalten „nur“ 0,2 Prozent aller Nicht-Infi- zierten ein falsch positives. Dies sind mit- unter aber viele Personen, was daran liegt, dass HIV in der Gesamtbevölkerung eine niedrige Prävalenz hat (0,1 Prozent). Wür- de man die gesamte Bevölkerung scree- nen, kämen Fehlalarme bisweilen sogar häufiger vor, als richtig positive Ergebnis- se (siehe Beispiel 1 im Infokasten unten). Da aber davon auszugehen ist, dass mehr Personen einen HIV-Selbsttest machen werden, die ein erhöhtes HIV-Risiko haben (zum Beispiel MSM), beziehungsweise die einer HIV-Risikosituation ausgesetzt wa- ren, wird die Mehrzahl der reaktiven HIV- Tests korrekt positiv sein. Falsch positive Testresultate kommen aber auch hier vor

von 100 Prozent zwingend erforderlich ist. Unter dieser hohen Empfindlichkeit lei- det meist ein wenig die Spezifität, so dass auch Nicht-Infizierte ein positives Testre- sultat erhalten können, welches dann aber falsch positiv ist und die Betroffenen ver- unsichert, infiziert zu sein. Für viele Personen klingt eine 99,8-pro- zentige Spezifität/Treffsicherheit sehr vertrauenswürdig. Vielfach wird hierun- ter verstanden, dass diese Angabe für den Test der individuellen Person gilt, der Test also zu 99,8 Prozent recht hat, den Anwen- der korrekt als gesund zu identifizieren und nur zu 0,2 Prozent einen Fehlalarm bei dieser Fragestellung provoziert. Dies impli- ziert, dass falsch positive Ergebnisse sehr selten vorkommen und man daher bei ei- nem reaktiven Test mit an Sicherheit gren- zender Wahrscheinlichkeit HIV-positiv ist. Richtig ist hingegen, dass sich die Angabe Achtung Statistik

Bei einer Prävalenz von 0,1 % in der Gesamtbevölkerung gibt es 100 HIV-Positive unter 100.000 Personen • Beispielhafte Testeigenschaften: · · Sensitivität 100 % · · Spezifität 99,8 % • Werden 100.000 Personen der Gesamtbevölkerung getestet, erhalten: · · 100 HIV-Positive ein positives Testergebnis · · Kein HIV-Positiver ein falsch negatives Testergebnis · · ~ 200 Nicht-Infizierte ein falsch positives Testergebnis! (99.900 Nicht-Infizierte * 0,2/100) • Demnach sind zwei von drei positiven Testergebnissen falsch positiv. Wird der Test hingegen von Personen durchgeführt, die ein statistisch erhöhtes HIV- Risiko haben, ändert sich die Aussagekraft des Tests. Beispielsweise ist die HIV-Präva- lenz bei MSMmit 2 % deutlich höher als in der Gesamtbevölkerung. Hier befinden sich 2000 HIV-Positive unter 100.000 Personen (MSM). • Wird der Test mit den gleichen Testeigenschaften von 100.000 MSM durchgeführt, erhalten: · · 2.000 HIV-Positive ein positives Testergebnis · · Kein HIV-Positiver ein falsch negatives Testergebnis · · 196 Nicht-Infizierte ein falsch positives Testergebnis (98.000 Nicht-Infizierte * 0,2/100)! • Demnach ist nur noch einer von elf positiven Testergebnissen falsch positiv.

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