Fortbildung aktuell – Das Journal Nr. 4/2019

DR. HELGA BLASIUS

TABELLE 1: Liste der möglichen Bezeichnungszusätze/Qualifier (in nationalen Verfah- ren, Liste nicht abschließend)

Handelsnamen (insgesamt fast 900 Ein- sprüche bei angenommenen und abge- lehnten Namen). An zweiter Stelle – mit weitem Abstand – werden Ähnlichkeiten mit dem INN angeführt und and dritter Stelle die Vermittlung einer Werbebot- schaft. Hieraus wird ersichtlich, dass der Spielraum für neue „Wortschöpfungen“ bei den Arzneimittelnamen vor allem im europäischen Kontext immer enger zu werden scheint. Bei der Durchforstung des Commu- nity Registers, 7 in das die zentralen eu- ropäischen Zulassungen aufgenommen werden, stößt man überwiegend auf erstaunliche und befremdlich anmuten- de Wortschöpfungen, wie z. B. Akynzeo, Byetta, Cymbalta, Exforge, Firdapse, Jyl- amvo, Odefsey, Synjardy, Venclyxto oder Xyltrophy, 8 die keinerlei Assoziation zu irgendeiner Sprache in Europa aufkom- men lassen. Wer jeden Tag in der öffent- lichen Apotheke Dienst tut, wird ein Lied davon singen können, wie schwer es sein kann, sich solche sprachlichen „Elaborate“ einzuprägen. Möchte der Zulassungsinhaber den Na- men eines Präparates ändern, so muss der Zulassungsbescheid entsprechend geän- dert werden. Das Arzneimittel darf unter der alten Bezeichnung vom pharmazeu- tischen Unternehmer noch ein Jahr und von den Groß- und Einzelhändlern noch zwei Jahre, beginnend mit dem auf die Be- kanntmachung der Änderung im Bundes- anzeiger folgenden 1. Januar oder 1. Juli, in den Verkehr gebracht werden (§ 29 Abs. 2 AMG). Schwierig kann es werden, wenn Namen von Präparaten, die nie vermarktet, aufge- hoben oder umbenannt wurden, wieder verwendet werden sollen. Die Übertra- gung bzw. Weiterverwendung einer Phan- tasiebezeichnung für ein anderes Arznei- mittel mit einem anderen Wirkstoff ist zwar grundsätzlich möglich, jedoch soll- te ab dem Zeitpunkt der „Aufgabe“ der bisherigen Bezeichnung (z. B. durch Be- zeichnungsänderung, Zulassungsverzicht, Änderungen einer Arzneimittelbezeichnung Wiederverwendung einer Phantasiebezeichnung

Bezeichnungszusatz Bedeutung/Bedingung für die Zulässigkeit akut

besonders schnell wirkende Arzneimittel (schnelle Freisetzung) zwei Arzneimittel in einer Packung (z. B. Tablette und Creme) Kombinationsarzneimittel der besonderen Therapierichtungen bzw. der Allopathie mit zwei oder mehr Wirkstoffen (Einzelfallprüfung) Teil einer Arzneimittelserie, wenn unter dem Phantasienamen bereits ein Monopräparat vermarktet wird und zu dessen Wirkstoff ein weiterer Wirkstoff aufgenommen wird (im Gegensatz zu mono) „stärker dosiertes Arzneimittel“/schwächere Dosierung („die Hälfte“). Vergleichsmaßstab ist dabei nicht nur die Produktlinie eines Zulassungsinha- bers, sondern auch die Stärke des Arzneimittels absolut. Das Mittel muss relativ zu anderen Arzneimitteln des Zulassungsinhabers und absolut zum Markt einen höheren/geringeren Wirkstoffgehalt aufweisen. Hinweis auf einen weiteren Wirkstoff zusätzlich zum bisherigen „Standard- wirkstoff“/„Standardwirkstoffkombination“ dieses Arzneimittels. Der weitere Wirkstoff soll hinter dem „Plus“ genannt werden. verzögerte Freisetzung (Alternativen: Depot/prolong nur im Einzelfall) unterscheidendes Merkmal, wenn das Arzneimittel keine Konservierungsstof- fe/Farbstoffe (mehr) enthält, vergleichbare Arzneimittel aus der Serie aber wohl Anwendung in den Mastdarm/After

Combi, Kombi comp., comp

duo

Forte/mite

plus

rektal retard

sine

TTS

Transdermales Therapeutisches System

geprüft werden. Bei der Sichtung wer- den also auch die Präparate auf den na- tionalen Arzneimittelmärkten (inklusive solcher mit ruhenden oder widerrufenen Zulassungen) miteinbezogen. Auch bei der nachfolgenden Vermarktung wird ein strenges Auge darauf geworfen, ob der Handelsname in der Praxis Anlass zu Si- cherheitsrisiken liefert. Ich solchen Fällen treten dann ggf. die Pharmakovigilanz- Institutionen bei den Behörden bzw. der Pharmakovigilanz-Ausschuss bei der EMA (PRAC) auf den Plan. Zur Verbesserung der Transparenz muss in Packungsbeilagen von Arznei- mitteln, die in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union unter anderen Bezeichnungen für das Inverkehrbringen genehmigt sind, zusätzlich ein Verzeich- nis der dort genehmigten Bezeichnungen aufgeführt werden (§11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AMG). Nach der Statistik der Name Review Group für 2018 wurden im letzten Jahr insgesamt 236 von den Herstellern vor- geschlagene Handelsnamen von der NRG akzeptiert und 205 abgelehnt. 6 Der am häufigsten vorgetragene Einspruch be- traf die Ähnlichkeit mit einem anderen Viele Namensvorschläge abgelehnt

prüft, ob ein von einem Antragsteller vor- geschlagener Arzneimittelname ein Si- cherheitsrisiko auslösen könnte. Hiermit sind etwaige Irreführungen, etwa bezüg- lich der Indikation oder der Zusammenset- zung oder auch Verwechslungsgefahren mit bereits imHandel befindlichen Arznei- mitteln gemeint, und zwar bei der Angabe im Druck, handschriftlich oder mündlich. Als Hilfestellung für die Antragsteller in Zulassungsverfahren hat der CHMP eine spezielle Leitlinie veröffentlicht. 5 Die Namen sollten weder zu kurz noch zu komplex sein. Sie sollten keine Wer- bebotschaft in Bezug auf das Präparat vermitteln. Auch sollten sie in keiner Sprache eine negative Konnotation besit- zen. Möchte der Antragsteller statt eines Phantasienamens den INN des Wirkstoffs zusammen mit der Angabe seines Unter- nehmens verwenden, so muss der INN exakt, wie von der WHO verabschiedet, genutzt werden (weder mit Auslassungen noch abgekürzt). Ähnlichkeiten sind nicht zulässig. Der Hersteller darf zwei Vorschläge machen, die dann von der NRG und den Kontaktstellen in den nationalen Arz- neimittelbehörden auf Herz und Nieren Namensfindung und Nachbeobachtung

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