Fortbildung aktuell – Das Journal Nr. 4/2019

ARZNEIMITTEL- UND WIRKSTOFFBEZEICHNUNGEN

Arzneimittel je nach Anwendungsgebiet, Patientenpopulation oder Packungsgröße teils verschreibungspflichtig, teils apo- thekenpflichtig bzw. freiverkäuflich sein. Auch dies sollte in den jeweiligen Bezeich- nungen adäquat berücksichtigt werden.

Für die Angabe der Stärke (je nach Darreichungsform der Wirkstoffanteil pro Dosierungs-, Volumen- oder Gewichts- einheit) muss neben der Zahlenangaben immer auch die Maßeinheit angegeben werden. Für die Darreichungsformwerden die europäischen „Standard Terms“ 3 ver- wendet. Mit der erweiterten Bezeichnung sollten Angehörige der Gesundheitsberu- fe und auch die Patienten auf einen Blick erkennen können, welches Arzneimittel sie vor sich haben. Die grundsätz- lich auf zweierlei Weise gebildet wer- den, und zwar als „Generika-“ oder als „Phantasiebezeichnung“. Bezeichnungen von Generika folgen dem Muster: Wirkstoffname (meist der INN) plus Name des Zulassungsinhabers oder eine geeignete Abkürzung des Na- mens oder eine Marke („Warenzeichen“/ „trade mark“) (z. B.: Ibuprofen Pharma des Zulassungsinhabers Pharma GmbH). Eine Phantasiebezeichnung kann zwar (ungeachtet weiterer Bezeichnungszu- sätze) aus einem oder mehreren Wörtern bestehen, aber die Behörden empfeh- len ausdrücklich die Einhaltung der Ein- Wort-Regel. Die Phantasiebezeichnung soll grafisch als Einheit erkennbar sein, damit sie zweifelsfrei als eigentliche Arz- neimittelbezeichnung erkannt werden kann. Eine neue Phantasiebezeichnung sollte sich von bereits zugelassenen Arz- neimitteln in mindestens drei Buchstaben unterscheiden. Zu den Phantasiebezeichnungen zäh- len auch Mischformen, wie die Verbin- dung von Wirkstoffabkürzungen mit dem Namen des Zulassungsinhabers (z. B. Irbe- Pharm für Irbesartan des Zulassungsinha- bers Pharma GmbH) oder der Marke sowie alle Bezeichnungen mit Bezeichnungszu- sätzen (siehe unten). In der Phantasiebezeichnung kann auch eine Indikation als Wortbestand- teil erwähnt werden, wenn sie dadurch zutreffend abgebildet wird, z. B. „Phan- tasin-krupp“ (gegen Krupphusten) oder „Schmerzphantasin“. Auch Darreichungs- formen oder die Art der Anwendung dürfen angedeutet werden (z. B. „Phan- ta-plast“ für ein Schmerz-Pflaster). Bei Arz- neimittelserien können wirkstoffgleiche Bezeichnung kann Generika- oder Phantasiebezeichnung

bekannt gemacht. Mit der neuen gemein- samen „Leitlinie zur Bezeichnung von Arzneimitteln" von 2013 setzen das Bun- desinstitut für Arzneimittel und Medizin- produkte (BfArM) und das Paul-Ehrlich- Institut (PEI) der Industrie heute deutlich engere Grenzen bei der Auswahl von Arz- neimittelnamen und ihren Zusätzen. 2 In den Jahren zuvor hatten sich zunehmend Schwierigkeiten bei der Namensgebung für Arzneimittel offenbart. Vor allem im OTC-Bereich sollen mit den Bezeichnun- gen verstärkt auch Marketingstrategien verfolgt worden sein, etwa durch Bean- tragung verharmlosender Arzneimittel- namen und verwirrender Namenszusät- ze wie „super" oder „express". Mit der neuen Leitlinie geben die Behörden den Pharmaunternehmen nun bereits im Vor- feld eines Antrages klare Arbeits- und Ent- scheidungshilfen an die Hand. Im Folgen- den wird auf die wesentlichen Inhalte der Leitlinie kurz eingegangen. Mit der „Bezeichnung“ ist die eigentliche Produktbezeichnung gemeint. Daneben gibt es in der Richtlinie 2001/83/EG die er- weiterte Bezeichnung des Arzneimittels, die aus folgenden Elementen besteht: „Bezeichnung des Arzneimittels“ – Stär- ke – Darreichungsform – sowie, falls zu- treffend Angaben zum Anwenderkreis (Säuglinge, Kinder, Erwachsene). Beispiel • für Bezeichnungen von Generika: Ibu- profen Pharma 100 mg Tabletten für Kinder von sechs bis zwölf Jahren • für Phantasiebezeichnungen: Phan- tasin 100 mg Tabletten für Kinder von sechs bis zwölf Jahre In der Kennzeichnung, (Primärbehältnis und Umverpackung) und in der Packungs- beilage muss diese erweiterte Bezeich- nung angegeben werden. Enthält das Arz- neimittel bis zu drei Wirkstoffe, so muss auch der internationale Freiname (INN) aufgeführt werden (siehe unten) oder, falls es keinen INN gibt, die gebräuchliche Bezeichnung (siehe Kasten). Die Angabe zum Anwenderkreis bzw. des/der INNs kann entfallen, wenn diese bereits in der Bezeichnung selbst enthalten sind. Bezeichnung und erweiterte Bezeichnung

Bezeichnungszusätze

Bezeichnungen können außerdem durch Zusätze ergänzt werden, die der jeweiligen „Bezeichnung des Arzneimittels“ zugeord- net werden. (Achtung: nicht verwechseln mit der erweiterten Bezeichnung). Sie ha- ben eine erläuternde oder beschreibende Funktion und können die Spezifizierung von Indikationen, Wirkstoffen, den An- wenderkreis, die Darreichungsform, die Art der Anwendung oder auch das Pri- märbehältnis oder eine Applikationshilfe betreffen (Beispiel: Phantasin Schmerzgel 2,5 % (25 mg/g) Gel. „Schmerzgel“ ist da- bei der Bezeichnungszusatz und „Gel“ Teil der erweiterten Bezeichnung. Für besondere Diskussionen und häufig auch rechtliche Auseinandersetzungen sorgen die sogenannten „Qualifier“, knap- pe Bezeichnungszusätze als Worte oder Wortteile (Abkürzungen), die für Fach- kreise geläufig sind und für die Anwen- der verständlich sein müssen. Sie dürfen keine falschen Assoziationen wecken. Die BfArM-/PEI-Leitlinie enthält im Anhang eine nicht abschließende Liste solcher Be- zeichnungszusätze (Tab. 1). Bei europäischen Zulassungen ist die Her- ausforderung, eine passende Bezeichnung zu finden, noch größer. Zentral zugelas- sene Präparate müssen in allen Ländern denselben Namen tragen. Ausnahmen sind nur begrenzt möglich. Die Bezeich- nung muss sich deshalb so gut wie mög- lich in viele Sprachen „einpassen“ und sich zudem überall von Vergleichbarem abheben. Um die „Verwirrung“ in Grenzen zu halten, wurde beim Europäischen Aus- schuss für Humanarzneimittel der Europä- ischen Arzneimittelagentur (CHMP) schon vor zwanzig Jahren eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich mit der Bewertung von vorgeschlagenen Handelsnamen für zentral zuzulassende Präparate befasst. Die (Invented) Name Review Group (NRG) 5 Namensfindung bei zentralen Zulassun- gen: Die Name Review Group

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