Fortbildung aktuell [ Das Journal ] 4/2017

DR. VERENA STAHL

„unbeliebt“. Die Erziehungsberechtigten, die vielleicht schon seit vielen Jahren die Therapie ihrer Kinder, zum Teil „aufopfe- rungsvoll“ gesteuert und begleitet haben, müssen daher frühzeitig lernen, Stück für Stück Verantwortung abzugeben, ein gesundes Maß an Vertrauen und Kont- rolle walten zu lassen und ihre Sprösslin- ge entwicklungs- und altersgerecht im Selbstmanagement ihrer Erkrankung zu unterstützen. Schon im Grundschulal- ter können Kinder beispielsweise eigene erste Aufgaben übernehmen, wie z. B. Blutzuckermessen und Broteinheit (BE) oder Kohlenhydrateinheit (KE) schätzen (Abbildung 1). Um Kinder und Jugendliche mit T1DM zu befähigen, eigene Therapie-Entscheidun- gen treffen zu können, müssen sie von Kindesbeinen an in die Rationale der Ent- scheidungsfindung und im Umgang mit Problemen im Zusammenhang mit der Diabetestherapie eingebunden werden. Je besser dies gelingt, umso schneller wer- den die Jugendlichen zu Experten bezüg- lich ihrer eigenen Therapie und umsomehr Vertrauen haben sie in ihre Kompetenz, Selbstmanagement erlernen

als Reaktion auf zu hohe oder zu nied- rige Blutzuckerwerte. Dies ist wahrlich kein „Kinderspiel“ und auch beim Einsatz von Insulinpumpen ist viel Mitdenken erforderlich!

die Erkrankung im Griff zu haben (Selbst- wirksamkeit). Diese Eigenschaften befä- higen sie dann auch, mit ihren Eltern und den Behandlern auf Augenhöhe über die Erkrankung und die Therapie sprechen zu können. Dennoch sollten Eltern als beratende und unterstützende Instanz im Hintergrund bleiben, da Kindern und Jugendlichen nicht immer die Konsequen- zen ihrer Entscheidungen verständlich sind. Ziehen sich Eltern zu früh aus dem „Diabetes-Management“ zurück (sei es durch eigene Überforderung, Zeitman- gel, aber auch infolge Überdrüssigkeit), ohne dass ihre Kinder die notwendigen Kompetenzen im Selbstmanagement der Erkrankung erlangt haben, kann dies die Adhärenz der Therapie stark schwächen. 2 Zudem werden Misserfolge bei der alters- typisch geringen Frustrationstoleranz nur schwer weggesteckt. WEITERFÜHRENDE LINKS • Bund diabetischer Kinder und Ju- gendlicher e.V.: www.bund-diabetischer-kinder.de • Forum für Kinder, Jugendliche und Eltern: www.diabetes-kids.de • Forum für Jugendliche: www.diabetes-teens.net • Stationäres Hilfswerk für jugendli- che Diabetiker: www.jugenddiabetes.de • Diabetes-Trainingscamp für Kinder und Jugendliche: www.zuckerstachel.de • LesenswerterBlogvonzweiMüttern: www.kinder-mit-typ1-diabetes.net Der Kommunikation zwischen Eltern und Jugendlichen mit T1DM über die Erkran- kung kommt in der hitzigen Phase der Pu- bertät eine besondere Bedeutung zu. Eltern müssen sich dabei stets vor Au- gen führen, dass ihre Rolle als „Diabetes- Manager“ nicht die bestimmende Kom- ponente in der Eltern-Kind-Beziehung (und im gesamten Familiengefüge!) sein darf, denn das Kind ist mehr als sein Dia- betes! Psychologen der Universität Utah konnten in ihrer Longitudinalstudie mit 252 jugendlichen Typ-1-Diabetikern und ihren Eltern den Nachweis erbringen, dass die Güte der mütterlichen und väterlichen Klare Regeln und Teamwork

Der Diabetes-Manager

Die Aufgabe des „Diabetes-Managers“ übernehmen meist Mütter (seltener Vä- ter) und in jungen Jahren gelingt es den Familien oft, die gesteckten Therapie- ziele einzuhalten. Dies ändert sich typi- scherweise in der Pubertät, in der es den Heranwachsenden meist an der für eine Diabetestherapie unabdingbaren Diszi- plin mangelt, gleichzeitig steigt die Risi- kobereitschaft (hinzukommen die oben angesprochenen physiologisch beding- ten Stoffwechselschwankungen) und die Unterstützung der Eltern nimmt ab. Die Folgen dessen sind mitunter dramatisch: Die Erkrankung entgleist, Krankenhaus- aufnahmen treten gehäuft auf und die HbA1c-Werte schrauben sich in schwin- delerregende Höhe. Schnell machen sich die besorgten Eltern mit gut gemeinten Ratschlägen oder durch häufiges Nach- fragen, z. B. zur erfolgten Blutzuckermes- sung oder zum aktuellen Blutzuckerwert

ABBILDUNG 1: Nur wenn Kindern früh Verantwortung für die eigene Therapie übertra- gen wird, können sie das Selbstmanagement ihrer Erkrankung erlernen.

Foto: rkris – Fotolia.com

AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal /  13

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