Mitteilungsblatt Nr. 2/2017 (27. April 2017) inkl. AKWL-Geschäftsbericht 2016

WLAT IN MÜNSTER

„Big Data im Gesundheitswesen“ nahm Oxford-Professor Viktor Mayer- Schönberger (links) zum Auftakt des ersten Kongresstages in den Blick. Profes- sor Bernhard Pörksen verdeutlichte am zweiten Kongresstag, dass Smartphones wie einst ein Tamagotchi die Aufmerksamkeit ihrer Nutzer beanspruchen.

„Big Data ist so bedeutend wie die Aufklärung“ Strategien im Umgang mit der neuen Medienmacht Beeindruckende Keynotes von Mayer-Schönberger und Pörksen zu Vernetzung und Vertrauen

achtsameren Umgang mit den digitalen Medien ein. „Bei kognitiv anspruchsvol- len Aufgaben brauchen wir nach einer Ablenkung bis zu 25 Minuten, um unser vorheriges Konzentrationsniveau wieder erreichen zu können“, verdeutlichte der „Professor des Jahres 2008“. Und allein das Smartphone sorge täglich für bis zu 100 solcher Ablenkungen. Dagegen emp- fiehlt Pörksen ein Konzept der Medien- mündigkeit, das möglichst bereits an den Schulen gelehrt werden solle. Und was kann der Einzelne tun? „Man sollte möglichst über eine Ritual- und Regelbildung bewusst Offline-Inseln schaffen und die Art der Kommunikation vorleben, die wir uns selbst wünschen, beispielsweise keine Smartphones beim Essen zu benutzen“, so der Kommunika- tionswissenschaftler. Nach dem „Prinzip der Achtsamkeit“ müsse jeder für sich selbst herausfinden, wann und in wel- chem Ausmaß Medienkonsum ihm gut- tue oder schade. Pörksen: „Letztlich ist es wie mit dem Essen: Wer sich den ganzen Tag wahllos mit Informationen vollstopft, wird sich damit nicht unbedingt etwas Gutes tun.“ <

haben müssen. Mayer-Schönberger: „Was man dannmitunter findet, sind Korrelatio- nen, keine Kausalitäten.“ Der Österreicher, der am Oxford Internet Institute lehrt, verdeutlichte dies an einem sehr eindring- lichen Beispiel. Bei Frühgeborenen stellen Infektionen ein großes Risiko dar. Könnte man sie erkennen, noch bevor sich Symp- tome zeigten und eine Antibiotikathera- pie einleiten, würde das die Überlebens- chancen der winzigen Patienten deutlich verbessern. Die massenhafte Analyse von Vitaldaten führte zu der erstaunlichen Er- kenntnis, dass gerade eine Stabilisierung der „Frühchen“ oft unmittelbar vor einer solchen Infektion stehe. Warum es zu die- ser Stabilisierung komme, sei den Wissen- schaftlern nicht bekannt, sie könnten mit diesem Wissen aber jetzt rechtzeitig eine Antibiose einleiten.

> Spannende Impulse zu den Tagesthemen „Vernetzung“ (am Samstag) und „Vertrauen“ (am Sonntag) vermittelten die Redner Viktor Mayer-Schönberger (Oxford) und Bernhard Pörksen (Tübingen) zu Beginn der beiden Kongresstage. „Big Data ist so bedeutend wie die Aufklä- rung und eröffnet uns einen neuen Blick auf die Welt“, sagte Oxford-Professor Viktor Mayer-Schönberger in seiner Key- note am ersten Kongresstag zum Thema „Vernetzung“. Der international anerkann- te Bestseller-Autor ist von der Hoffnung getragen, dass mit der Menge der Daten auch die Qualität steigt. „Das Ziel muss es sein, Entscheidungen nicht gefühlsmäßig, sondern rational zu treffen.“ Um aber aus den riesigen Datenmengen neue Erkennt- nisse zu gewinnen, benötigt man ein an- deres Vorgehen, als zu Zeiten von „Small Data“. Man müsse letztlich „die Daten sprechen lassen“: Es gehe darum Mus- ter zu finden, die einen Zusammenhang zwischen Vorkommnissen herstellen, die ursächlich gar nichts miteinander zu tun

Plädoyer für mehr Achtsamkeit

„Einen permanenten Zustand der Auf- regung“ diagnostizierte Medienforscher Professor Dr. Bernhard Pörksen (Tübingen) in seiner Keynote zu Beginn des zwei- ten Kongresstages und forderte einen

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