Mitteilungsblatt 7/2019, 26. September 2019

RATGEBER APOTHEKENPRAXIS

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Das Service-Portal Pharmazie vereint die Aufgaben der Regionalen Arzneimittelinformationsstellen und die der Abteilung „Pharmazeuti- sche Praxis“. Wir unterstützen Sie bei Fragestellungen in den Bereichen „Arzneimittelinformation und Medikationsmanagement“ und bei der Umsetzung gesetzlicher Bestimmungen in die pharmazeutische Pra- xis. Einzelne Fallbeispiele veröffentlichen wir regelmäßig in unserem Mitteilungsblatt.

Inadhärenz bei Polymedikation Gemeinsam Lösungen finden

> Herr Meier (Name geändert) ist ein 81-jähriger Stammkunde mit Vorhofflimmern, arterieller Hypertonie und Psoriasis-Arthri- tis, die starke Schmerzen verursacht. Bis auf die Schmerzen geht es ihm gut, und er sieht eigentlich nicht ein, schon zum „alten Eisen“ zu gehören. Auf seinemMedikationsplan stehen folgende Arzneimittel:

und des nicht unmittelbar erlebbaren Nutzens einiger Arznei- mittel die Adhärenz leidet. Dazu kommen Ängste bezüglich möglicher Nebenwirkungen und Abhängigkeiten. Diese Bedenken muss man ernst nehmen, auch um zu vermeiden, dass Patienten ihre Probleme aus Angst vor negativen Reakti- onen nicht mehr berichten und ihre Medikation in Eigenregie ändern. • Besonders kritisch ist die derzeitige Schmerzmedikation anzusehen. Leitliniengerecht werden bei Psoriasis-Arthritis nichtsteroidale Antirheumatika eingesetzt. Allerdings hat der behandelnde Arzt diese Option wegen des durch Apixaban erhöhten Risikos gastrointestinaler Blutungen in Verbindung mit dem hohen kardiovaskulären Risiko des Patienten ausge- schlossen. Wenn Opioide bei chronischen Schmerzen einge- setzt werden, soll die Einnahme „by the clock“, also regelmä- ßig zu festgelegten Zeiten erfolgen, um Schmerzspitzen zu vermeiden. Diesen begegnet Herr Meier mit der Einnahme hoher Metamizol-Dosen, die er im Vergleich zum Oxycodon für weniger problematisch hält. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: Die gleichzeitige Gabe von MTX und Metamizol erhöht das Risiko für schwere Blutbildstörungen. Wünschenswert wäre das Erreichen einer stabilen Schmerzsituation durch möglichst einfache Einnahmemodalitäten. Lösungsansätze • Die Einnahme des direkten oralen Antikoagulans Apixaban erfolgt zur Schlaganfallprophylaxe bei Vorhofflimmern. Zur Berechnung des individuellen Schlaganfall-Risikos wird der CHA 2 DS 2 -VASc-Score herangezogen [1]. Da Herr Meier über 75 Jahre alt ist und an Hypertonie leidet, wird sein Schlaganfall- risiko als hoch eingeschätzt (3 Punkte). Bereits bei mittlerem Risiko (2 Punkte) wird empfohlen, dauerhaft eine orale Anti- koagulation durchzuführen. Durch das gelegentliche Auslassen einzelner Apixaban-Dosen erhöht sich das Schlaganfallrisiko in nicht vorhersehbarer Weise. Eventuell könnte der Patient von einer Umstellung auf ein einmal täglich zu dosierendes NOAK profitieren.

Metoprololsuccinat 47,5 mg Retard- tbl.

1-0-1

Pantoprazol 20 mg Tbl.

1-0-1 1-0-1 1-0-1

Apixaban 5 mg Filmtbl. (Eliquis®) Oxycodon/Naloxon 10 mg/5 mg Retardtbl.

Metamizol 500 mg/ml Tr.

bei Bedarf 40 Tropfen 1x / Woche (montags) 1x / Woche (dienstags)

MTX 15 mg s.c.

Folsäure 5 mg Tbl.

Bei der Einlösung seiner Rezepte merkt er an, dass ihm die Ein- nahme der vielen Tabletten zunehmend auf die Nerven gehe – an manchen Tagen nehme er deshalb einfach gar nichts. Vor al- lem die Schmerzmedikation nehme er unregelmäßig ein. Wenn er nichts Besonderes vorhabe, lasse er das Oxycodon-Präparat morgens häufiger mal weg. Es sei ja schließlich nicht gut, im- mer so viele starke Schmerzmittel zu nehmen, und er wolle auch nicht abhängig werden. Auf Nachfrage gibt er allerdings zu, dass er an solchen Tagen gegen Mittag häufig doch starke Schmer- zen habe und dann nach Bedarf bis zu dreimal 40 Tropfen Meta- mizol nehme. Auch den Blutverdünner und den Blutdrucksenker nehme er nicht so regelmäßig ein, da er nicht das Gefühl habe, dass es ihm dadurch besser gehe. Sein Vorhofflimmern bemerkt er selbst nicht. Dass er, der sein ganzes Leben lang sportlich war und nicht geraucht hat, einen Schlaganfall bekommen könnte, kann er sich nicht vorstellen. Probleme • Bei Patienten wie Herrn Meier ist das Risiko groß, dass ange- sichts der – subjektiv empfundenen – hohen Tablettenzahl

AKWL Mitteilungs blatt 07-2019 / 13

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