Mitteilungsblatt 5/2019, 11. Juli 2019

RATGEBER APOTHEKENPRAXIS

Ein Fall aus CIRS-Pharmazie

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> CIRS-Pharmazie NRW ist eine gemeinsame Initiative der Apothe- kerkammern Nordrhein (AKNR) und Westfalen-Lippe (AKWL). Die Buchstaben „CIRS“ stehen für Criti- cal Incident Reporting System, zu Deutsch „Datenbank für kritische Ereignisse“. Es handelt sich um ein internetgestütztes, einrichtungs- übergreifendes Berichts- und Lern- system für Apotheken zur anony- men Meldung von Medikations- fehlern oder Beinahe-Schäden. Das Berichts- und Lernsystem CIRS- Pharmazie NRW kann einen wichti- gen Beitrag zum Risikomanage- ment in Apotheken leisten. Das Fertigarzneimittel Srivasso® enthält den Wirkstoff Tiotropiumbromid. Tiotro- piumbromid ist ein Parasympatholyti- kum und wirkt antagonistisch an muska- rinischen Acetylcholin-Rezeptoren. Nach Inhalation wird die Bronchialmuskulatur erschlafft und so der Atemwegswider- stand herabgesetzt. Tiotropiumbromid ist indiziert als dauerhaft einzusetzen- der Bronchodilatator zur Linderung von Symptomen bei chronischer obstrukti- ver Lungenerkrankung (COPD) [1]. Akute Intoxikation nach versehentlicher oraler Einnahme von Tiotropiumbromid ist un- wahrscheinlich, da Tiotropiumbromid nur eine geringe orale Bioverfügbarkeit besitzt [2]. In der Lauer-Taxe wird bei Srivasso® als Darreichungsform die Abkürzung „HPI“ angegeben — Hartkapsel mit Pulver zur Inhalation. Die Tiotropiumbromid-Kap- seln sind nur zur Inhalation mit einem HandiHaler vorgesehen, nicht zum Ein- nehmen. Wenn ein Patient ein Arzneimit- tel nicht richtig anwendet, dann kann das Arzneimittel unter Umständen nicht aus- reichendwirkenoder sogarunerwünschte

Eine Studie belegt , dass eine einmalige Beratung in der Apotheke den Anteil der Patienten, die bei der Anwendung eines Inhalationsarzneimittels Fehler machen, um 65 Prozent reduzieren kann. Foto: Fotolia.com©contrastwerkstatt

Kapseln zur Inhalation geschluckt statt inhaliert Folgendes Ereignis fiel an der Schnittstelle Apotheke-Patient auf:

Fall-Nr.: 194457

Sprachkenntnisse. Bei uns aufgefallen ist die falsche Anwendung, weil wir nachgefragt haben, ob sie den Inhala- tor hat. Verschreibung war vomHaus- arzt, auf dem Medikationsplan stand nur „1 Kps morgens“, ohne Hinweis auf die Art der Anwendung. Bei der ersten Abgabe hätte schon auf die Art der Anwendung (zur Inhalation) hingewiesen werden müssen.

Was ist passiert? Abgabe von Srivasso® Kapseln zur In- halation, Nachfüllpack. Die Patientin hat die Kapseln von der ersten Verord- nung geschluckt (1-0-0). Was war das Ergebnis? Keine Wirkung gegen die COPD-Be- schwerden, evtl. Nebenwirkungen auf Herz-Kreislauf-System verstärkt, Pati- entin hat wenig gemerkt. Wo sehen Sie Gründe für dieses Ereignis und wie hätte es vermieden werden können? Patientin türkisch-stämmig, schlechte

Wer berichtet? Apotheker/Apothekerin

Arzneimittelwirkungen hervorrufen. An- wendungsfehler gefährden den Therapie- erfolg und die Patientensicherheit.

lern führten. Da wäre beispielsweise die Patientin, die mit ihrem Dosieraerosol nicht lange „hinkam“, weil sie es stets falsch herum gehalten hatte (Fall-Nr. 152672). Oder der Patient, der mit dem Salbutamol-Fertiginhalat nicht einen Ver- nebler, sondern die Befeuchterkammer seines Beatmungs-Gerätes auffüllte (Fall- Nr. 164067).

Fehlerhafte Anwendung von Inhalationssystemen

Im Berichts- und Lernsystem CIRS-Phar- mazie NRW werden weitere Fälle be- schrieben, in denen erklärungsbedürftige Darreichungsformen zu Anwendungsfeh-

AKWL Mitteilungs blatt 05-2019 / 21

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