Mitteilungsblatt 4/2021, 28. Oktober 2021

RATGEBER APOTHEKENPRAXIS

Ein Fall aus CIRS-NRW

> CIRS-NRW ist eine gemeinsame Initiative der Ärztekammern Nord- rhein und Westfalen-Lippe, der Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe und der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen sowie der Apothekerkammer Nordrhein und Westfalen-Lippe in Zusammen- arbeit mit dem Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin. Die Buchstaben „CIRS“ stehen für Critical Incident Reporting-System, zu Deutsch „Datenbank für kritische Ereignisse“. Es handelt sich um ein internetgestütztes, einrichtungsübergreifendes Berichts- und Lernsystem zur anonymen Mel- dung von kritischen Ereignissen in der Patientenversorgung. CIRS-NRW soll dazu beitragen, dass über kritische Ereignisse offen gespro- chen und aus ihnen gelernt wird. Somit sollen Wege zur Vermeidung von Risiken diskutiert und Lösungsstrategien erar- beitet werden. Langfristig soll CIRS-NRW dazu beitragen, die Sicherheitskultur in Nordrhein-Westfalen zu verbessern und die Patientensicherheit zu fördern. CIRS- NRWdient somit auch als Instrument des Risiko- und Qualitätsmanagements. Im vorliegenden Fallbericht wurde das Präparat Jodthryox® (fixe Kombination aus Levothyroxin-Natrium und Kalium- iodid) durch die Kombination der beiden Präparate Euthyrox® (Levothyroxin-Natri- um) und Jodid® (Kaliumiodid) substituiert, da Jodthyrox® längere Zeit nicht lieferbar war. Bei der Substitution kam es zu einem Verordnungsfehler – aus ursprünglich 100 mcg wurden 50 mcg. Die Patientin war über mehrere Monate unterdosiert und berichtete über Symptomen wie Mü- digkeit und Abgeschlagenheit. Durch die aktive Nachfrage der Pa- tientin beim Apotheker, wann denn Jodthryox® wieder lieferbar sei, wurde der Verordnungsfehler aufgedeckt und korrigiert. Mögliche beitragende Faktoren: • mündliche Weitergabe von Informa- tionen (Apotheker > Arzt). Mündliche

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Verordnungsfehler führt zur Unterdosierung Folgendes kritisches Ereignis fiel in einer Apotheke auf:

Fall-Nr.: 216986

Was ist passiert? Die Patientin nahm schon seit Jahren Jodthyrox 100 Mikrogramm ein und hatte in der Apotheke eine Kundenkar- tei, in der dies vermerkt war. Aufgrund der Tatsache, dass Jodthyrox schon seit einer Weile nicht lieferbar war, schlug der Apotheker dem behandelnden Arzt vor, vorübergehend Euthyrox 100 Mikrogramm Tabletten aufzuschrei- ben und das Jod als separates Präparat dazu zu verordnen. Hierbei kam es zu einem Verordnungsfehler, und anstatt Euthyrox 100 wurde Euthyrox 50 Mik- rogramm aufgeschrieben. Weder dem Arzt noch dem Apothekenpersonal, noch der Patientin ist die Unterdosie- rung aufgefallen. Bei weiterführenden Verordnungen wurde, obwohl die Lie- ferfähigkeit bereits behoben war, ein- fach die fehlerhafte, vorherige Verord- nung von der Praxis übernommen. Die Patientin war also über den Zeitraum mehrerer Monate unterdosiert. Was war das Ergebnis? Die Patienten klagte in der Apothe- ke über Abgeschlagenheit und per- manente Müdigkeit und fragte, ob das Jodthyrox, was sie ursprünglich

verordnet bekommen hatte, wieder lieferbar ist. Dabei ist beim Überprü- fen der Kundendatei aufgefallen, dass die Wirkstoffmenge des ursprüngli- chen Jodthyrox nicht mit dem danach verordneten Euthyrox übereinstimm- te. Nach Rücksprache mit dem Arzt wurde bestätigt, dass es sich um einen Fehler handelte und zum ursprüngli- chen Präparat Jodthyrox 100 zurück gewechselt. Wo sehen Sie Gründe für dieses Ereignis und wie hätte es vermieden werden können? Eventuell bereits ein Kommunikations- fehler zwischen Arzt und Apotheke bei der mündlichen Übermittlung des Al- ternativvorschlages. Versagen sämtli- cher Kontrollinstanzen: Weder die Pra- xis hat das neue Medikament mit der Patientendatei abgeglichen noch der Apotheker den selbst initiierten Wech- sel überprüft, und auch die Patientin selbst hat nicht auf die Stärke des Me- dikaments geachtet. Durch eine kurze Überprüfung der Patientenkartei hät- te der Fehler sofort auffallen können.

AKWL Mitteilungs blatt 04-2021 / 17

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