Mitteilungsblatt 4/2021, 28. Oktober 2021
APOTHEKERSTIFTUNG
„Wir leben in einer Phase der digitalen Pubertät“ 13. Vortragsveranstaltung der Apothekerstiftung mit 200 Digital-Teilnehmer*innen
> Aus dem Thomas-Mann-Haus in Los Angeles sprach Kommunikati- onsforscher Professor Bernhard Pörksen am 28. August zu den 200 Teilnehmer*innen der 13. Vortrags- veranstaltung der Apothekerstif- tung. „Fakt und Fake, Infodemie und Pandemie“, über die neue Macht der Desinformation in einer medial immer stärker erregten Gesellschaft, lautete der Titel des Digitalvortrags. Die Vorstandsvorsitzende der Apotheker- stiftung, Gabriele Regina Overwiening, beschrieb in der Begrüßung und Hinfüh- rung zum Vortrag, dass die von Pörksen detektierte Erregtheit, die erstmals bei der Wahl von Donald Trump so richtig sichtbar geworden sei, inzwischen auch hierzulande Einzug gehalten habe, bei- spielsweise auch in den berufspolitischen Diskurs: „Diese Erregtheit kulminiert mit- unter in Aggression und verbindet sich oft mit dem Wunsch nach einer allmäch- tigen Führungsfigur, die alles so regelt, dass sich jede Sorge für uns in Wohlgefal- len auflöst. Und die vor allem keine Fehler macht“, so Overwiening. „Wir erleben es derzeit auch im Bundestagswahlkampf: Da wird nicht mehr um die großen Zu- kunftsthemen, Klimawandel, Gerechtig- keit, Digitalisierung gestritten, sondern
Live aus Los Angeles sprach Kommunikationsforscher Professor Bernhard Pörksen zu den 200 Teilnehmer*innen der 13. Vortragsveranstaltung der Apothekerstiftung Westfalen-Lippe.
erhalten.“ Stets nahm Bernhard Pörksen, in seinem Vortrag auch Bezug zum Ge- sundheitswesen. In der Corona-Pande- mie hätten Fake-News Hochkonjunktur gehabt, mit zum Teil tragischen Folgen, wie er am Beispiel eines amerikanischen Taxifahrers deutlich machte, der den dumpfen Parolen der Corona-Leugner folgte und seine Frau verlor. „Realität ist das, was nicht verschwindet, wenn man aufhört, daran zu glauben“, hatte schon der Schriftsteller Philipp K. Dick festge- stellt. Oder um mit Bernhard Pörksen zu sprechen: „Fake-News können unter den Bedingungen der Pandemie tödlich sein.“ Zum Abschluss eines intensiven Vor- tragsabends lockte Gabriele Regina Over- wiening bereits mit der Aussicht auf ei- nen weiteren hochkarätigen Redner: Für Samstag, 20. August 2022, hat sich der ehemalige Verfassungsrichter Professor Udo di Fabio angekündigt. Er wird im Erb- drostenhof zum Thema „Wie stabil sind die westlichen Demokratien? Klimawan- del, Migration, Finanzordnung und digita- le Transformation“ vortragen. <
um fehlerhafte Lebensläufe, ein Lächeln zur falschen Zeit oder die Optik von Wer- beplakaten und Videos.“ Hier zeige sich, dass wir uns derzeit noch in einer Phase der digitalen Pu- bertät befänden, konstatierte Bernhard Pörksen, als er in seinem Vortrag direkt an den Befund von Overwiening an- knüpfte. Die damit verbundenen Gefah- ren für eine liberale Gesellschaft zeigte er an einer Vielzahl von Beispielen auf: Wenn Geschwindigkeit wichtiger wird als Informationsgehalt, wenn Empfeh- lungen und selbst Videosequenzen mit immer neuen technischen Möglichkei- ten gefälscht und Social-Media-Kanäle mit einer Welle von Fake News ver- schmutzt werden, dann bedürfte es in Analogie zum längst entstandenen Umweltbewusstsein auch eines Öffent- lichkeitsbewusstseins. Pörksen: „Hier entsteht für unsere Gesellschaft ein neu- er Bildungsauftrag. Die Eine-Millionen- Euro-Frage lautet: Wie können wir der Hassrede und der Propaganda entgegen- treten und gleichzeitig den Glauben an das demokratische Ideal der Mündigkeit
Am 20. August 2022 wird der nächste Stiftungs- vortrag anstehen. Referent ist der ehemalige Verfassungsrichter Professor Udo di Fabio.
AKWL Mitteilungs blatt 04-2021 / 15
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