Mitteilungsblatt 3/2023, 25. August 2023

RATGEBER APOTHEKENPRAXIS

„Pharmazeutische Betreuung bei oraler Tumortherapie“ Adhärenz und Therapieverständnis steigen Eine Brustkrebspatientin mit Gelenkschmerzen

> Von den fünf neuen pharmazeu tischen Dienstleistungen gehört die „Pharmazeutische Betreuung bei oraler Tumortherapie“ auf den ersten Blick zu den anspruchs volleren. Die wachsende Zahl oraler Onkologika erfordert eine detaillierte Fachkenntnis und ständige Fortbildung. Doch auch mit relativ wenig Aufwand kann im Einzelfall ein großer Nutzen erreicht werden, wie das folgen de Beispiel aus der Abteilung für Arzneimittelinformation und Medikationsmanagement zeigt.

Frau M., eine 65-jährige Patientin mit Es trogenrezeptor-positivem Brustkrebs, be ginnt nach abgeschlossener Chemothera pie eine endokrine Therapie mit Letrozol. Aromatasehemmer werden bei postme nopausalen Frauen bevorzugt eingesetzt, weil sie gegenüber Tamoxifen Vorteile in Bezug auf Gesamtüberleben und krank heitsfreies Überleben zeigen. Für beide Alternativen ist eine gute Adhärenz über den gesamten Therapiezeitraum von meist fünf Jahren essenziell. Bei etwa der Hälfte der Patientinnen wird dies jedoch nicht erreicht, was mit einem signifikant erhöhten Sterberisiko einhergeht. Frau M. berichtet drei Monate nach Beginn der endokrinen Therapie über Ge lenkschmerzen, die sie im Alltag stark be lasten. Da auch Aromatasehemmer unter den ATC-Code L – Antineoplastische und immunmodulierende Mittel – fallen und die Therapie innerhalb der letzten sechs Monate begonnen hat, hat Frau B. An spruch auf die pharmazeutische Dienst leistung „Pharmazeutische Betreuung bei oraler Antitumortherapie“. Im Rahmen des von der Apothekerin angebotenen Gesprächs wird der Patientin erklärt, dass

Innerhalb der ersten sechs Monate einer neuen, ambulant durchgeführten, erstmaligen oder zusätzlichen oralen Antitumortherapie haben Patient*innen Anspruch auf eine pharmazeutische Betreuung. Foto: contrastwerkstatt – fotolia.com

wieder verschwinden können und dass es Alternativen gibt, falls dies nicht der Fall sein sollte. Sie ist nun hoch motiviert, die Therapie die vollen fünf Jahre durchzuhal ten und weiß, welche Maßnahmen helfen können. Von der Apothekerin hat sie ein Merkblatt des AMBORA-Projekts (Arz neimitteltherapiesicherheit bei oraler Tumortherapie) der Uniklinik Erlangen

Gelenkschmerzen typische unerwünsch te Wirkungen von Aromatasehemmern sind. Meist setzen sie in den ersten sechs Monaten der Therapie ein und werden zunächst stärker, um dann im Verlauf von selbst wieder abzunehmen. Zur Schmerz linderung im Bedarfsfall kommt z. B. Ibu profen in Frage; auch ein moderates Kraft training oder Ausdauersport wie Nordic Walking oder Schwimmen kann die Symp tome verbessern. Wenn die Schmerzen nicht zu tolerieren sind, wäre theoretisch auch ein Wechsel auf Tamoxifen möglich, für das Gelenkschmerzen eher untypisch sind. Die höhere Wahrscheinlichkeit einer guten Adhärenz überwiegt dabei die – unter optimalen Bedingungen – bessere Wirksamkeit des Aromatasehemmers. Durch das ausführliche Gespräch im Rahmen der pharmazeutischen Dienst leistung kennt die Patientin nun die wahr scheinliche Ursache für ihre Beschwerden. Sie hat erfahren, dass diese von selbst

erhalten (https://www.ccc. uk-erlangen.de/beratung/ orale-tumortherapie-ambora), auf dem die Zusammen

hänge laienverständlich erklärt werden. Neben Merkblättern zu häufigen uner wünschten Wirkungen sind hier umfang reiche Informationsmaterialien zur oralen Tumortherapie für Fachkreise und Patien ten zu finden. <

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