Mitteilungsblatt 3/2020, 2. Juli 2020

KAMMER IM GESPRÄCH

Corona-Krise fördert den neuen Kundentypus des „Fernbestellers“ Dr. Frank Diener fordert: Die Digitalisierung proaktiv gestalten

> 350 Mitglieder und Gäste ver- folgten Live-Vortrag und -Diskussion von Dr. Frank Diener (Treuhand Hannover) und Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening an den Bildschirmen, über 200 davon nahmen am begleitenden Online- Voting teil, knapp 50 Fragen wurden eingereicht: „Eine solche Resonanz hätten wir bei einer Prä- senzveranstaltung unter der Woche kaum erreicht“, zog Overwiening ein durchweg positives Fazit der Live-Premiere von AKWL-TV. In sehr kurzweiligen 90 Minuten ging es thematisch um die Apotheke in Zeiten der Corona-Krise und vor der Digitalisie- rungswelle. Ursprünglich, sprich vor der Corona-Krise, war der Digitalisierungsvor- trag für die sechste Auflage der Münste- raner Gesundheitsgespräche vorgesehen. Nunmehr skizzierte Frank Diener die He- rausforderungen zwischen Jens Spahns „Apothekenpaket“ und Corona-bedingten Veränderungen in einer zunehmend digi- talisierten Arbeitswelt. Aus den Zahlen und Trends der vergangenen Monate las- se sich ablesen, dass die Faktoren „Nähe“ und „vor Ort“ gewonnen hätten, so der Diplom-Volkswirt: „Die Menschen gehen wieder vermehrt in die Apotheken am Stadtrand oder auf dem Lande.“

Studio statt Vortragssaal: Dr. Frank Diener (Treuhand Hannover) und Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening bei AKWL-TV live.

Wettbewerbselement“, so Diener. Zu- gleich werden flexible Arbeitszeitmodelle wichtig, wie er an mehreren konkreten Beispielen darlegte. Schließlich müssten sich „Fernbesteller“ nicht an die üblichen Öffnungszeiten der Apotheke orientieren. Da sei es wichtig, dass die Apotheke eine Antwort darauf habe, wie man mit Anfra- gen außerhalb der Öffnungszeiten umge- he. Das Mindestmaß an Service sei eine automatisierte Eingangsbestätigung. Overwiening stimmte mit Diener über- ein, dass es gelte, jetzt selbst aktiv zu wer- den: „Wir müssen die Digitalisierung pro- aktiv gestalten und dürfen sie nicht über uns ergehen lassen“, so die Kammerprä- sidentin, die zugleich hinzufügte: „Wenn wir sehen, wie erfolgreich die Apotheken die Corona-Krise bewältigt haben, dann werden sie auch die Gestaltungsspiel-

mit flächendeckender Einführung des E-Rezepts im Jahr 2022 nicht, da das wichtige Makelverbot geregelt sei und den Kunden durch die Apotheke vor Ort ein Postweg erspart werde. „Wenn es kei- ne interessengeleitete Rezeptsteuerung gibt, dann wird sich die Apotheke vor Ort gegen den Versandhandel behaupten“,

„ Wir Apothekerinnnen und Apotheker müssen die Digitalisierung im Gesundheitswesen proaktiv gestalten. Wir dürfen sie nicht einfach über uns ergehen lassen. “ KAMMERPRÄSIDENTIN GABRIELE REGINA OVERWIENING

ergänzte Overwiening. Die digitalen Zei- ten würden auch zu veränderten Arbeits- bedingungen führen – hier müsse jede Apotheke einzeln für sich entscheiden, welche kreativen Lösungen entwickelt und umgesetzt werden, um beispielswei- se mit dem neuen Kundentypus des „Fern- bestellers“ umzugehen: „Der Fernbesteller wird seine Verordnung einlösen, ohne eine Offizin zu betreten. Damit wird zum Beispiel der Botendienst ein wichtiges

Zudemhätte die Zahl der Botendienste ra- sant zugenommen: „Viele Apotheken, die sonst fünf oder sechs Patienten pro Tag beliefert haben, kommen mitunter auf über 100 Botendienste.“ Nunmehr sei es wichtig, die Honorierung des Botendiens- tes dauerhaft zu erhalten: „Der Boten- dienst ist eine notwendige Regelleistung und muss daher auch vergütet werden“, so Diener. Dramatische Veränderungen erwarte der Apotheken-Ökonom auch

räume der Digitalisie- rung im Sinne ihrer Patientinnen und Pati- enten nutzen.“ <

AKWL Mitteilungs blatt 03-2020 / 5

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