Mitteilungsblatt 3/2020, 2. Juli 2020
EDITORIAL
Editorial
Digitale Vorreiter
Frank Dieckerhoff Vizepräsident der Apothekerkammer Westfalen-Lippe E-Mail: praesidium@akwl.de
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
dass die Corona-Pandemie nicht nur viel Mehrarbeit und Sorgen- falten verursacht, sondern mitunter auch für einen regelrechten Digitalisierungsschub gesorgt hat, das habenwir Apothekerinnen und Apotheker in den vergangenenWochen undMonaten durch- lebt. In dieser Ausgabe des Mitteilungsblattes fassen wir einige der Kernentwicklungen zusammen, die uns auch Dr. Frank Diener von der Treuhand Hannover in seinem Live-Vortrag Ende Mai be- schrieben hat: So hat sich in der Corona-Krise der neue Kunden- und Patiententyp des sogenannten „Fernbestellers“ entwickelt. Kennzeichnend für den „Fernbesteller“ ist, dass er sehr wohl auch weiterhin von seiner Apotheke vor Ort versorgt werden möchte, nur eben bevorzugt per Botendienst bequem bis an die Haustür, einschließlich der hochwertigen pharmazeutischen Beratung auf „Distanz“. Denn der „Fernbesteller“ weiß: Im Regelfall ist seine Vor-Ort-Apotheke mit dem persönlichen Boten mindestens ei- nen Tag schneller als eine Versandapotheke. Und daran wird auch die Einführung des E-Rezeptes substanziell nichts ändern. Aber: Selbst wenn nur vier, fünf oder sechs Prozent der bishe- rigen Kunden und Patienten auf Dauer gleichsam „zu Fernbestel- lern mutieren“ (die interne Schätzung, das hat das Trendbarome- ter beim Vortrag mit Dr. Frank Diener gezeigt, geht von höheren Werten aus), dann besteht für die Apotheke Handlungsbedarf. Jede Vor-Ort-Apotheke ist daher aufgerufen, ihren Betrieb und ihr Versorgungskonzept um einen digitalen Eingang zu erweitern, in dem das E-Rezept telepharmazeutisch gestützt mit persönlicher Vor-Ort-Kompetenz angenommen und passend individuell belie- fert wird, sei es in der Offizin oder per Botendienst. Selbstverständlich wird nicht jeder Patient die virtuelle Ein- gangstür der Apotheke nutzen oder sie nur ab und an wählen – aber dass das niemand tun wird, wäre eine fatale Annahme, lehrt uns der Vortrag von Dr. Frank Diener. Er sieht für die Apo- theken Risiko und Chance zugleich. Passivität steigert das Risiko, bisherige Patienten zu verlieren. Aktivität erhöht die Chance, die bisherigen Patienten zu halten und zugleich neue zu gewinnen. Ob wir alle digitale Vorreiter sein möchten oder lieber doch abwarten und reagieren wollen, bleibt uns als freie Heilberufler
selbst überlassen. Bei den Ärzten hatte eine große Zahl von Praxen (ca. 60.000 von insgesamt 180.000) abgewartet und die Frist zum Anschluss an die Telematik-Infrastruktur gerissen. Die Folge waren nicht unerhebliche Strafzahlungen. Derartige Straf- zahlungen sind für uns Apothekerinnen und Apotheker nicht vorgesehen und aus meiner Sicht auch gar nicht erforderlich. Denn in unseren Reihen gibt es so gut wie niemanden, der den digitalen Fortschritt, sofern er denn den Patienten dient, Abläufe vereinfacht und den Datenschutz berücksichtigt, verweigert. Das zeigt auch der ungeheure Ansturm auf Heilberufsausweise (HBA) und Institutionenkarten (SMC-B), die seit Anfang Mai über das Antragsportal Ihrer Kammer bestellt werden können. Hier sind Sie alle auf der digitalen Überholspur (mehr dazu auf den Seiten 10 und 11). Die einzige Hürde bei der TI-Anbindung ist und bleibt eine technische: Denn noch ist keiner der Konnektoren, die in den Apotheken für eine sichere Verbindung innerhalb der Telemati- kinfrastruktur sorgen sollen, zertifiziert worden. Wir hoffen sehr, dass die Anwendertests, einer davon läuft mit 15 Apotheken in Westfalen-Lippe, zum gewünschten Resultat, sprich einer Zerti- fizierung der Konnektoren führt. Danach wird es zu einem regel- rechten Endspurt bis zum 30. September 2020 kommen. Denn bis dahin sollen nicht nur alle Apotheken mit HBA und SMC-B, sondern auch der erforderlichen Hardware, sprich den zertifizier- ten Konnektoren und Kartenlesegeräten, ausgestattet sein. Auch wenn es wahrscheinlich erscheint, dass das BMG diese Frist noch einmal verlängert: An den Apothekerinnen und Apothekern in Westfalen-Lippe wird die Anbindung an die Telematik-Infrastruk- tur nicht scheitern!
Mit freundlichen, kollegialen Grüßen
AKWL Mitteilungs blatt 03-2020 / 3
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