Mitteilungsblatt 3/2017, 27. Juli 2017

RECHT

Beim Erwerb von Rx-Arzneimitteln: Abgabe von Bonus-Bons unzulässig Urteil des Verwaltungsgerichtes Lüneburg

anderen Apotheken für diese Arzneimittel nicht erhalten. Die vom Apotheker vertretene An- sicht, die Abgabe der Bonus-Bons gesche- he unterschiedslos und belohne die Treue der Kunden zum Zwecke der Kundenbin- dung, führe nach Auffassung des Gerichts zu keiner anderen Bewertung. Auch auf die wettbewerbsrechtliche Spürbarkeits- schwelle – das Landgericht Lüneburg hatte wegen desselben Sachverhalts in einem zivilrechtlichen Verfahren die Ge- währung von Bonus-Bons in Höhe von 50 Cent aus wettbewerbsrechtlicher Sicht für zulässig gehalten, da hierdurch we- der eine „wesentliche“ noch „spürbare“ Beeinträchtigung der Interessen anderer Marktteilnehmer eintrete – komme es ebenfalls nicht an. Denn die öffentlich rechtlichen Vorschriften zur Arzneimit- telpreisbindung als solche enthielten we- der eine Spürbarkeitsschwelle noch einen Bagatellvorbehalt. Die Arzneimittelpreisbindung, gegen

> Ein Apotheker bot Kunden einen Bonus- Bon imWert von 50 Cent für jeden Besuch der Apotheke als Kundenbindungssystem an. Die zuständige Apothekerkammer untersagte dem Apotheker, Kunden bei der Einlösung eines Rezeptes über ver- schreibungspflichtige Arzneimittel die- sen Bonus-Bon anzubieten, um ihn dann bei dem Erwerb rezeptfreier Produkte mit dem Kaufpreis zu verrechnen. Sie ordne- te den Sofortvollzug der Untersagung an. Hiergegen richtete sich der Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Das Verwaltungsgericht Lüneburg lehnte mit Beschluss vom 11. April 2017 den Antrag ab und bestätigte damit den Sofortvollzug. Es sah einen Verstoß gegen das Arzneimittelpreisrecht als gegeben an. Mit der Gewährung des Bonus-Bons über 50 Cent werde den Kunden beim Er- werb verschreibungspflichtiger und damit preisgebundener Arzneimittel ein wirt- schaftlicher Vorteil gewährt, den sie in

die im vorliegenden Fall verstoßen wird, sei auch nach dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 und trotz vorliegender In- länderdiskriminierung als verfassungs- konform anzusehen. Das VG Lüneburg sah die Berufsfreiheit, die in Artikel 12 Grundgesetz verankert ist, als nicht ver- letzt an. Der Eingriff indieBerufsausübungdes Apothekers sei nicht nur durch vernünfti- ge Erwägungen des Allgemeinwohls, son- dern sogar durch überragende Interessen des Gemeinwohls gerechtfertigt. Ziel sei es, die flächendeckende Versorgung ver- schreibungspflichtiger Arzneimittel zu gleichen Preisen zu gewährleisten. Dar- über hinaus sei die Untersagungsverfü- gung der Apothekerkammer geeignet, einem ruinösen Preiswettbewerb unter Apotheken vorzubeugen. Nach unseren Informationen wurde gegen die Entscheidung des VG Lüneburg durch den klagenden Apotheker Rechts- mittel eingelegt. <

Auslegung einzelner Vorschriften durch die Apothekenaufsicht Ergebnisse der Arbeitsgruppe zur Apothekenbetriebsordnung

Das abgestimmte Themenpapier soll natürlich zu einer möglichst einheitlichen Auslegung bzw. Handhabung der hierin aufgeführten Themen durch die Apothe- kenaufsicht beitragen. Eine Bindungs- wirkung für die Amtsapothekerinnen/ Amtsapotheker bei deren Beurteilung so- wie Entscheidungen zu bestimmten Sach- verhalten, zumal diese auch jeweils von den Umständen des Einzelfalles abhängig sind, kann hieraus jedoch nicht hergeleitet werden. Für weitere Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. <

behandelt. Die Ergebnisse wurden in ei- nem „Themenpapier“ zusammengefasst und mit allen Amtsapothekerinnen/ Amtsapothekern unseres Kammerberei- ches in einer gemeinsamen Sitzung be- sprochen und abgestimmt. Das „Themenpapier“ sowie auch eine Übersicht über bereitzuhaltende Unterla- gen für eine angekündigte Regelinspek- tion können im internen Bereich unserer Website unter www.akwl.de in der Rubrik „Infos Pharmazie, Recht und Politik, Un- terrubrik Ratgeber Recht, Wissenswertes“ abgerufen werden.

> Auf Initiative des Kammervorstandes wurde im Jahr 2015 eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, der fünf Amtsapotheker/ innen sowie fünf Vertreter der Apotheker- kammer angehören. Anlass war, zunächst im „kleinen Kreis“ bekannt gewordene Probleme bei der Apothekenüberwa- chung sowie der Auslegung apotheken- rechtlicher Vorschriften, insbesondere der Apothekenbetriebsordnung, durch die Apothekenaufsichtsbehörden zu erörtern. Die Arbeitsgruppe hat in den Jah- ren 2015 und 2016 insgesamt viermal getagt und dabei verschiedene Themen

AKWL Mitteilungs blatt 03-2017 / 13

Made with