Mitteilungsblatt 1/2022, 3. Februar 2022

RATGEBER APOTHEKENPRAXIS · EIN FALL FÜR CIRS NRW

Foto: ©Rainer Sturm – pixelio.de

Das ist doch Jacke wie Hose? NICHT bei Arzneimitteln! Verwechslungen als Gefahrenquelle für die Patientensicherheit

Doch was man dabei nicht vergessen sollte – die LASA-Problematik alleinmacht noch keine Verwechslung. Auch bei ähn- lich aussehenden Arzneimittelpackungen und ähnlich klingenden Arzneimittelbe- zeichnungen gibt es Unterschiede, die bemerkt werden können. Es muss also entweder Unwissenheit und/oder eine gewisse Nachlässigkeit hinzukommen, damit Arzneimittel verwechselt werden. Wie kann man dem entgegensteuern? Gegen Unwissenheit hilft Qualifikation und Schulung. In einem CIRS-Fall wird von einer Arzneimittelverwechslung berich- tet, die unbemerkt blieb, weil die Verab- reichung des Arzneimittels an den Pati- enten von einer therapeutischen Kraft übernommen wurde (Fall-Nr. 225126). Die oben genannten Fallbeispiele zur LASA- Problematik zeigen, dass ähnlich klingen- de Arzneimittel mit völlig unterschiedli- chen Indikationen verwechselt wurden – die handelnden Personen verfügten vermutlich nicht über das entsprechende Fachwissen. Jemand, der im beruflichen Kontext einem Patienten Arzneimittel aushändigt oder verabreicht, sollte das Anwendungsgebiet der Arzneimittel ken- nen. Erst dadurch wird beispielsweise ein Abgleich zwischen Arzneimittel und

Nasonex®-Sprühlösung (Fall-Nr. 223760) oder aus dem Antibiotikum Doxycyclin plötzlich der Calciumantagonist Diltita- zem (Fall-Nr. 222632). Arzneimittelverwechslungen aufgrund ähnlich aussehender Arzneimittelpackun- gen und ähnlich klingender Arzneimittel- bezeichnungen sind als sogenannte LASA- (look-alike/sound-alike)-Problematik gut bekannt. Das Wissen darum hat in der Vergangenheit entscheidend zur Entwick- lung von Lösungsstrategien beigetragen. Auf Grundlage von LASA-Berichten wur- den zum Beispiel Listen von Look-alike-/ sound-alike-Arzneimitteln generiert und veröffentlicht, die unter anderem bei der Zulassung von Arzneimitteln genutzt werden, um Arzneimittelbezeichnungen und -namen zu optimieren. Ebenso ha- ben die Fallberichte wichtige Informati- onen zu Begleitumständen geliefert, die das Risiko einer Verwechslung von LASA- Arzneimitteln verstärken, wie eine unle- serliche Handschrift auf dem Rezeptfor- mular, die mündliche Übermittlung von Arzneimittelbestellungen, ähnliche Kon- zentrationen und Dosierungen von LASA- Arzneimitteln und ähnliche klinische Verwendungen der betroffenen Arznei- mittel.

> Die Redensart „Das ist doch Ja- cke wie Hose“ mag in vielen Berei- chen zutreffend sein und gewisse Ungenauigkeiten tolerierbar ma- chen. Sie passt aber definitiv nicht im Umgang mit Arzneimitteln. Denn wenn Arzneimittel großzügig ausgetauscht oder aufgrund von Unwissen oder nachlässigem Ar- beiten verwechselt werden, dann stellt dies eine ernstzunehmende Gefahrenquelle für die Patienten- sicherheit dar. Im Fehlerberichts- und Lernsystem CIRS- NRW finden sich immer wieder Meldun- gen über die Verwechslung von Arznei- mitteln. So werden Midazolam 5mg/ ml Ampullen mit 1mg/ml Ampullen verwechselt, u. a., weil die gebräuchli- chen Ampullen nicht lieferbar waren und die Packungen ähnlich aussahen (Fall-Nr. 224060). Oder die Arzneimit- telbezeichnungen beginnen mit dem gleichen Buchstaben, wodurch Ver- wechslungen begünstigt werden. So wird aus dem Blutdrucksenker Nifedipin das Harnwegstherapeutikum „Nilox® midi“ (Fall-Nr. 226842), aus Nasivin®- Tropfen für ein Kind die cortisonhaltige

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