Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 3/2015 (November 2015)

Dr. Henrik Müller

schluss auf einen Vergleich mit dem The- rapiestandard Metronidazol zu. Da Mirva- so ® keinen neuen Wirkstoff enthält, son- dern lediglich einen alten Wirkstoff für eine neue Indikation liefert, muss sich das Präparat keiner frühen Nutzenbewertung durch den G-BA unterziehen. Trastuzumab Emtansin (Kadcyla ® ) – aus- gezeichnet mit dem PZ-Innovationspreis 2014 Kadcyla ® ist zugelassen zur Behandlung von Frauen mit HER2 positivem, inope- rablem, lokal fortgeschrittenem oder me- tastasiertem Brustkrebs, die zuvor Trastu- zumab (Herceptin ® ) und ein Taxan einzeln oder in Kombination erhalten haben. Bei HER2 handelt es sich um einen epi- dermalen Wachstumsfaktorrezeptor (EG- FR ist synonym zu HER2). Ist dieser auf den Tumorzellen ausgebildet, geht die Er- krankung in der Regel mit einem schnel- len Zellwachstumund damit einer ungüns- tigen Prognose für die Patientin einher. Bei ungefähr 20-30 % aller Patientinnen mit der Diagnose Brustkrebs ist HER2 überexprimiert. Trastuzumab Emtansin ist das erste Anti- körper-Wirkstoff-Konjugat, bei dem bei- de Komponenten pharmakologisch aktiv sind. Es setzt sich aus dem monoklonalen Anti-HER2-IgG1-Antikörper Trastuzumab und dem Zytostatikum DM1 zusammen. Die Moleküle sind kovalent über einen stabilen Thioetherlinker (MCC) verbun- den. Der Thioetherlinker MCC verhindert die systemische Freisetzung von DM1 und verstärkt die zielgerichtete Wirkung. Auf diese Weise ist es möglich, unerwünsch- te Arzneimittelwirkungen zu reduzieren. Das Zytostatikum DM1 entfaltet nur in- trazellulär seine zytotoxische Wirkung. Es wirkt als Hemmstoff des Spindelappa- rates. DM1 wirkt dabei in vitro wesentlich zytotoxischer als Taxane und Vincaalkalo- ide. Der Namensbestandteil »Emtansin«

ϭ • Kadcyla® unterdrückt durch Trastuzumab den Signaltransduktionsweg. Trastuzumab wirkt antiproliferativ, induziert die Apoptose und fördert die Antikörper-abhängige Zytotoxizität. Ϯ • Kadcyla® bindet über den Antikörper Trastuzumab selektiv an HER2.

ϯ • Nach Bindung von Kadcyla® an HER2 wird dieser Komplex interalisiert.

ϰ • Kadcyla® wird in der Tumorzelle abgebaut,

wobei das Zytostatikum DM1 freigesetzt wird.

Abbildung 4: Wirkmechanismus von Kadcyla ® , modifiziert mit freundlicher Genehmi- gung der Roche Pharma AG

bezeichnet den MCC-DM1-Komplex. An jedes Molekül Trastuzumab sind durch- schnittlich 3,5 DM1-Moleküle konjugiert. Das Antikörper-Zytostatikum-Konjugat erreicht selektiv Tumorzellen, die HER2- Rezeptoren überexprimieren (s. Abb. 4). Diese Selektivität wird über Trastuzumab induziert. Zusätzlich wird die Tumorzelle über die Bindung von Trastuzumab an sei- nen Rezeptor für das Immunsystem mar- kiert und die Antikörper-abhängige zel- luläre Zytotoxizität induziert. Nach Bin- dung von Trastuzumab an HER2-Rezep- toren wird das Konjugat in die Zelle auf- genommen und dort lysosomal abgebaut. Dabei werden zytotoxische Katabolite

wie hauptsächlich Lysin-MCC-DM1 freige- setzt. Obwohl das extrem toxische DM1 zusätzlich zum Antikörper Trastuzumab eingesetzt wird, fällt das Nebenwirkungs- profil kaum anders aus als unter Trastu- zumab (Herceptin ® ) alleine. Die durchgeführten Studien belegen, dass sowohl das Gesamtüberleben als auch das progressionsfreie Intervall ver- längert wird. Positiv ist ebenfalls, dass die Lebensqualität von Patienten, die mit Kadcyla ® behandelt wurden, nicht gerin- ger ausfiel. Fraglich bleibt allerdings, wie sich das Medikament bei älteren Patien- tinnen mit schlechterem Allgemeinzu-

BERATUNGSRELEVANTE HINWEISE ZU TRASTUZUMAB EMTASIN (KADCYLA ® ) • Kadcyla ® wird alle drei Wochen (21-Tage-Zyklus) mit 3,6 mg/kg Körpergewicht über eine Infusion verabreicht. • In klinischen Studien wurde über das Auftreten interstitieller Lungener- krankungen einschließlich Pneumonitis berichtet, die in einigen Fällen zu einem akuten respiratorischen Distress-Syndrom oder zum Tod führten. Æ Anzeichen: Dyspnoe, Husten, Fatigue, Lungeninfiltrate • Es besteht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer linksventrikulären Dys- funktion. • In vitro Metabolismus-Studien lassen darauf schließen, dass DM1 hauptsächlich über CYP3A4 verstoffwechselt wird. Die gleichzeitige Anwendung starker CYP3A4- Inhibitoren sollte aufgrund potentiell vermehrter Toxizität vermieden werden. • Häufige unerwünschte Arzneimittelwirkungen sind Fieber, Thrombozytopenie, Er- brechen, Bauchschmerzen, Übelkeit, Obstipation, Diarrhö, Dyspnoe und Pneumo- nitis

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Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 2/2011 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 19

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