Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 3/2015 (November 2015)

Die neuen Arzneimittel 2014

Die neuen Arzneimittel 2014 Ein pharmazeutischer Jahresrückblick

Auch Arzneimittel, die im Jahr 2014 neu auf den Markt gebracht wurden, müs- sen die frühe Nutzenbewertung für Arz- neimittelinnovationen gemäß des Arz- neimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) durchlaufen (siehe Journal 03/2014). Der Arzneimittelpreis ist somit nicht mehr frei kalkulierbar, sondern un- terliegt einem Bewertungsverfahren und richtet sich in indirekter Form nach dem Ausmaß des Zusatznutzens. Arzneimittel, für die der Zusatznutzen als „erheblich“, „beträchtlich“ oder „gering“ eingestuft wurde, weisen gegenüber der zweckmä- ßigen Vergleichstherapie einen Mehrwert auf. Ist der Zusatznutzen „nicht quantifi- zierbar“, „fehlt“ oder ist „geringer“ als bei der zweckmäßigen Vergleichsthera- pie führt diese Einschätzung dazu, dass das neue Arzneimittel auf Basis der ein- gereichten Daten keinerlei Mehrwert für die Therapie des Patienten beinhaltet und damit im Rahmen der frühen Nutzen- bewertung durchfällt. Neue Arzneimit- tel mit fehlendem Zusatznutzen werden in die Festbetragsgruppe einsortiert. Für den Fall, dass keine Festbetragsgruppe existieren sollte, wird ein Erstattungsbe- trag vereinbart, der nicht höhere Jahres- therapiekosten induziert, als die zweck- mäßige Vergleichstherapie. Für Arznei- mittel, die zur Behandlung eines seltenen Leidens zugelassen sind (Orphan Drugs), entfällt der notwendige Nachweis des Zusatznutzens. Diese Arzneimittel wer- den ebenso frei kalkuliert wie Arznei- mittel, die einen Zusatznutzen zugespro- chen bekommen. Erreicht ein pharmazeu- tisches Unternehmen mit einem Orphan Drug in der GKV allerdings einen Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro in den letzten zwölf Kalendermonaten, muss der Nachweis des Zusatznutzens erbracht und ein vollständiges Dossier zur Nutzen-

Im Jahr 2013 wurden dem Robert-Koch- Institut (RKI) 4.315 neue Tuberkulosefäl- le gemeldet, was 5,3 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner entspricht. Damit ist die Erkrankung in Deutschland eigent- lich rückläufig. Ein Blick über die Gren- zen hinaus zeigt allerdings einen „ganz anderen“ Trend. Weltweit stellt die Infek- tion mit dem Mykobakterium tuberculo- sis die häufigste tödliche Infektionskrank- heit dar. Die Ansteckung erfolgt mittels Tröpfcheninfektion. Die inhalierten Tu- berkuloseerreger dringen in das Lungen- gewebe ein und werden von den Makro- phagen im Rahmen der unspezifischen Immunabwehr aufgenommen. Innerhalb von zwei Monaten kommt es zur Ausbil- dung von Granulomen im Lungengewe- be. Unter einem Granulom versteht man eine entzündungsbedingte, knotenar- tige Gewebsneubildung. In diesem Stadi- um spricht man von einer latenten Infek- tion. Vor allem bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem überwin- den die Tuberkuloseerreger die körper- eigenen Abwehrmechanismen und kön- nen sich hemmungslos vermehren. Die Erkrankung ist nun aktiv, und beim Hus- ten treten erneut Bakterien aus, die an- dere Personen infizieren können (Tröpf- cheninfektion). In der Regel infiziert ein Patient mit einer aktiven Tuberkulose 15 weitere Menschen. Der Übergang von ei- ner passiven zu einer aktiven Tuberkulo- se erfolgt statistisch gesehen bei ca. 10 % der Erkrankten. Eine Immunschwäche, beispielsweise bedingt durch eine Infek- tion mit dem HI-Virus erhöht die Wahr- scheinlichkeit für einen Ausbruch der Er- krankung um ein Vielfaches. Gerade in är- meren Ländern gilt eine aktive Tuberku- lose als erstes Anzeichen für einen Aus- bruch von HIV und führt in den meisten Fällen schnell zum Tod. Problematisch ist

Dr. Henrik Müller (Haan), ist Herstel- lungsleiter und Head of Production bei Aesica Pharmaceuticals.

bewertung vorgelegt werden.

Im Rahmen des vorliegenden Artikels wird der Schwerpunkt auf bedeutende Innovationen des Jahres 2014 gelegt. Ins- gesamt wurden 43 neue Arzneistoffe auf dem deutschen Arzneimittelmarkt zuge- lassen. Der Schwerpunkt lag vor allem bei den Orphan Drugs, von denen 2014 mehr als fünfzehn neu auf den Markt kamen.

Bedaquilin (Sirturo ® ) – Hoffnung bei Tuberkulose

Bedaquilin ist zur Anwendung bei er- wachsenen Patienten als Teil einer Kombi- nationstherapie der multiresistenten pul- monalen Tuberkulose indiziert. Für den Einsatz wird vorausgesetzt, dass kein an- deres wirksames Behandlungsregime zur Verfügung steht. Gründe dafür können in einer möglichen Resistenz oder einer Un- verträglichkeitsreaktion liegen.

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