Fortbildung aktuell [Das Journal] 2/2017

ARZNEIMITTEL FÜR KINDER

TABELLE 1: Merkregel zur Ermittlung der Kinderdosis von Medikamenten, die nach Körperoberfläche dosiert werden 2 Alter (Jahre) Durchschnittsgewicht (kg) Kinderdosis als Anteil der Erwachsenendosis ¼ 5,5 1/6 ½ 7,5 1/5 1 10 ¼ 3 14 1/3 7 ½ 24 ½ 12 38 2/3 Erwachsene 65 1

Phase kann sich die Elimination renal ausgeschiedener Medikamente täglich verändern. 2,3 Tabelle 2 verdeutlicht, wie schwierig es ist, die richtige Dosis für Kinder zu fin- den. Es kann nicht einfach die Erwachse- nendosis halbiert oder „heruntergerech- net“ werden. In der Praxis richten sich Kinderärzte wie oben gezeigt nach der Körperoberfläche, Alter und demGewicht. Zur Orientierung gibt es hierzu auch päd- iatrische Dosistabellen. Bei Arzneimitteln, die für Kinder zugelassen sind, findet man in der Regel auch genaue Dosierungsan- gaben in der Fachinformation. Die von der Firma Hexal entwickelte Datenbank www. zak-kinderarzneimittel.de listet außerdem wichtige Informationen zu allen für Kinder zugelassenen Wirkstoffen. Eine Auswahl nach Altersgruppe und Darreichungsform ist möglich. Für Krankheiten, die bei Kindern verbrei- tet sind, gibt es in der Regel ausreichend geprüfte Arzneimittel. Anders sieht das bei schwerwiegenden, seltenen Erkran- kungen aus. Die kleinen Patienten be- kommen dann Medikamente, die für ihre Altersgruppe oder ihre Erkrankung nicht zugelassen sind, sie werden off-label be- handelt. Laut dem Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) liegen bei rund der Hälfte der Medikamente, die Kinder in deutschen Krankenhäusern ver- abreicht werden, keine Daten zur Verträg- lichkeit und Anwendungssicherheit in der entsprechenden Altersgruppe vor. Die Kinderarzneimittelverordnung der Europäischen Union, die Anfang 2007 in Kraft trat, sollte das ändern. Pharma- zeutische Unternehmer sind seitdem verpflichtet, für die Zulassung neuer Arz- neistoffe zusätzlich Studien zur Wirksam- keit und Sicherheit bei Kindern (Paediatric Investigation Plan, PIP) vorzulegen. Ausge- nommen davon sind nur Arzneimittel, die generell nicht bei Kindern angewendet werden, zum Beispiel Antidementiva. Schwieriger ist die Situation bei be- reits zugelassenen, „alten“ Arzneimitteln: Damit die bei Erwachsenen bewährten Wirkstoffe auch bei Kindern und Jugend- lichen eingesetzt werden können, müssen sie zunächst in Studien an diesen Alters- gruppen getestet werden. Anschließend Besonderheiten bei der Zulassung

wenige Tage nach der Geburt einsatzbe- reit, CYP1A2 hat dagegen im Alter von einem Jahr noch nicht das Ausmaß der Erwachsenenaktivität erreicht. Auch die Niere braucht Zeit, bis sie ihre volle Akti- vität erreicht. Die glomeruläre Filtration und die tubuläre Sekretion sind erst nach einem Jahr voll ausgereift. Bei Säuglingen ist die renale Ausscheidung von Arznei- stoffen aufgrund der niedrigen glomeru- lären Filtrationsrate (GFR) verzögert. Bei Frühgeborenen beträgt die GFR etwa 10 ml/min/1,73 m2, bei reifen Neugeborenen etwa 40 ml/min/1,73 m2. In dieser frühen

mit hoher Proteinbindung ein größerer Anteil ungebunden vorliegt und wirksam ist. Beispiele für Arzneistoffe mit hoher Plasmaproteinbindung sind Phenytoin, Phenprocoumon und Digoxin. 1 2

Metabolisierung

Auch die hepatischen und renalen Me- tabolisierungs- und Clearancevorgänge entwickeln sich bei Kindern erst im Lau- fe der Zeit. Die CYP-Enzyme in der Leber gewinnen unterschiedlich schnell an Ak- tivität. Zum Beispiel ist CYP2C9 bereits

TABELLE 2: Besonderheiten der Arzneimitteltherapie bei Kindern 4 Organ Besonderheit bei Säuglingen

Mögliche Folgen (Beispiele)

· Geringe Säureproduktion · Langsame Magenentleerung · Langsame Darmtätigkeit · Darm ist noch nicht vollständig mit Bakterien besiedelt

Verzögerter Wirkeintritt, Überdo- sierungen möglich

Magen und Darm

Vorsicht bei Glucocorticoid- haltigen Salben, Iod-haltigen Desinfektionsmitteln, stärkere Wirkung möglich Loperamid erst für Kinder ab zwei Jahren (verschreibungspflichtig!, OTC-Präparate ab zwölf Jahren) Leichtere Anreicherung von fettlöslichen Arzneistoffen (z. B. Diazepam), Überdosierungen und stärkere Nebenwirkungen möglich

Haut

Dünnere Haut bei Säuglingen

Die Blut-Hirn-Schranke ist ab dem Alter von ca. sechs Monaten vollständig ausgebildet

Gehirn

· geringerer Körperfettanteil · mehr Körperwasser in den Zellzwischenräumen

Körperzusammen- setzung

· Eliminationsmechanismen noch nicht ausgereift · Einzelne Enzyme fehlen oder arbeiten noch nicht in vollem Ausmaß. · Ältere Kinder haben im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht eine größere Leber als Erwachsene.

Cave: mögliche Überdosierung von Penicillin und Paracetamol bei Säuglingen, Codein nicht für Kinder unter zwölf Jahren

Niere und Leber

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