FB-aktuell_Journal_4_2014

Medikamentenmonitoring

Fallbeispiel: Chronische interstitielle Nephritis bei einem 15-jährigen Mädchen unter Langzeittherapie mit Mesalazin 2001 erkrankte ein 13-jähriges Mädchen an Colitis ulcerosa. Die Patientin wur- de daraufhin mit Mesalazin behandelt. Die Serumkreatininwerte bewegten sich stets im Normbereich, eine letzte Kontrolle erfolgte im Oktober 2002. Ein Jahr später fiel bei einer geplanten Koloskopie ein stark erhöhter Kreatininwert von 569 μmol/l auf, außerdem fanden die Ärzte Proteine und Erythrozyten im Urin. Die Mesalazintherapie wurde sofort beendet und die Patientin zur weiteren ne- phrologischen Diagnostik in eine Klinik verlegt. In der Nierenbiopsie zeigte sich eine schwere diffuse destruierende und chronisch-vernarbende nichteitrige inter- stitielle Nephritis, eine entzündliche Erkrankung des Zwischenraums im Nieren- gewebe. Zwei Monate nach dem Absetzen der Mesalazintherapie besteht weiter eine chronische Niereninsuffizienz mit einem Kreatininwert von 330 μmol/l. 10

ten) von durchschnittlich 10 μmol/l. Diese Zunahme tritt bei den meisten Patienten kurz nach Behandlungsbeginn auf und erreicht nach sieben Tagen ein Plateau. Der Anstieg ist jedoch kein Zeichen einer Nierenfunktionseinschränkung, sondern wird auf eine Hemmung der tubulären Sekretion von Kreatinin zurückgeführt. 8 Generell sind Arzneimittel mit 30 Pro- zent die häufigste Ursache für ein aku- tes Nierenversagen. Im Prinzip kann jeder Arzneistoff Nierenschäden verursachen. Häufig sind sie allergisch und immunolo- gisch bedingt. Sie können aber auch to- xischer Natur sein, wenn nierengängige Arzneistoffe, beispielsweise Zytostatika, die Membranen oder die Zellen in ihrem Stoffwechsel schädigen. 9 Arzneimittel können die Durchblutung der Nierengefäße herabsetzen, was schlimmstenfalls zu einem akuten Nie- renversagen führt. Diagnostisch kann der Arzt eine Nierenschädigung durch einen Anstieg des Serumkreatininwerts erken- nen. Kreatinin entsteht im Muskel durch Abbau von Kreatin und Kreatinphosphat und wird fast vollständig über die Nie- ren ausgeschieden. Der Serumkreatinin­ spiegel korreliert mit der Filterfunkti- on der Nieren und somit mit der glome- rulären Filtrationsrate (GFR). Von einem Nierenschaden kann der Arzt in der Re- gel ausgehen, wenn der Serumkreatinin- wert auf über 300 μmol/l ansteigt (Refe- renzbereich 44 bis 88 μmol/l). Aber: Eine normale Serumkreatinin-Konzentration im Blut schließt eine leichte Niereninsuffi- zienz nicht aus (kreatininblinder Bereich). Denn Kreatinin wird nicht nur glomerulär filtriert, sondern bei leicht eingeschränk- ter Nierenfunktion auch zunehmend tu- bulär sezerniert. Die Kreatininkonzentra- tion im Blut steigt also nur bei einer stär- keren Einschränkung der Nierenfunktion Überwachen der Nierenfunktion

an und ist daher zum Nachweis einer Nie- renerkrankung im Frühstadium nicht ge- eignet. Mediziner ziehen zum Abschätzen der Nierenfunktion häufig die Kreatinin- Clearance vor. Diese kann im Sammelurin über 24 Stunden bestimmt oder beispiels- weise nach der mathematischen Formel von Cockroft und Gault berechnet wer- den. Die Kreatinin-Clearance ist wesent- lich empfindlicher, mit ihr lässt sich die GFR besser abschätzen. 4 Die Nierenfunktion überwachen sollte der Arzt zum Beispiel vor und während der Gabe der Thrombinhemmer Dabiga- tran (Pradaxa ® ) und Rivaroxaban (Xarel- to ® ). Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion reichert sich der Wirkstoff im Körper an und es kommt zu einem er- höhten Blutungsrisiko. Der Arzt sollte ein- mal jährlich die Kreatinin-Clearance über- prüfen. Dabigatran ist kontraindiziert bei Patienten mit einer Kreatinin-Clearance unter 30 ml/min, Rivaroxaban ab einer Kreatinin-Clearance unter 15 ml/min. Eine Überwachung der Nierenfunktion wird auch bei der antihypertensiven The- rapie mit ACE-Hemmern und AT 1 -Antago- nisten empfohlen. Diese Wirkstoffe ha- ben zwar im Allgemeinen einen schüt-

zenden Effekt auf die Nieren, sie kön- nen jedoch die Nierendurchblutung post- glomerulär infolge einer Vasodilatation herabsetzen und so zu einem Abfall der GFR führen. Problematisch kann das bei- spielsweise bei einer Nierenarteriensteno- se, schwerer Herzinsuffizienz oder gleich- zeitiger Gabe von Diuretika werden. Ein besonderer Fall von Nephrotoxizität kann bei der Therapie chronisch entzündlicher Darmerkrankungen mit Mesalazin auftre- ten (siehe Infobox oben). Viele, auch häufig eingesetzte Arznei- stoffe können die Glucosetoleranz ver- schlechtern oder sogar einen Diabetes mellitus auslösen. Einige atypische Anti­ psychotika führen zu einer Gewichtszu- nahme und verschlechtern die Insulin- empfindlichkeit. Das trifft besonders auf Olanzapin und Clozapin zu. Auch Ris- peridon ist mit einer Gewichtszunahme und einem erhöhten Diabetesrisiko asso­ ziiert, der Effekt scheint jedoch deutlich geringer auszufallen als bei den anderen beiden Wirkstoffen. Bei Olanzapin be- steht – in höherem Maße als bei Risperi- don – auch das Risiko einer akuten dia- betischen Ketoazidose, insbesondere bei Diabetes mellitus durch Arzneimittel

18 Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 2/2011 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe F rtbildung aktuell – Das Journal Nr. 1/2014 der Apoth kerkammer Westfalen-Lippe 18 – as r al de Apothek k mmer Westfalen-Lippe

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